Unverschämte Preise Wucher und Profitgier: Das Geschäft mit der Corona-Angst

tafi

6.3.2020

Weil Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken zur Zeit sehr gefragt sind, will so mancher Geschäftemacher den grossen Reibach machen. (Symbolbild)
Weil Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken zur Zeit sehr gefragt sind, will so mancher Geschäftemacher den grossen Reibach machen. (Symbolbild)
Bild: KEYSTONE/DPA/Christian Charisius

Das Geschäft mit der Angst brummt in Zeiten des Coronavirus. Mit Preistreiberei nutzen Kriminelle und Geschäftemacher die Angst vor der Epidemie zu ihrem Vorteil aus.

Selbst angebrochene Flaschen werden zu unverschämten Preisen angeboten: «Fast neu es wurde nur ein bisschen gebraucht(siehe bild)bei Fragen gerne Melden....» (sic!) bietet ein Nutzer auf der Versteigerungsplattform Ricardo eine 100-ml-Flasche Sterillium an, die zu etwa einem Drittel leer ist. Der Preis für geschätzte 60 ml Desinfektionsmittel: 14,90 Franken, umgerechnet auf den Liter sind das stolze 250 Franken. Und das ist nicht mal das Ende der Fahnenstange.

Bei Ricardo bietet ein Nutzer ein angebrochenes Fläschchen Desinfektionsmittel an – für 14,90 Franken.
Bei Ricardo bietet ein Nutzer ein angebrochenes Fläschchen Desinfektionsmittel an – für 14,90 Franken.
Bild: Screenshot

Ein Zürcher Apotheker berichtet im «Tages-Anzeiger» von Corona-Profiteuren, die mit der Angst vor dem Virus Geschäfte machen wollen: Plötzlich kämen Produkte auf den Markt, die doppelt so teuer wären als gängige Desinfektionsmittel. Er schlage die Hälfte der Angebote aus, berichtet der Apotheker, der es vermeiden wolle, die Notlage der Kunden auszunutzen. «Ich sehe derzeit neue Player, individuelle und kleine Hersteller auf dem Markt, die sich neu auf die Produktion von Desinfektionsmittel eingestellt haben», liess sich der Apotheker zitieren.

Wucher auch durch Privatpersonen

Auch andere Apotheker berichten von völlig überzogenen Preisen für Produkte wie Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel. «Desinfektionsmittel sind sehr knapp im Markt, was sich auf den Preis auswirkt. So liegt unser aktueller Einstandspreis weit über den Publikumspreisen. So ist es logisch, dass wir den Preis höher ansetzen müssen als üblich», gibt ein Apotheker im «Tages-Anzeiger» zu Protokoll.

Dass Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel überteuert angeboten werden, ist derzeit überall zu beobachten, wo das Coronavirus verstärkt auftritt. In Italien verteuerten sich im Onlinehandel Desinfektionsmittel um 650 Prozent, Schutzmasken sogar um 1'700 Prozent. Es handle sich um «schamlose Spekulation, um Profit aus der Angst der Leute zu schlagen», sind italienische Konsumentenschützer empört.

Aber nicht nur Händler, auch Privatpersonen wittern in der Angst vor dem SARS-CoV-2 das grosse Geschäft. Die eingangs erwähnte private Kleinanzeige auf Ricardo ist kein Einzelfall. Neben den überrissenen Preisen ist teilweise auch die Herkunft der angebotenen Mittel fragwürdig. Der «Tages-Anzeiger» berichtet von Atemschutzmasken, die auf Tutti angeboten wurden (200 Franken für zehn Stück) und mutmasslich aus Altbeständen der Post stammen. Sie seien «vor einigen Jahren für die Vernichtung vorgesehen» gewesen und dürften nicht mehr verkauft werden.

Preistreiberei unterbinden

In einzelnen Ländern ergreifen die Regierungen bereits Massnahmen gegen den Wucher. In Frankreich wurde per Dekret gerade ein Preisbann für Desinfektionsmittel verhängt – sie dürfen im Handel nicht mehr als drei Euro pro 100 ml kosten. Die USA haben den Online-Versandhändler Amazon bereits vor einigen Tagen aufgefordert, bei Artikeln zum Schutz gegen das Coronavirus Preistreiberei auf seiner Plattform zu unterbinden.

Bei Schweizer Online-Plattformen setzt man noch auf Selbstregulierung im Kampf gegen die Abzocke. «Wir suchen aktiv nach überteuerten Angeboten von Atemschutzmasken und Handdesinfektionsmitteln auf unserer Plattform und entfernen diese Inserate», liess die Tutti im «Tages-Anzeiger» verlauten. Ricardo will überteuerte Angebote blockieren und, wie auch Anibis, eingreifen, wenn falsche Gesundheitsversprechen gemacht werden.

Die Coronavirus-Krise: eine Chronik

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