Kronzeuge kommt im HelikopterZürich ermittelt gegen kurdische Strassen-Gang «Bahoz»
smi
23.7.2023
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich ermittelt gegen Mitgelider der nach eigener Angabe aufgelösten kurdischen Strassen-Gang «Bahoz». 25 Männer wirft sie schwere Gewalttaten und organisierte Kriminalität vor.
smi
23.07.2023, 23:55
smi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die Zürcher Staatsanwaltschaft ermittelt gegen mutmassliche Mitglieder der kurdischen Strassen-Gang Bahoz.
25 mutmasslichen Mitgliedern wirft die Staatsanwaltschaft schwere Gewalt- und Drogendelikte vor.
Ein Kronzeuge soll wichtige Informationen liefern. Seine Identität ist geheim.
Der Gründer der Gruppierung sitzt bereits eine Haftstrafe ab und sagt, er kenne den Kronzeugen. Dieser habe nicht zu Bahoz gehört, als diese Gruppierung existierte.
Nach einem Jahr war die Gang Bahoz bereits wieder Geschichte. 2016 wurde der Schweizer Ableger der deutschen Mutter-Organisation gegründet, 2017 verkündete dieser seine Auflösung – um zu verhindern, dass Vorwürfe gegen die Gruppierung «einem ganzen Volk» angelastet werden.
Gemeint sind die Kurden. Bahoz bedeutet Sturm auf Kurdisch. Ihre Mutter-Organisation in Deutschland lieferte sich mit der Erdogan-treuen Gang Osmanen Germania gewalttätige Bandenkämpfe. Beide Organisationen wurden in Deutschland verboten und gelten als aufgelöst. Auch in der Schweiz ist es 2016 und 2017 immer wieder zu Zusammenstössen zwischen den beiden Gruppierungen gekommen, wie «20 Minuten» damals berichtete.
Die Zürcher Staatsanwaltschaft hegt erhebliche Zweifel, dass der Schweizer Arm von Bahoz tatsächlich nicht mehr aktiv ist. In einem umfangreichen Verfahren ermittelt sie gegen 25 mutmassliche Mitglieder, wie das Online-Magazin «Republik» recherchiert hat.
Die Liste ihrer mutmasslichen Delikte ist lang, die Vergehen wiegen schwer: mehrere versuchte Tötungen und versuchte schwere Körperverletzungen, Freiheitsberaubung, räuberische Erpressung, Raub sowie diverse Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz. Besonders gravierend, aber auch speziell schwierig zu beweisen, ist ein weiteres: Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation.
Die aufsehenerregendste Tat von Bahoz: Gang-Mitglieder sollen auf einer Autobahn im Kanton Zürich fahrend auf Personen in einem anderen Auto geschossen haben. Viele Gewalttaten sollen Teil von Gruppenritualen gewesen sein, schreibt die «Republik».
Schon gegen 300 Einvernahmen hat die Zürcher Staatsanwaltschaft durchgeführt, und es würden wohl noch einige mehr. Trumpf der Untersuchungsbehörde könnte ein Kronzeuge sein, der ihr wichtige Informationen liefert.
Ein Kronzeuge und ein Insider
Seine Identität und sein Aufenthaltsort werde geheimgehalten, schreibt die «Republik». Zu Einvernahmen werde er im gepanzerten Helikopter geflogen.
Einer der weiss, wer dieser Kronzeuge ist, sitzt laut «Blick» in der Strafanstalt Pöschwies ein. Es ist der Gründer von Bahoz in der Schweiz. Verurteilt ist er für strafbare Vorbereitungshandlungen zu Raub, Drogendelikten und mehrfache Sachbeschädigung. Wenn er seine Strafe verbüsst hat, wird er aus der Schweiz ausgewiesen, dem Land, in dem er geboren und aufgewachsen ist.
Der «Blick» hat den 33-Jährigen im Gefängnis besucht. Ihr erzählte er, der Kronzeuge sei erst 2018 aufgetaucht, also nach der offiziellen Auflösung der Gang, und habe sich als neuer Boss aufgespielt.
Überhaupt könne ein Grossteil der Leute, gegen die die Zürcher Staatsanwaltschaft ermittelt, keine Mitglieder von Bahoz sein. Er kenne jeden, der dazu gehörte. Von den meisten, die jetzt im Fokus der Justiz stünden, habe er noch nie gehört.
Schwer zu beweisen: Mitgliedschaft in krimineller Organisation
Setzt die Staatsanwaltschaft auf den falschen Mann? Oder zündet hier ein Insider via Presse Nebelpetarden, um eine ohnehin schon enorm komplizierte Ermittlung zu stören?
Die Staatsanwaltschaft scheint entschlossen, die Schuldigen zu überführen. Das ist im Fall der Mitgliedschaft zu einer kriminellen Organisation besonders schwierig. 317 Personen ist in der Schweiz dieses Delikt von 2011 bis 2021 vorgeworfen worden, zitiert die Republik aus der Kriminalstatistik der Schweiz. 57 seien in dem Zeitraum verurteilt worden.
Immerhin, Aufmärsche wie 2016 und 2017 scheint es seither nicht mehr gegeben zu haben. Anlässlich der Auflösung erklärten sie dem «Blick», sie hätten die Osmanen Germania von den Strassen verdrängt, ihre Mission sei erfüllt.