Keine Fallnetze am Aescher «Würden wir exponierte Wege sichern, wäre das endlos»

Von Oliver Kohlmaier

25.8.2022

Das Berggasthaus Aescher-Wildkirchli im Appenzellerland ist ein beliebtes Ausflugsziel.
Das Berggasthaus Aescher-Wildkirchli im Appenzellerland ist ein beliebtes Ausflugsziel.
KEYSTONE/mauritius images/DIETER REIMPRECHT (Archivbild)

Trotz fünf tödlicher Unfälle am Aescher will der Bezirksrat keine Verbauungen wie etwa Fallschutznetze. Wander-Experte Thomas Widmer erklärt, weshalb an der Entscheidung nichts auszusetzen ist.

Von Oliver Kohlmaier

Rund um den Aescher im Alpstein-Gebiet kam es innert drei Monaten zu fünf tödlichen Bergunfällen, Forderungen nach mehr Sicherheit wurden mit jedem Unglück lauter.

Der zuständige Bezirksrat Schwende-Rüte hat nun Massnahmen geprüft und beschlossen, zusätzliche Informationstafeln aufzustellen, die zweisprachig auf Gefahren hinweisen, jedoch keine weiteren Veränderungen am Weg vorzunehmen.

Die Montage von Fallschutznetzen und anderen talseitigen Verbauungen würden «ein falsches Sicherheitsempfinden auslösen», teilt der Bezirksrat am Dienstag mit. Die Wege vom Aescher zum Seealpsee und zur Altenalp seien «weiterhin als Bergwanderwege einzustufen».

Zur Person

Thomas Widmer ist studierter Islamwissenschaftler und Arabist. Nach einem Intermezzo als IKRK-Kriegsdolmetscher wurde er Journalist und war viele Jahre Redaktor beim «Tages-Anzeiger». Seit 2017 ist er für die «Schweizer Familie» als Reporter unterwegs. Für den Echtzeit Verlag hat er mehrere Bücher über das Wandern verfasst. Auf «Widmer wandert weiter» bloggt er täglich übers Wandern.

Diese verliefen überwiegend steil, seien schmal und teilweise exponiert. Die entsprechend ausgerüsteten Gäste müssten daher trittsicher, schwindelfrei und in guter körperlicher Verfassung sein sowie die Gefahren im Gebirge kennen.

Kurzum: In den Bergen sind die Anforderungen an die Eigenverantwortung höher.

«Ich finde die Entscheidung vernünftig»

Dies betont auch Thomas Widmer im Gespräch mit blue News. Der Wander-Experte stammt selbst aus dem Appenzellerland und kennt die Wege im Alpstein gut.

«Ich finde die Entscheidung vernünftig», sagt er. Schliesslich gebe es hierzulande viele Wege dieser Art, auf denen man «einfach aufpassen» müsse. Dennoch sei der Weg «nicht speziell gefährlich» und als mittelschwerer Bergweg korrekt kategorisiert. 

Nach Unfällen am Aescher: Sind die Wanderwege zu gefährlich?

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«Ein Problem ist, dass besagter Hang oft im Schatten liegt, steil ist und häufig feucht. Wenn viele Leute auf Kalkstein gehen, wird dieser schnell rutschig.»

Letztlich, meint Widmer, handelt es sich um eine bedauernswerte, aber zufällige Häufung von Unfällen. «Der Alpstein hatte zuletzt mehrere tragische Unfälle, das stimmt, aber er ist als Gebirge eben auch sehr begehrt.»

Begehrtes Gebirge

Für Schweizer Massstäbe sei es zwar ein kleines Gebirge, habe aber ein «riesiges Einzugsgebiet», von Süddeutschland über das westliche Österreich bis hin zu den bevölkerungsreichen Schweizer Kantonen Zürich, St. Gallen und Thurgau. Somit seien dort weitaus mehr Menschen unterwegs als in anderen Alpenregionen.

Blick auf den Wanderweg zwischen Seealpsee und Aescher in Wasserauen.
Blick auf den Wanderweg zwischen Seealpsee und Aescher in Wasserauen.
Bild: Keystone/Gian Ehrenzeller

«Es erscheint mir daher nicht unplausibel, dass es dort auch mehr Unfälle gibt», sagt Widmer und fügt hinzu: «Wenn man in der Schweiz anfangen würde, exponierte Wege zu sichern, die steil oder gar senkrecht abfallen, dann kommt man nirgendwohin, das wäre endlos.»

Von Verbauungen wie Netzen hält indessen auch Widmer nichts: «Allein die Idee finde ich exotisch», sagt er und fügt an: «Fallschutznetze kenne ich hierzulande nur von Selbstmörder-Brücken.»


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