Provokative Kampagne Mithetzen auf dem Online-Pranger für Neonazis

jfk

5.12.2018

Die Aktivisten vom «Zentrum für Politische Schönheit», Cesy Leonard, Stefan Pelzer und Philipp Ruch (v.l.n.r.), äussern sich bei einer Pressekonferenz in Berlin zu ihrer Aktion.
Die Aktivisten vom «Zentrum für Politische Schönheit», Cesy Leonard, Stefan Pelzer und Philipp Ruch (v.l.n.r.), äussern sich bei einer Pressekonferenz in Berlin zu ihrer Aktion.
Bild: Keystone/dpa/Bernd von Jutrczenka

Der deutsch-schweizerische Politperformer Philipp Ruch hat ein Onlineportal eingerichtet, auf dem man Rechtsextreme denunzieren kann. Für effektive Meldungen werden sogar Belohnungen ausgezahlt.

Im Nachgang zu den rechten Ausschreitungen im ostdeutschen Chemnitz, bei denen auch immer wieder der Hitlergruss gezeigt wurde, hat Ruchs Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) eine neue, brutal anmutende Aktion lanciert. Nach eigenen Angaben hat die Künstlergruppe aus Videomaterial von den Aufmärschen drei Millionen Bilder von 7'000 Verdächtigen ausgewertet und via Gesichtserkennungsprogrammen mit sozialen Medien und rechtsradikalen Websites abgeglichen.

Mit diesem Video ruft das ZPS dazu auf, Rechtsextreme bei ihren Arbeitgebern anzuschwärzen.

Auf der Seite Soko Chemnitz wird im Stile einer Polizeiaktion mit satirischen Elementen zur Mithilfe aufgerufen: «Denunzieren Sie noch heute Ihren Arbeitskollegen, Nachbarn oder Bekannten und kassieren Sie Sofort-Bargeld». Die Belohnungen sollen sich zwischen 50 und 100 Euro bewegen und können von Spendern noch erhöht werden. In einem Interview mit dem Tages-Anzeiger nimmt der 37-jährige Ruch, der in der DDR aufwuchs, zu der Kampagne Stellung.

Die Demonstrationen und Ausschreitungen in Chemnitz wurden von der rechten Szene dominiert. (Archiv)
Die Demonstrationen und Ausschreitungen in Chemnitz wurden von der rechten Szene dominiert. (Archiv)
Bild: Keystone/Sebastian Willnow

Der Aufruf zur Denunziation sei demnach kein Aufruf zur Unmenschlichkeit, sondern würde der Privatwirtschaft die Möglichkeit bieten, Haltung zu zeigen. Es gehöre nicht zur Demokratie, Rechtsextremismus zu dulden, und würden Unternehmer dies tun, sei das Land bald am Ende. Die Aktion decke nur auf, wo Rechtsextreme arbeiten. Entlassen müssten sie die Firmen schon selbst. Die Wirtschaft würde in der Praxis ohnehin eine Null-Toleranz-Politik verfolgen und Rechtsextreme fast immer feuern, sobald dies bekannt werde.

An drei «Denunzianten» seien bereits Belohnungen gezahlt worden, und der Gehalt der Hinweise sei gravierend genug gewesen, ihn an die Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten.  Ruch meint, mit der Aktion für die «wehrhafte Demokratie» einzustehen. Das sieht der sächsische Innenminister, Roland Wöller (CDU), anders. Er beschuldigt das «Zentrum für politische Schönheit», mit der Aktion den «Zusammenhalt der Gesellschaft» zu gefährden, wie das ZPS auf seiner Seite angibt.

Den Laden des Künstlerkollektivs in Chemnitz, wo man sich die Belohung abholen kann, hat die Polizei am Montag geschlossen. Das ZPS hat daraufhin eine Klage angekündigt.

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