Walliser wollen 7 Wolfsrudel erlegenPro Natura: «Von Regulieren kann keine Rede mehr sein»
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20.11.2023
Der Kanton Wallis hat beim Bund den Abschuss von sieben Wolfsrudeln beantragt, das gab der Staatsrat am Montag vor den Medien bekannt. Bei Naturschutzorganisationen ist die Skepsis gross.
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20.11.2023, 16:44
20.11.2023, 17:54
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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Der Kanton Wallis will sieben von 13 Wolfsrudeln auf seinem Gebiet komplett erlegen. Er hat beim Bundesamt für Umwelt (Bafu) entsprechende Gesuche eingereicht.
Der Staatsrat informierte an einer Medienkonferenz über die kantonale Strategie zur Regulierung der Wolfsbestände für bis und mit 2024.
Wölfe können ab 1. Dezember neu auch präventiv geschossen werden. Das ermöglicht die neue Verordnung über die Jagd und den Schutz von Säugetieren und Vögeln.
Sara Wehrli von der Naturschutzorganisation Pro Natura setzt ein Fragezeichen hinter die Strategie der Walliser Behörden: «Ob die komplette Entnahme so vieler Rudel nötig ist, das ist sehr fraglich», sagt sie auf Anfrage von blue News.
Ab dem 1. Dezember wird der Abschuss von Wölfen in der Schweiz erleichtert: Die Tiere können neu erlegt werden, bevor sie Schaden anrichten. Möglich macht es eine Verordnung über das neue Jagdgesetz.
Nun legen die Kantone offen, welche Eingriffe sie auf ihrem Gebiet planen – nach den Bündnern taten das am Montag auch die Walliser.
Die Walliser Behörden wollen sieben von insgesamt 13 Rudeln im Kanton schiessen und haben beim Bund entsprechende Gesuche platziert. Die Wölfe dieser Rudel zeigten auffälliges Verhalten gegenüber dem Menschen und im Reissverhalten, heisst es in einer Mitteilung.
Die sieben Rudel umfassen demnach 34 Tiere. Das sei gut ein Drittel der kantonalen Wolfspopulation, die auf 90 bis 120 Tiere geschätzt werde.
Abschuss dürfte Jahre dauern
Die Kantonsregierung, der Staatsrat, informiert an einer Medienkonferenz über die Strategie zur Regulierung des Wolfes bis und mit 2024.
Der Abschuss all der beantragten Rudel könnte mehrere Jahre in Anspruch nehmen, hält der Kanton Wallis in seinem Communiqué fest. Die Vollzugsorgane des Kantons würden stark gefordert. So oder so könne mit «der proaktiven Regulierung» erst begonnen werden, wenn das Bundesamt für Umwelt (Bafu) grünes Licht erteile.
Pro Natura: «Dezimieren» statt Regulieren
Bei den Naturschutzorganisationen kommen die Walliser Pläne nicht gut an. Die Gruppe Wolf Schweiz teilt auf X mit, Parlament und Bundesrat würden beteuern, der Wolf bleibe geschützt. «Die Realität ist eine andere: Kantone und Jägerschaft bereiten sich auf eine Wolfsjagd vor».
"Der #Wolf bleibt geschützt" hiess es im #Parlament und sagt der #Bundesrat. Die Realität ist eine andere: Kantone und Jägerschaft bereiten sich auf eine #Wolfsjagd vor. Dass Wolfsjagd keine Schäden verhindert, wird dabei konsequent ignoriert. https://t.co/TbP0GgqLeO
Sara Wehrli von der Naturschutzorganisation Pro Natura setzt ein Fragezeichen hinter die Strategie der Walliser Behörden: «Wir wehren uns nicht grundsätzlich gegen den präventiven Abschuss von Wölfen, wo dies nötig ist. Ob aber die komplette Entnahme so vieler Rudel nötig ist, das ist sehr fraglich», erklärt sie auf Anfrage von blue News. «Von Regulieren kann keine Rede mehr sein, es geht um ein Dezimieren.»
Wehrli erinnert daran, dass im Wallis – genau wie in der ganzen Schweiz – die Nutztierrisse in diesem Jahr stark zurückgegangen seien. Zur Erinnerung: 2022 waren schweizweit bis Ende September 1200 Nutztiere von Wölfen getötet worden. 2023 waren es noch 850 Tiere.
«Wir müssen die Verfügung abwarten und sehen, ob diese Rudel tatsächlich so gefährlich für Mensch oder geschützte Tiere wurden, wie die Walliser Behörden das darstellen», sagt Wehrli. Die Abschuss-Verfügungen des Bafu würden die Naturschutzorganisationen aber auf jeden Fall inhaltlich noch genau prüfen.
Auch Bündner und St. Galler wollen durchgreifen
Ebenfalls am Montag wurde bekannt, dass der Kanton St. Gallen beim Bund ein Gesuch für den Abschuss des ganzen Calfeisental-Rudels eingereicht hat. Wegen Schafrissen bewilligten die Behörden bereits im August 2023, drei Welpen des Rudels zu erlegen. Diese Abschüsse hätten aber bisher nicht vollzogen werden können.
Bereits Anfang November teilte der Kanton Graubünden mit, dass er beim Bund die Bewilligung für die «vollständige Entnahme» von vier Wolfsrudeln beantragt habe. Weiter haben die Bündner den Abschuss von bis zu zwei Dritteln der Jungtiere zweier weiterer Wolfsrudel beantragt.
Zusätzlich sind nach bisherigem Recht weitere 17 Abschüsse von Jungwölfen bereits bewilligt. Damit sollen also 44 Wölfe in Graubünden geschossen werden. Insgesamt leben in dem Kanton zwölf Rudel mit rund 130 Wölfen.
Wölfe dürfen künftig auch präventiv abgeschossen werden
Wölfe dürfen künftig auch abgeschossen werden, bevor sie Schaden angerichtet haben. Der präventive Abschuss ist bereits ab dem 1. Dezember erlaubt. Dies hat der Bundesrat am Mittwoch beschlossen.