Angespannter Pneu-MarktZieh die Winterreifen auf, solange es noch welche gibt
Von Stefan Michel
21.10.2022
Zurzeit gibt es genug Winterreifen in der Schweiz, wenn auch nicht von sämtlichen Modellen. Doch sie werden teurer. Und wird der Winter besonders schneereich, werden sie doch noch knapp.
Von Stefan Michel
21.10.2022, 07:45
21.10.2022, 08:57
Stefan Michel
Eigentlich weiss jede Automobilistin und jeder Automobilist, wann es Zeit ist, die Räder mit den Winterreifen montieren zu lassen. Und doch gibt es jedes Jahr viele, die ihre Garage erst anrufen, wenn die Schneefallgrenze zum ersten Mal unter 1000 Meter oder das Thermometer unter 2 Grad Celsius sinkt.
Dann kann es passieren, dass der Autobesitzer eine oder gar zwei Wochen warten muss, bis er einen Termin erhält. «Wenn Sie heute Ihren Termin vereinbaren, werden Sie eine vernünftige Wartefrist haben», verspricht Daniel Steinauer, Leiter Einkauf Reifen der ESA, Einkaufsgenossenschaft des Auto- und Motorradgewebes. Diese hat 13 Reifenmarken in ihrem Portfolio.
Neu ist, dass sich Autofahrer*innen Gedanken machen, ob es überhaupt genug Winterpneus gebe und ob sie ihr bevorzugtes Modell erhalten, wenn sie einen neuen Satz brauchen.
Die Auswahl ist kleiner
Steinauer gibt Entwarnung: «Zum jetzigen Zeitpunkt sind genügend Reifen vorhanden, aber nicht von jeder Variante jedes Modells.» Der Reifen-Verband der Schweiz RVS pflichtet über seine Geschäftsstelle bei: Die dem Verband angeschlossenen Händler hätten ihre Warenlager frühzeitig und gut gefüllt. «Es kann sein, dass bei der Produktwahl eine gewisse Flexibilität der Kunden gefordert ist.» Laut Steinauer sind besonders gewisse Billig-Marken schlechter verfügbar.
Die Krisen der letzten Jahre betreffen auch den Reifenmarkt. Da ist zuerst die Corona-Pandemie, die Produktions- und Transport-Kapazitäten in Asien reduziert hat. Schon länger sind gewisse Rohstoffe knapp. Der Krieg in der Ukraine hat diesen Notstand verschärft und zusätzlich die Energiepreise explodieren lassen.
Ein wichtiger Bestandteil von Reifen ist Russ, in der Pneu-Branche «Carbon Black» genannt. Er stammte zum grossen Teil aus dem Land Putins. Diesen beziehen die Produzenten inzwischen aus anderen Ländern. Anders sieht es bei in Russland hergestellten Pneus aus: «Nicht alle Hersteller mit Werken in Russland konnten diese Produktion schon in andere Länder verlagern», erklärt Steinauer.
Winterreifen werden teurer
Ein weiterer entscheidender Rohstoff für die Reifenherstellung ist Erdöl, das seit der russischen Invasion in der Ukraine deutlich teurer geworden ist. Hinzu kommen gestiegene Transportpreise. «Einen Container aus Asien nach Europa zu schicken, kostet fast siebenmal so viel wie vor ein paar Jahren», führt Steinauer ein Beispiel an.
All das führt aktuell nicht zu Reifenmangel, aber zu höheren Preisen. Einkäufer Steinauer schätzt den Anstieg auf 15 Prozent, «über die 13 Marken hinweg, die wir vertreiben». Der Reifenverband beziffert ihn schweizweit auf 12 bis 14 Prozent. Das heisst, bei einzelnen, knapp werdenden Pneumodellen kann der Aufschlag auch grösser sein.
Sollte der kommende Winter anhaltend schneereich sein, sodass wirklich alle Autofahrer*innen Winterreifen montieren lassen, könnten die Bestände in der Schweiz in ein paar Monaten doch noch knapp werden, räumt Steinauer ein. Sein Tipp: Jetzt Winterpneus bestellen oder die vorhandenen montieren lassen. Dann sind sie dran, wenn sie gebraucht werden.