Anklageschrift im Vierfachmord von Rupperswil Angeklagter hatte bereits weitere Opfer im Visier

sda, uri

12.3.2018 - 12:05

Der mutmassliche Täter des Vierfachmordes von Rupperswil AG hat bereits kurz nach dem Gewaltverbrechen im Dezember 2015 weitere ähnliche Taten geplant. Im Visier hatte er gemäss Anklageschrift je eine Familie in den Kantonen Bern und Solothurn.

Er habe im Internet nach Knaben im Alter von 11 bis 15 Jahren gesucht, die ähnlich ausgeschaut hätten, wie der sexuell missbrauchte und getötete 13-Jährige in Rupperswil. Das schreibt die Staatsanwaltschaft Lenzburg in der am Mittwoch veröffentlichten Anklageschrift. Er habe seit vielen Jahren um seine pädophile Veranlagung gewusst.

Im Monat nach dem Vierfachmord habe er Seile und Anzündwürfel gekauft. Diese Sachen habe er in den gleichen Rucksack gepackt, wie er in Rupperswil dabei gehabt habe. Darin seien wieder Kabelbinder und Klebebänder, "Sexspielzeuge" und sechs Flaschen Fackelöl gewesen. Bei ihm zu Hause fand die Polizei auch eine Pistole.

Nächste Opferfamilien angerufen

Ein erneutes Gewaltverbrechen sollte nach dem gleichen Plan wie in Rupperswil ablaufen. Gemäss Anklageschrift rief er die Familien im Kanton Bern und Solothurn auch an. Er soll deren Umfeld im Internet ausgekundschaftet haben. Er speicherte sogar ein Bild des Knaben der Solothurner Familie ab und ging durch das Quartier der Familie.

Am 11. Mai 2016 - nur einen Tag vor der Verhaftung in Aarau - war der Mann mit dem Auto seiner Mutter im Wohnquartier dieser Familie unterwegs. Er rief die Familie am Nachmittag an. Der Beschuldigte hatte vor, das Gleiche zu tun wie in Rupperswil, wie es in der Anklageschrift heisst: "Er liess dann aber an diesem Tag von seinem Plan ab und fuhr wieder nach Hause."

Der Angeklagte schrieb seine Pläne in ein schwarz-weisses Notizbuch, in dem er Bilder von mehr als zehn Jugendlichen "fein säuberlich abgelegt, jeweils mit Namen und anderen Informationen wie Wohnort, Schule etc.", wie es in der Anklageschrift heisst.

Auf einer externen Harddisk speicherte der Beschuldigte insgesamt 1004 Videos mit pädophilen Darstellungen, hinzu kamen 10'489 Bilder gleicher Art.

Bei der Opferfamilie als Schulpsychologe ausgegeben

Am Tattag, dem 21. Dezember 2015, hatte sich der Angeklagte Zugang zum Haus seiner Opfer mittels eines gefälschten Briefes der Kreisschule Buchs-Rohr verschafft. Er gab sich als Mitarbeiter des Schulypsychologischen Dienstes der Schule aus.

Der Angeklagte hatte schon länger einen Blick auf den 13-jährigen Sohn der Opferfamilie geworfen, wie aus der am Montag veröffentlichten Anklageschrift hervorgeht. Der Beschuldigte habe seit vielen Jahren um seine pädophile Veranlagung gewusst.

Mit zuvor gekauften "Sexspielzeugen" missbrauchte er den Jugendlichen mehrfach - und machte dabei Aufnahmen. Der Beschuldigte lud gemäss Anklageschrift die von ihm gemachten Fotos und Filmaufnahmen, welche die sexuellen Handlungen mit dem Jugendlichen zeigen, noch am Tag des Vierfachmordes von seinem Mobiltelefon auf seinen Laptop.

Täter schaute sich Aufnahmen immer wieder an

Die Aufnahmen der sexuellen Handlungen seien für die Zukunft gedacht gewesen. Wie aus der Anklageschrift weiter hervorgeht, schaute sich der Schweizer diese immer wieder an - letztmals am 6. Mai 2016. Sechs Tage später wurde er in Aarau verhaftet, 146 Tage nach dem Gewaltverbrechen.

Bei den Opfern des brutalen Vierfachmordes handelt es sich um eine 48-jährige Frau, deren Söhne im Alter von 13 und 19 Jahren sowie um die 21-jährige Freundin des älteren Sohnes.

Gemäss der Anklageschrift tötete der Angeklagte zunächst den 19-Jährigen, dann dessen Freundin und die 48-jährige Frau. Zuletzt brachte er den 13-Jährigen um.

Die Tatwaffe war ein zuvor gekauftes Messer, mit dem er den Opfern die Kehle durchschnitt. Um die Spuren zu verwischen, hatte er im Rucksack auch sechs Flaschen Fackelöl dabei. Dieses schüttete er in den Räumen aus und zündete es an.

Weitergelebt, als wäre nichts gewesen

"Das Leben des Beschuldigten verlief weiter wie vor der Tat", heisst es in der Anklageschrift.

Nach dem Gewaltverbrechen war der Mann nach Hause gegangen. Er wohnte bei seiner Mutter in der Nähe des Tatorts in Rupperswil. Während die Feuerwehr versuchte, den Brand zu löschen, duschte er. Im Laufe des Nachmittags machte er mit seiner Mutter einen Spaziergang mit seinen zwei Husky-Hunden. Am Abend ging er mit zwei Kollegen nach Zürich in den Ausgang.

Das Geld, welches die Frau an zwei Bancomaten abgehoben hatte, verwendete er für das Nachtessen in Zürich am Tag des Verbrechens, für Tierarztrechnungen und für Krankenkassenprämien. Zudem finanzierte er seiner Mutter zum 60. Geburtstag eine Reise nach Paris.

Der Schweizer ist wegen mehrfachen Mordes angeklagt. Er muss sich auch verantworten wegen wegen mehrfacher räuberischer Erpressung, mehrfacher Geiselnahme, mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind, mehrfacher sexueller Nötigung, Brandstiftung sowie mehrfacher strafbarer Vorbereitungshandlungen. Er muss mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe und einer Verwahrung rechnen.

Die Untersuchungskosten belaufen sich auf rund 504'000 Franken. Aus der Anklageschrift geht nicht hervor, wie die Ermittlungsbehörden letztlich auf den mutmasslichen Täter kamen.

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