Krieg der Bilder«Selenskyj ist ein Medienmensch, Putin hat den Anschluss verpasst»
Von Lia Pescatore
21.5.2022
Krieg der Bilder: «Selenskyj ist ein Medienmensch, Putin hat den Anschluss verpasst»
Während Putin auf Bildern steif am Tisch sitzt, zeigt sich Wolodimir Selenskyj draussen in den zerstörten Strassen: Historikerin Annette Vowinckel weiss, was der ukrainische Präsident seinem russischen Gegenspieler voraushat.
20.05.2022
Während Putin auf Bildern steif am Tisch sitzt, zeigt sich Wolodimir Selenskyj draussen in den zerstörten Strassen: Historikerin Annette Vowinckel weiss, was der ukrainische Präsident seinem russischen Gegenspieler voraushat.
Von Lia Pescatore
21.05.2022, 17:57
22.05.2022, 10:59
Lia Pescatore
Das blutdurchtränkte Plüschtier auf dem Boden ist zu einer Bild-Ikone des Kriegs in der Ukraine herangewachsen. Wie wirkt dieses Bild auf Sie, Frau Vowinckel?
Was das Bild eigentlich zeigt, ist das ganze Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung in einer symbolischen Verdichtung auf dieses Stofftier. Der erste Gedanke ist, dass dieses Stofftier einem Kind gehört, von dem wir nicht wissen, ob es noch lebt oder nicht mehr lebt. Wenn es lebt, möglicherweise schwer verletzt ist und sich in einem Krankenhaus befindet. Möglicherweise bombardiert wird. Es setzt eine Reihe von Assoziationen frei, ohne dass es selbst Tote oder Verletzte zeigt.
Was können Sie aus dem Bild über die Person hinter der Kamera erfahren?
Eigentlich nur, dass die Person vor Ort war. Mehr kann man schlecht erkennen. Erstens können wir nicht genau feststellen, ob das mit einem Handy oder mit einer professionellen Kamera aufgenommen wurde, dafür müsste man näher heranzoomen. Ich würde aber wegen der klaren Komposition, der Anordnung der Holzstückchen und des Stoffpferdes auf der Diagonale auf ein professionelles Bild tippen. Da hat also entweder jemand mit einem fotografischen Blick abgedrückt und versucht, aus diesem marginalen Objekt das Beste rauszuholen. Oder es wurde nachträglich beschnitten oder bearbeitet, falls es sich um ein Handy-Foto handelt.
Sie forschen zu Menschen, die Bilder produzieren, editieren und veröffentlichen, und fassen sie dabei unter dem Begriff Agenten zusammen. Warum?
Beim Begriff Agent denkt man wohl zuerst an den Geheimagenten, damit hat es aber nichts zu tun. Ich fand den Begriff der Agenten charmanter, als einfach von Akteuren zu sprechen. Denn diese Akteure haben eine gewisse Handlungsmacht. Sie tun etwas mit den Bildern und die Bilder tun auch etwas mit uns.
Warum sind für Sie die Akteure hinter den Bildern so spannend?
Annette Vowinckel
zVg
Annette Vowinckel ist eine deutsche Historikerin und Kulturwissenschaftlerin. Sie leitet die Abteilung «Zeitgeschichte der Medien- und Informationsgesellschaft» am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam und unterrichtet als Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Zu ihren Veröffentlichungen gehören eine Kulturgeschichte der Flugzeugentführung (2011) und das Buch Agenten der Bilder. Fotografisches Handeln im 20. Jahrhundert (2016).
Als Historikerin bin ich darauf trainiert worden, Texte auszuwerten. Die Geschichtswissenschaften sind sehr textorientiert, obwohl der Grossteil der Informationen, die wir über die Vergangenheit haben, von Bildern stammen; von Fotos, aber auch von Gemälden, Karikaturen, Zeichnungen oder Landkarten. Ich wollte mich aber nicht nur mit Bildern beschäftigten. Ich bin keine Kunsthistorikerin und will es auch nicht werden. Meine Idee war es darum, dass ich die Bilder so in die bestehenden Erzählformen einflechte, dass man etwas Neues lernt, ausserhalb der Kunstgeschichte. Bilder machen sich in der Regel nicht selbst, jemand produziert sie, jemand anderes editiert sie oder veröffentlicht sie – oder eben nicht, aus gewissen Gründen. Das sind die Prozesse, die mich als Historikerin besonders interessieren.
«Sehr schlaue Leute haben mal gesagt, dass man heutzutage nicht mehr dem Bild traut, sondern dem Fotografen.»
Die Agenten haben in den letzten Jahren mit der Digitalkamera und dem Smartphone stark zugenommen: Denn jeder kann Bilder produzieren und sie online stellen. Wie hat sich das Bild vom Krieg dadurch verändert?
Einerseits ist die Menge der verfügbaren Bilder drastisch gestiegen. Aber abgesehen von quantitativen Bildern nimmt der Anteil der Alltagsbilder und der Bilder aus der zivilen Bevölkerung zu im Vergleich zu den Bildern, die aus dem klassischen Fotojournalismus stammen. Bei diesen Bildern stellt sich immer die Frage, ob sie echt sind, oder etwa manipuliert oder beschnitten. Das ist aber nicht neu. Die Frage der Manipulation ist so alt wie die Fotografie und auch schon in der analogen Fotografie ein Thema.
Braucht es den klassischen Kriegsfotografen noch?
Ja, ich glaube sogar, dringend. Denn diese Kriegsfotografen sind meist Teil einer professionellen Institution, die im Westen grosses Vertrauen geniessen. Sehr schlaue Leute haben mal gesagt, dass man heutzutage nicht mehr dem Bild traut, sondern dem Fotografen. Wenn ich Bilder von Fotografen sehe, die für Agenturen wie Reuters oder AP arbeitet, dann weiss ich, dass diese rausfliegen würden, wenn sie gefakte oder schon nur bearbeitete Bilder ablieferten. Das ist auch schon passiert. Man muss nur eine Wolke rausretuschieren vom blauen Himmel, dann ist die Karriere die Karriere als Agenturfotograf beendet.
Der Krieg in der Ukraine in Bildern
6. Juni 2022: Die Bewohnerin dieses Raums starb angeblich, als das Haus in der Nähe von Charkiw beschossen wurde. Ob der Hund ihr gehörte, ist nicht bekannt.
Bild: KEYSTONE / EPA / SERGEY KOZLOV
4. Juni: Zerstörte Gebäude in Borodyanka, ein Vorort von Kiew.
Bild: KEYSTONE / AP Photo / Natacha Pisarenko
3. Juni: Die Solisten der Nationaloper, Daria Emelyantsewa und Andriy Mikhalikha, tanzen während der Veranstaltung «100 days of February» in Lwiw. Diese markierte den 100. Tag seit der russischen Invasion der Ukraine.
Bild: KEYSTONE / EPA / MYKOLA TYS
2. Juni: Ein ukrainischer Soldat spricht in Lyssytschansk, Oblast Luhansk, mit einem Einwohner der Stadt vor einem durch Beschuss ins Brand geratenes Wohnhaus.
Bild: Bild: Keystone
2. Juni: Lehrer sammeln in der Nähe von Charkiw Schulmaterial aus Trümmern, nachdem die Schule durch einen russischen Angriffe zerstört wurde.
Bild: KEYSTONE/EPA/SERGEY KOZLOV
2. Juni: Ein ukrainischer Soldat in der Nähe der Kriegsfront in Donezk.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Bernat Armangue
2. Juni: Menschen, die aus Mykolajiw evakuiert worden sind, erhalten am Bahnhof in Odessa eine warme Mahlzeit.
Bild: KEYSTONE/EPA/STEPAN FRANKO
1. Juni: Das russische Militär feuert mit einem Uragan Mehrfachraketenwerfer in die Richtung, in der ukrainischer Truppen vermutet werden.
Bild: KEYSTONE/Russian Defense Ministry Press Service via AP
1. Juni: Ukrainische Soldaten suchen das Gebiet rund um Kiew nach russischen Blindgängern ab. Diese drei nutzen ihre Verschnaufpause für ein Selfie.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Natacha Pisarenko
31. Mai: Drei Männer versuchen, einen Schaden an der Wasserversorgung in Charkiw zu reparieren.
Bild: KEYSTONE/EPA/SERGEY KOZLOV
30. Mai: Ukrainische Soldaten parkieren einen russischen BMP-2-Panzer, der ihnen in der Nähe von Charkiw in die Hände gefallen ist.
Bild: AP
30. Mai: Die EU-Spitzen diskutieren in Brüssel über eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland. Demonstrant*innen fordern auf der Strasse ein Ölembargo.,
Bild: AP
29. Mai: Kinder klettern auf einem ausgebrannten russischen Panzer umher, der in Kiew ausgestellt wurde. Auch 2022 feiert die ukrainische Hauptstadt am letzten Sonntag im Mai ihre Gründung.
Bild: KEYSTONE
28. Mai: Ein ukrainischer Soldat in seinem Unterstand in Bakhmut, Region Donezk.
Bild: KEYSTONE
27. Mai: Ein Mann steht auf einer Leiter an einem Container in Borodjanka. Der Container dient als temporäre Unterkunft für Familien, deren Häuser und Wohnungen zerstört worden sind.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Natacha Pisarenko
27. Mai: Teilnehmer*innen der Zentralen Friedenskundgebung «Solidarität mit den Menschen in der Ukraine» halten in Stuttgart im Rahmen des Katholikentags Plakate hoch.
Bild: KEYSTONE/DPA/Marijan Murat
26. Mai: Schutt und Trümmerteile liegen auf dem Boden in Charkiw. Ein Mann versucht, etwas Ordnung ins Chaos zu bringen und fegt die Strasse.
Bild: KEYSTONE/EPA/SERGEY KOZLOV
26. Mai: Das Leben in Kiew geht weiter: Eine Frau macht ein Foto von einer Gruppe Menschen in einer Bar.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Natacha Pisarenko
25. Mai: Ein älterer Mann putzt die zerstörte Wohnung seines Sohnes in Charkiw. Sein Sohn ist bei einem Angriff getötet worden.
Bild: KEYSTONE/EPA/SERGEY KOZLOV
25. Mai: Anwohner stehen vor einem zerstörten Gebäude in Borodjanka, einer Siedlung in der Oblast Kiew.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Natacha Pisarenko
24. Mai: Ein kleiner Junge spielt auf der Strasse in Borodyanka vor zerstörten Wohnblocks.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Natacha Pisarenko
24. Mai: Bundesrat Ignazio Cassis begrüsst den ukrainischen Aussenminister Dmytro Kuleba am WEF in Davos.
Bild: KEYSTONE/KEYSTONE/Laurent Gillieron
24. Mai: Ukrainische Soldaten verstecken sich in einem Aussengebiet von Odessa.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Max Pshybyshevsky
23. Mai: Familienfotos liegen in der Näher eines zerstörten Hauses in Charkiw auf dem Boden.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Bernat Armangue
23. Mai: Ein russischer Soldat versucht, Minen auf dem Gelände des Stahlwerks Asovstal in Mariupol zu räumen.
Bild: KEYSTONE/EPA/RUSSIAN DEFENCE MINISTRY PRESS SERVICE
22. Mai: Ein Mann verkauft in einem Hinterhof in Charkiw Gegenstände auf einem Flohmarkt.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Bernat Armangue
22. Mai: Der Krieg in der Ukraine beschäftigt auch die Menschen in Südkorea. Zahlreiche Personen demonstrieren in Seoul in der Nähe der russischen Botschaft.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Ahn Young-joon
22. Mai: Mitarbeiter des örtlichen Friedhofs in Staryj Krym bei Mariupol tragen einen Sarg zu einem frisch ausgehobenen Grab.
Bild: KEYSTONE/EPA/ALESSANDRO GUERRA
22. Mai: Ein russischer Panzer bewacht das Stahlwerk Asovstal in Mariupol.
Bild: KEYSTONE/EPA/ALESSANDRO GUERRA
21. Mai: Eine Frau untersucht in Mariupol ihr komplett zerstörtes Haus.
Bild: KEYSTONE/EPA/ALESSANDRO GUERRA
21. Mai: Anwohner laden ihre Smartphones und weitere elektronische Gegenstände in Mariupol auf der Strasse.
Bild: KEYSTONE/EPA/ALESSANDRO GUERRA
20. Mai: Ukrainische Kämpfer sitzen im Bus, nachdem sie das Azovstal Stahlwerk in Mariupol verlassen haben. Dieses ist laut russischen Angaben komplett unter Russlands Kontrolle.
Bild: KEYSTONE/AP Photo
20. Mai: Russische Truppen bewachen den Eingang eines Wasserkraftwerks am Dnjepr in Kachowka.
Bild: KEYSTONE/AP Photo
20. Mai: Militärfahrzeuge stehen in Antwerpen, Belgien, im Inneren eines Frachtschiffs, das Militärgüter in die Ukraine liefern soll.
Bild: Johanna Geron/Reuters Pool/dpa
19. Mai: In einer Station der U-Bahn von Charkiw lagern ein Man und sein Hund. Obwohl der Beschuss in der Stadt nachgelassen hat und die U-Bahn in der nächsten Woche wieder fahren soll, harren immer noch etliche Einwohner in den provisorischen Luftschutzräumen aus.
Bild: KEYSTONE
18. Mai: Ein durch russischen Beschuss zerstörtes Haus in Soledar, Region Donezk.
Bild: KEYSTONE
17. Mai: Russische Soldaten durchsuchen Kämpfer aus dem Stahlwerk Azovstal in Mariupol, die sich ergeben haben.
Bild: KEYSTONE
16. Mai: Ein Schwertransporter auf der A1 beim deutschen Manderscheid fährt eine niederländische Panzerhaubitze 2000. Zur Verteidigung gegen den russischen Angriff wollen Deutschland und die Niederlande der Ukraine insgesamt zwölf der Panzerhaubitzen übergeben.
Bild: KEYSTONE
16. Mai: Ein Mitglied der prorussischen Volksmiliz der Volksrepublik Donezk bewegt sich durch einen Schützengraben nahe der Front.
Bild: KEYSTONE
15. Mai: Auf dem Friedhof in Butscha, das durch russische Kriegsverbrechen bekannt wurde, sind neue Gräber ausgehoben. In der Region Kiew wurden bislang 1235 Leichen von Zivilisten gefunden.
Bild: KEYSTONE
15. Mai: Ukrainische Soldaten sind auf einer Patrouille nördlich von Charkiw in Deckung gegangen.
Bild: KEYSTONE
14. Mai: Trister Alltag im Schutzraum: So harren die Menschen im ostukrainischen Kutuzivka aus.
Bild: AP
14. Mai: Ein Panzer, der das «Z»-Symbol des russischen Militärs trägt, ist in Kutuzivka in der Ostukraine beschädigt liegen geblieben.
Bild: AP
13. Mai: Das von Maxar Technologies zur Verfügung gestellte Satellitenbild zeigt eine Nahaufnahme eines Lastkahns (unten links nach rechts) neben einem gesunkenen russischen Landungsschiff vom Typ Serna und einem weiteren Landungsschiff Typ Serna an der Schlangeninsel im Schwarzen Meer.
Bild: Uncredited/Maxar Technologies/dpa
13. Mai: Ein ukrainisches Flüchtlingskind beim Unterricht im Schulhaus Landhaus in Herisau. Im Kanton Appenzell Ausserrhoden werden derzeit über 100 aus der Ukraine geflüchtete Kinder beschult.
Bild: Keystone
12. Mai: Arbeiter sorgen im ukrainischen Bahmut für eine neue Wasserversorgung, nachdem Gebäude hier bei russischen Luftangriffen zerstört wurden.
Bild: Keystone
12. Mai: «Little Amal», das internationale Symbol für Flüchtlingskinder, macht Halt im polnischen Przemysl nahe der ukrainischen Grenze.
Bild: KEYSTONE/EPA/Darek Delmanowicz POLAND OUT
12. Mai: Lange Wartezeiten an der ukrainisch-polnischen Grenze in Zosin.
Bild: KEYSTONE/EPA/Wojtek Jargilo POLAND OUT
12. Mai: Ein ehemaliges Kinderzimmer mit einem Babybett in einem zerstörten Haus in der Donezk-Region in Bachmut.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Andriy Andriyenko
11. Mai: Eine Frau fährt auf einem E-Trottinett an einer Stahlspinne in Kiew vorbei.
Bild: KEYSTONE/EPA/OLEG PETRASYUK
11. Mai: Ein Schild mit dem aufgesprayten Schriftzug «Minen» warnt davor, diese Strasse in Maksymilyanivka zu betreten.
Bild: KEYSTONE
11. Mai: Ein ukrainischer Soldat trainiert in einer Küche während einem Militärspital in der Nähe von Popasna.
Bild: KEYSTONE/EPA/ROMAN PILIPEY
10. Mai: Ein deutscher Soldat steht auf der slowakischen Airbase Sliac neben einem Patriot-Flugabwehrraketen-System, das die Nato-Kräfte an der Ostflanke des Bündnisses stärken soll.
Bild: Keystone
10. Mai: Auf einem Schrottplatz in Butscha bei Kiew liegen die Überreste von zerstörten Militärfahrzeugen.
Bild: Keystone
10. Mai: Ein Feuerwehrmann bei Löscharbeiten in der ukrainischen Grossstadt Odessa. Laut ukrainischen Angaben waren hier am Vortag sieben russische Raketen eingeschlagen und hatten auch zivile Ziele getroffen.
Bild: Keystone
10. Mai: Ukrainische Soldaten harren auf ihrer Position in einem Wald bei Charkiw aus.
Bild: Keystone
9. Mai: An einem Monument für im Zweiten Weltkrieg gefallene Sowjet-Soldaten im polnischen Warschau geraten zwei Frauen aneinander.
Bild: Keystone
9. Mai: Der er russische Präsident Wladimir Putin und sein Verteidigungsminister Sergei Schoigu verlassen nach der Militärparade anlässlich der Feier des «Tag des Sieges» über Nazi-Deutschland den Roten Platz.
Bild: Keystone
9. Mai: Der russische Präsident Wladimir Putin hält seine mit Spannung erwartete Rede. Putin begründete darin den Angriffskrieg gegen die Ukraine mit einer Bedrohung durch die Nato.
Bild: Keystone
9. Mai: Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu salutiert den paradierenden Soldaten auf dem Roten Platz in Moskau.
Bild: Keystone
9. Mai: Wjatscheslaw Wolodine, Sprecher der Duma, erscheint mit der Vize-Ministerpräsidentin für Bildung, Gesundheit und Sozialpolitik Tatjana Alexejewna auf dem Roten Platz.
Bild: Keystone
9. Mai: BMD-4 Amphibienfahrzeuge rollen über den Roten Platz.
Bild: Keystone
9. Mai: Russische Soldaten bei der jährlichen Militärparade in Moskau.
Bild: Keystone
9. Mai: Bei der Militärparade zum «Tag des Sieges» werden stets die Waffensysteme Russlands präsentiert. Hier das mobile Boden-Luft-Raketen-System S-400 Triumf.
Bild: Keystone
9. Mai: Ein Scharfschütze überwacht die Veranstaltung anlässlich des Sieges über Nazi-Deutschland, die Russland seit 1995 inzwischen jährlich begeht.
Bild: Keystone
9. Mai: Russische Soldaten bereiten sich auf dem Roten Platz in Moskau auf die Parade zum «Tag des Sieges» vor.
Bild: Keystone
Der Krieg in der Ukraine in Bildern
6. Juni 2022: Die Bewohnerin dieses Raums starb angeblich, als das Haus in der Nähe von Charkiw beschossen wurde. Ob der Hund ihr gehörte, ist nicht bekannt.
Bild: KEYSTONE / EPA / SERGEY KOZLOV
4. Juni: Zerstörte Gebäude in Borodyanka, ein Vorort von Kiew.
Bild: KEYSTONE / AP Photo / Natacha Pisarenko
3. Juni: Die Solisten der Nationaloper, Daria Emelyantsewa und Andriy Mikhalikha, tanzen während der Veranstaltung «100 days of February» in Lwiw. Diese markierte den 100. Tag seit der russischen Invasion der Ukraine.
Bild: KEYSTONE / EPA / MYKOLA TYS
2. Juni: Ein ukrainischer Soldat spricht in Lyssytschansk, Oblast Luhansk, mit einem Einwohner der Stadt vor einem durch Beschuss ins Brand geratenes Wohnhaus.
Bild: Bild: Keystone
2. Juni: Lehrer sammeln in der Nähe von Charkiw Schulmaterial aus Trümmern, nachdem die Schule durch einen russischen Angriffe zerstört wurde.
Bild: KEYSTONE/EPA/SERGEY KOZLOV
2. Juni: Ein ukrainischer Soldat in der Nähe der Kriegsfront in Donezk.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Bernat Armangue
2. Juni: Menschen, die aus Mykolajiw evakuiert worden sind, erhalten am Bahnhof in Odessa eine warme Mahlzeit.
Bild: KEYSTONE/EPA/STEPAN FRANKO
1. Juni: Das russische Militär feuert mit einem Uragan Mehrfachraketenwerfer in die Richtung, in der ukrainischer Truppen vermutet werden.
Bild: KEYSTONE/Russian Defense Ministry Press Service via AP
1. Juni: Ukrainische Soldaten suchen das Gebiet rund um Kiew nach russischen Blindgängern ab. Diese drei nutzen ihre Verschnaufpause für ein Selfie.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Natacha Pisarenko
31. Mai: Drei Männer versuchen, einen Schaden an der Wasserversorgung in Charkiw zu reparieren.
Bild: KEYSTONE/EPA/SERGEY KOZLOV
30. Mai: Ukrainische Soldaten parkieren einen russischen BMP-2-Panzer, der ihnen in der Nähe von Charkiw in die Hände gefallen ist.
Bild: AP
30. Mai: Die EU-Spitzen diskutieren in Brüssel über eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland. Demonstrant*innen fordern auf der Strasse ein Ölembargo.,
Bild: AP
29. Mai: Kinder klettern auf einem ausgebrannten russischen Panzer umher, der in Kiew ausgestellt wurde. Auch 2022 feiert die ukrainische Hauptstadt am letzten Sonntag im Mai ihre Gründung.
Bild: KEYSTONE
28. Mai: Ein ukrainischer Soldat in seinem Unterstand in Bakhmut, Region Donezk.
Bild: KEYSTONE
27. Mai: Ein Mann steht auf einer Leiter an einem Container in Borodjanka. Der Container dient als temporäre Unterkunft für Familien, deren Häuser und Wohnungen zerstört worden sind.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Natacha Pisarenko
27. Mai: Teilnehmer*innen der Zentralen Friedenskundgebung «Solidarität mit den Menschen in der Ukraine» halten in Stuttgart im Rahmen des Katholikentags Plakate hoch.
Bild: KEYSTONE/DPA/Marijan Murat
26. Mai: Schutt und Trümmerteile liegen auf dem Boden in Charkiw. Ein Mann versucht, etwas Ordnung ins Chaos zu bringen und fegt die Strasse.
Bild: KEYSTONE/EPA/SERGEY KOZLOV
26. Mai: Das Leben in Kiew geht weiter: Eine Frau macht ein Foto von einer Gruppe Menschen in einer Bar.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Natacha Pisarenko
25. Mai: Ein älterer Mann putzt die zerstörte Wohnung seines Sohnes in Charkiw. Sein Sohn ist bei einem Angriff getötet worden.
Bild: KEYSTONE/EPA/SERGEY KOZLOV
25. Mai: Anwohner stehen vor einem zerstörten Gebäude in Borodjanka, einer Siedlung in der Oblast Kiew.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Natacha Pisarenko
24. Mai: Ein kleiner Junge spielt auf der Strasse in Borodyanka vor zerstörten Wohnblocks.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Natacha Pisarenko
24. Mai: Bundesrat Ignazio Cassis begrüsst den ukrainischen Aussenminister Dmytro Kuleba am WEF in Davos.
Bild: KEYSTONE/KEYSTONE/Laurent Gillieron
24. Mai: Ukrainische Soldaten verstecken sich in einem Aussengebiet von Odessa.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Max Pshybyshevsky
23. Mai: Familienfotos liegen in der Näher eines zerstörten Hauses in Charkiw auf dem Boden.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Bernat Armangue
23. Mai: Ein russischer Soldat versucht, Minen auf dem Gelände des Stahlwerks Asovstal in Mariupol zu räumen.
Bild: KEYSTONE/EPA/RUSSIAN DEFENCE MINISTRY PRESS SERVICE
22. Mai: Ein Mann verkauft in einem Hinterhof in Charkiw Gegenstände auf einem Flohmarkt.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Bernat Armangue
22. Mai: Der Krieg in der Ukraine beschäftigt auch die Menschen in Südkorea. Zahlreiche Personen demonstrieren in Seoul in der Nähe der russischen Botschaft.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Ahn Young-joon
22. Mai: Mitarbeiter des örtlichen Friedhofs in Staryj Krym bei Mariupol tragen einen Sarg zu einem frisch ausgehobenen Grab.
Bild: KEYSTONE/EPA/ALESSANDRO GUERRA
22. Mai: Ein russischer Panzer bewacht das Stahlwerk Asovstal in Mariupol.
Bild: KEYSTONE/EPA/ALESSANDRO GUERRA
21. Mai: Eine Frau untersucht in Mariupol ihr komplett zerstörtes Haus.
Bild: KEYSTONE/EPA/ALESSANDRO GUERRA
21. Mai: Anwohner laden ihre Smartphones und weitere elektronische Gegenstände in Mariupol auf der Strasse.
Bild: KEYSTONE/EPA/ALESSANDRO GUERRA
20. Mai: Ukrainische Kämpfer sitzen im Bus, nachdem sie das Azovstal Stahlwerk in Mariupol verlassen haben. Dieses ist laut russischen Angaben komplett unter Russlands Kontrolle.
Bild: KEYSTONE/AP Photo
20. Mai: Russische Truppen bewachen den Eingang eines Wasserkraftwerks am Dnjepr in Kachowka.
Bild: KEYSTONE/AP Photo
20. Mai: Militärfahrzeuge stehen in Antwerpen, Belgien, im Inneren eines Frachtschiffs, das Militärgüter in die Ukraine liefern soll.
Bild: Johanna Geron/Reuters Pool/dpa
19. Mai: In einer Station der U-Bahn von Charkiw lagern ein Man und sein Hund. Obwohl der Beschuss in der Stadt nachgelassen hat und die U-Bahn in der nächsten Woche wieder fahren soll, harren immer noch etliche Einwohner in den provisorischen Luftschutzräumen aus.
Bild: KEYSTONE
18. Mai: Ein durch russischen Beschuss zerstörtes Haus in Soledar, Region Donezk.
Bild: KEYSTONE
17. Mai: Russische Soldaten durchsuchen Kämpfer aus dem Stahlwerk Azovstal in Mariupol, die sich ergeben haben.
Bild: KEYSTONE
16. Mai: Ein Schwertransporter auf der A1 beim deutschen Manderscheid fährt eine niederländische Panzerhaubitze 2000. Zur Verteidigung gegen den russischen Angriff wollen Deutschland und die Niederlande der Ukraine insgesamt zwölf der Panzerhaubitzen übergeben.
Bild: KEYSTONE
16. Mai: Ein Mitglied der prorussischen Volksmiliz der Volksrepublik Donezk bewegt sich durch einen Schützengraben nahe der Front.
Bild: KEYSTONE
15. Mai: Auf dem Friedhof in Butscha, das durch russische Kriegsverbrechen bekannt wurde, sind neue Gräber ausgehoben. In der Region Kiew wurden bislang 1235 Leichen von Zivilisten gefunden.
Bild: KEYSTONE
15. Mai: Ukrainische Soldaten sind auf einer Patrouille nördlich von Charkiw in Deckung gegangen.
Bild: KEYSTONE
14. Mai: Trister Alltag im Schutzraum: So harren die Menschen im ostukrainischen Kutuzivka aus.
Bild: AP
14. Mai: Ein Panzer, der das «Z»-Symbol des russischen Militärs trägt, ist in Kutuzivka in der Ostukraine beschädigt liegen geblieben.
Bild: AP
13. Mai: Das von Maxar Technologies zur Verfügung gestellte Satellitenbild zeigt eine Nahaufnahme eines Lastkahns (unten links nach rechts) neben einem gesunkenen russischen Landungsschiff vom Typ Serna und einem weiteren Landungsschiff Typ Serna an der Schlangeninsel im Schwarzen Meer.
Bild: Uncredited/Maxar Technologies/dpa
13. Mai: Ein ukrainisches Flüchtlingskind beim Unterricht im Schulhaus Landhaus in Herisau. Im Kanton Appenzell Ausserrhoden werden derzeit über 100 aus der Ukraine geflüchtete Kinder beschult.
Bild: Keystone
12. Mai: Arbeiter sorgen im ukrainischen Bahmut für eine neue Wasserversorgung, nachdem Gebäude hier bei russischen Luftangriffen zerstört wurden.
Bild: Keystone
12. Mai: «Little Amal», das internationale Symbol für Flüchtlingskinder, macht Halt im polnischen Przemysl nahe der ukrainischen Grenze.
Bild: KEYSTONE/EPA/Darek Delmanowicz POLAND OUT
12. Mai: Lange Wartezeiten an der ukrainisch-polnischen Grenze in Zosin.
Bild: KEYSTONE/EPA/Wojtek Jargilo POLAND OUT
12. Mai: Ein ehemaliges Kinderzimmer mit einem Babybett in einem zerstörten Haus in der Donezk-Region in Bachmut.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Andriy Andriyenko
11. Mai: Eine Frau fährt auf einem E-Trottinett an einer Stahlspinne in Kiew vorbei.
Bild: KEYSTONE/EPA/OLEG PETRASYUK
11. Mai: Ein Schild mit dem aufgesprayten Schriftzug «Minen» warnt davor, diese Strasse in Maksymilyanivka zu betreten.
Bild: KEYSTONE
11. Mai: Ein ukrainischer Soldat trainiert in einer Küche während einem Militärspital in der Nähe von Popasna.
Bild: KEYSTONE/EPA/ROMAN PILIPEY
10. Mai: Ein deutscher Soldat steht auf der slowakischen Airbase Sliac neben einem Patriot-Flugabwehrraketen-System, das die Nato-Kräfte an der Ostflanke des Bündnisses stärken soll.
Bild: Keystone
10. Mai: Auf einem Schrottplatz in Butscha bei Kiew liegen die Überreste von zerstörten Militärfahrzeugen.
Bild: Keystone
10. Mai: Ein Feuerwehrmann bei Löscharbeiten in der ukrainischen Grossstadt Odessa. Laut ukrainischen Angaben waren hier am Vortag sieben russische Raketen eingeschlagen und hatten auch zivile Ziele getroffen.
Bild: Keystone
10. Mai: Ukrainische Soldaten harren auf ihrer Position in einem Wald bei Charkiw aus.
Bild: Keystone
9. Mai: An einem Monument für im Zweiten Weltkrieg gefallene Sowjet-Soldaten im polnischen Warschau geraten zwei Frauen aneinander.
Bild: Keystone
9. Mai: Der er russische Präsident Wladimir Putin und sein Verteidigungsminister Sergei Schoigu verlassen nach der Militärparade anlässlich der Feier des «Tag des Sieges» über Nazi-Deutschland den Roten Platz.
Bild: Keystone
9. Mai: Der russische Präsident Wladimir Putin hält seine mit Spannung erwartete Rede. Putin begründete darin den Angriffskrieg gegen die Ukraine mit einer Bedrohung durch die Nato.
Bild: Keystone
9. Mai: Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu salutiert den paradierenden Soldaten auf dem Roten Platz in Moskau.
Bild: Keystone
9. Mai: Wjatscheslaw Wolodine, Sprecher der Duma, erscheint mit der Vize-Ministerpräsidentin für Bildung, Gesundheit und Sozialpolitik Tatjana Alexejewna auf dem Roten Platz.
Bild: Keystone
9. Mai: BMD-4 Amphibienfahrzeuge rollen über den Roten Platz.
Bild: Keystone
9. Mai: Russische Soldaten bei der jährlichen Militärparade in Moskau.
Bild: Keystone
9. Mai: Bei der Militärparade zum «Tag des Sieges» werden stets die Waffensysteme Russlands präsentiert. Hier das mobile Boden-Luft-Raketen-System S-400 Triumf.
Bild: Keystone
9. Mai: Ein Scharfschütze überwacht die Veranstaltung anlässlich des Sieges über Nazi-Deutschland, die Russland seit 1995 inzwischen jährlich begeht.
Bild: Keystone
9. Mai: Russische Soldaten bereiten sich auf dem Roten Platz in Moskau auf die Parade zum «Tag des Sieges» vor.
Bild: Keystone
Was macht denn aus Ihrer Sicht ein Bild erfolgreich?
Es spielen mehrere Faktoren zusammen. Einerseits die ästhetische Dimension. Ein Bild muss ansprechend, aber gleichzeitig auch ungewöhnlich sein und Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Es sind häufig Bilder, die uns irritieren, weil wir etwas sehen, was wir nicht gleich verstehen. Der zweite Punkt hängt damit eng zusammen. Wenn man sich anschaut, welche Bilder im kollektiven Gedächtnis verankert sind, dann sind das häufig Bilder, die ein Tabu brechen, zum Beispiel das «Napalm-Mädchen» aus dem Vietnamkrieg. Das Bild ist beinahe nicht in der Presse gelandet, da es eine nackte Person in Frontalaufnahme zeigt.
Und der dritte Faktor?
Ein Bild braucht eine Infrastruktur. Am erfolgreichsten sind sie, wenn sie auf dem Pult eines berühmten Bildredakteurs landeten. Wenn ein Bild einmal auf der Titelseite der «New York Times» steht, hat das einen viel höheren Aufmerksamkeitsgrad. Schlussendlich ist es ein Zusammenspiel von Ästhetik, Verbreitungsgrad und von Wiederholung. Bilder leben davon, dass sie immer und immer wieder aufgegriffen werden und so zu einer Ikone werden. Zu einem Platzhalter von einem Thema werden, das man dann gar nicht mehr mit Worten beschreiben muss, zum Beispiel beim Vietnam-Krieg.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj präsentiert sich gern selbst live auf Instagram, übergeht er damit die klassischen Medienagenturen?
Selenskyj ist ein ganz spezieller Fall, weil er selbst ein Medienmensch ist. Er ist Schauspieler, Produzent und weiss darum, was man vor einer Kamera tut und was nicht. Er ist Weltmeister der Selbstinszenierung und schafft sehr überzeugend den Eindruck, dass gewisse Videos spontan on the spot im Gefechts- und Bombenhagel aufgenommen worden sind. Dabei vergisst man schnell, dass hinter ihm eine riesige Institution steht, das Presidential Press Office, welches natürlich bestens dafür ausgestattet ist, diese visuelle Regierungskommunikation professionell täglich zu betreiben. Die Grenzen zwischen seiner Person und dem Apparat hinter ihm verschwimmen, das ist ungewöhnlich.
Wozu dient diese Offensive?
Es ist der absolute Schlüssel zum Erfolg, um in westlichen Medien oder in sozialen Medien anzukommen, weil es auf der Höhe der Zeit ist. Im Grunde genommen hat Selenskyj einen grossen Sprung nach vorn gemacht, in dem er erkannt hat, dass eine besondere Situation auch besondere Massnahmen braucht. Er hat also aufgehört mit der sogenannten Protokollfotografie, wo er sich im Anzug und Studiolicht zeigt. Stattdessen zeigt er, was vor Ort passiert, und zwar live und sofort, auch während Bombardierungen.
«Selenskyjs Erfolg ist eng verbunden mit einem Misserfolg auf der anderen Seite.»
Mit welcher Wirkung?
Ein Moment, in dem ich wirklich zusammengezuckt bin, war seine Rede, die er vor dem amerikanischen Kongress gehalten hat. Er las zuerst ab von seinem Redemanuskript, dann spielte er ein Video ab, das in Sequenzen und Stillfotos drastische Szenen zeigte, von Schwerverletzten und Toten. Dass ein Parlament direkt mit Bildpropaganda, und in dem Fall meine ich Propaganda nicht negativ, konfrontiert wird, ist neu für mich. Diese Echtübertragung hat eine neue Qualität, denn es entwickelt sich eine unglaublich emotionale Wirkung. Jeder empathiefähige Mensch hat diese Bauchreaktion, das muss aufhören, was da gerade passiert. Das hat auch im Kongress gewirkt.
Aus Russland gibt es kaum Bildmaterial.
Selenskyjs Erfolg ist eng verbunden mit einem Misserfolg auf der anderen Seite. Ich gehe davon aus, dass die russischen Soldaten grossen Ärger bekämen, wenn sie Bilder von Kampfhandlungen veröffentlichten. Zwar ist es auch auf ukrainischer Seite nicht erwünscht, dass Bilder mit sensitiven Informationen zum Beispiel über den Standort eines Panzers zu finden sind. Aber die Ukrainer haben anders als die Russen ein Rieseninteresse daran, Angriffe an der zivilen Bevölkerung gleich publik zu machen. Die russische Seite versucht im Gegenteil dafür zu sorgen, dass wir diese Bilder nicht zu sehen bekommen und sie allenfalls zu diffamieren. Es liegt in der Natur des Krieges, dass die eine Seite ein grosses Interesse hat an der Verbreitung der Bilder, die andere Seite nicht.
Putin selbst macht auf Bildern keine gute Figur. Hat er keine Berater im Rücken wie Selenskyj?
Der Kreml hat zwar auch offizielle Fotografen und eine Website, auf der die Fotos gepostet werden. Man sieht beispielsweise einen Politiker an einem Arbeitstisch, oder einen Politiker, der einem anderen Politiker die Hand schüttelt. Total langweilig. Für Aufmerksamkeit sorgte Putin einzig mit klar inszenierten Auftritten wie seinem Bad in der Menge in einem Stadion voll Menschen, die russische Fahnen schwingen. Das sind Bilder, die in Russland zwar sehr gut ankommen, die der Westen aber nur mit Zynismus wahrnimmt. Die wichtigste Nachricht aus diesem Stadion, die es in den Westen schaffte, war jene, dass die Technik für einen Moment ausfiel und Putin das Wort abgeschnitten wurde.
Kümmert sich Putin nicht mehr darum, was der Westen von ihm denkt?
Ich glaube, dass Putin den Westen sehr gut im Blick hat, aber dass er die Medienlogik nicht versteht. Er ist 25 Jahre älter als Selenskyj und nach allem, was wir wissen, nicht besonders gut digital bewandert. Er beherrscht zwar die Form der klassischen Selbstinszenierung, die im 20. Jahrhundert noch gut funktioniert hat. Seither hat Putin in mancher Hinsicht den Anschluss verpasst. Die Kunst, sich authentisch zu inszenieren, beherrscht er nicht annähernd so gut wie der ukrainische Präsident.