Das Zürcher Obergericht hat einen jungen Autofahrer, der im Jahr 2017 einen tödlichen Unfall verursacht hatte, wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Der heute knapp 26-jährige Schaffhauser erhält eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten.
Mit seinem am Mittwoch publizierten Urteil reduziert das Obergericht die Freiheitsstrafe für den Gerüstbauer leicht. Das Bezirksgericht Andelfingen ZH hatte ihn im Sommer 2021 noch zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt.
Im November 2017 war der damals 19-jährige Autofahrer gegen 5 Uhr morgens übermüdet und alkoholisiert auf dem Heimweg vom Ausgang. Mit ihm im Auto sassen ein Freund und zwei junge Frauen. Auf der A4 bei Humlikon ZH kam das Auto hinter einen Sattelschlepper zu fahren, der mit Tempo 80 unterwegs war.
Überholmanöver via Rastplatz
Weil reguläres Überholen dort verboten war und er nicht warten wollte, überholte der gelernte Chauffeur den Lastwagen via Rastplatz. Beim Wiedereinbiegen in die A4 touchierte er aber dessen Heck, schlingerte auf die Gegenfahrbahn und kollidierte mit einem korrekt entgegenkommenden Auto.
Der beste Freund des Beschuldigten starb, eine Mitfahrerin erlitt schwere Verletzungen mit bleibenden Folgen, drei weitere Personen wurden mittelschwer verletzt, darunter der Junglenker selber.
«Intellektuell eingeschränkt»
Der Staatsanwalt hatte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren gefordert. Für ihn war das Handeln des Beschuldigten nicht fahrlässig, sondern eventualvorsätzlich. Er habe die schwerwiegenden Folgen seines «menschenverachtenden Fahrmanövers» in Kauf genommen, sagte der Staatsanwalt am Prozess von vergangener Woche.
Der Anwalt des jungen Mannes hatte diesen vor Gericht hingegen als «intellektuell eingeschränkt» geschildert. Er habe den Zusammenhang zwischen seinem Fahrmanöver und möglichen Folgen nicht erkennen können. Es liege deshalb unbewusste Fahrlässigkeit vor.
Der junge Mann sei durch die Unfallfolgen ohnehin «lebenslang bestraft», auf eine weitere Strafe sei deshalb zu verzichten. Dem Antrag auf Strafbefreiung folgte das Obergericht jedoch nicht. Das Urteil kann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.