Die Schweizer Wirtschaft befürwortet das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU mehrheitlich. Gemäss einer Umfrage sind 67 Prozent der Unternehmen eher oder bestimmt für ein Abkommen in der aktuell diskutierten Form.
Die Umfrage hat das Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag des Wirtschaftsdachverbandes economiesuisse und der Alliance Economie-Politique durchgeführt. Diese sehen die am Dienstag veröffentlichten Ergebnisse als Auftrag, sich für das Rahmenabkommen einzusetzen.
Der Entscheid des Bundesrates zum weiteren Vorgehen wird im Juni erwartet. Economiesuisse fordert den Bundesrat auf, die noch offenen Punkte zügig zu klären und zum Rahmenabkommen positiv Stellung zu nehmen. Das habe der Verband dem Bundesrat in einem Brief so mitgeteilt, sagte Direktorin Monika Rühl vor den Medien in Bern.
Abwarten keine Option
Eine weitere Verzögerung lehnt economiesuisse ab. Offenbar ziehe der Bundesrat in Erwägung, erst im kommenden Jahr zum Rahmenabkommen Stellung zu beziehen – nach der Abstimmung über die Begrenzungsinitiative der SVP, sagte Rühl. Die Schweizer Wirtschaft sei «äusserst besorgt» deswegen. Sie könne ein entsprechendes Vorgehen nicht unterstützen. «Aussitzen oder abwarten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag bringt unser Land nicht weiter.»
Aus Sicht der Schweizer Wirtschaft seien die bilateralen Verträge absolut zentral, betont economiesuisse. Je mehr Mitarbeitende ein Unternehmen hat, desto wichtiger sind ihm gemäss der Umfrage die bilateralen Verträge.
Solange die bilateralen Verträge die aktuellen Vorteile weiterhin gewährleisten, braucht es aus Sicht der Schweizer Wirtschaft zwar nicht unbedingt eine Anpassung. Die Mehrheit der Unternehmen glaubt aber, dass die Schweiz mittelfristig den internationalen Anschluss verliert, wenn die Abkommen auf dem heutigen Stand eingefroren und nicht weiterentwickelt werden. Dass keine Konsequenzen zu befürchten sind, halten nur 27 Prozent der Unternehmen für wahrscheinlich.
Stimmvolk skeptischer als Unternehmen
Würde das aktuell diskutierte Rahmenabkommen zur Abstimmung kommen, wären 51 Prozent der Unternehmen eher dafür und 16 bestimmt dafür. 14 Prozent wären eher dagegen, 6 Prozent bestimmt dagegen. Die übrigen gaben keine Antwort.
Auch bei den Unternehmen herrscht also keine Begeisterung. Die Ablehnung ist aber weniger ausgeprägt als bei den Schweizer Stimmberechtigten, wie gfs.bern schreibt. Gemäss einer Befragung von Anfang Jahr hatten sich 35 Prozent der Stimmberechtigten gegen das Rahmenabkommen ausgesprochen.
Bei den Unternehmen resultierte in allen Branchen eine mehrheitliche Zustimmung. Bei den Pro-Argumenten liegt der gefährdete Zugang zum EU-Markt an erster Stelle, bei den Contra-Argumenten der gefährdete Lohnschutz. Befragt wurden 1008 Unternehmen mit 20 oder mehr Mitarbeitenden.
Nachverhandlungen nicht realistisch
Nachverhandlungen halten die Unternehmen offenbar nicht für realistisch: Nur 23 Prozent glauben, dass der Bundesrat eine bessere Lösung verhandeln könnte. Die EU habe klar gesagt, dass sie zu Nachverhandlungen nicht bereit sei, gab Rühl zu bedenken. Sie verwies auch auf Grossbritannien, dem beim Brexit-Deal Nachverhandlungen verweigert wurden. Der Bundesrat müsse nun handeln. Das aktuelle Zeitfenster für eine gütliche Einigung mit der EU dauere noch maximal bis zum Sommer.
Für das Rahmenabkommen machte sich auch Unternehmer Philip Mosimann stark, Verwaltungsratspräsident von Bucher Industries. Er vertrat eine Wirtschaftsallianz mit dem Namen Alliance Economie-Politique. Mosimann sieht das Rahmenabkommen als Ticket für die Fortsetzung des bilateralen Wegs. Ein solches Ticket habe einen Preis, räumte er ein. Aus seiner Sicht ist dieser aber nicht hoch. Ohne das Rahmenabkommen drohten dagegen gravierende Nachteile, warnte er.
«Die Schweizer Wirtschaft braucht das Rahmenabkommen, und das Rahmenabkommen braucht die Schweizer Wirtschaft», sagte Mosimann. Es brauche ein verstärktes Engagement der Unternehmen. Nur so könne die Mehrheit in der Bevölkerung überzeugt werden. Auch der Bundesrat und das Parlament stünden in der Pflicht. Regieren heisse nicht abwarten, bis die Bevölkerung einverstanden sei.
Bereits im Januar hatte economiesuisse die Vorteile des Rahmenabkommens hervorgehoben. Im Rahmen der Konsultation verlangte der Verband allerdings – wie andere Teilnehmende – Klärungen.
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