Nach dem massiven Hackerangriff auf Politiker und Prominente sind in Deutschland die Behörden unter Druck geraten. Die SPD nahm Innenminister Horst Seehofer (CSU) in die Pflicht. Auch am Präsidenten des Bundesamts für IT-Sicherheit wurde heftige Kritik laut.
Es müsse schnell und genau aufgeklärt werden, "welche Behörde wann was gewusst hat und wie darauf reagiert wurde", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Sonntag. "Für Horst Seehofer sollte das Priorität haben. Es geht um den Schutz unserer Demokratie." Klingbeil beklagte ein "Durcheinander bei den Sicherheitsbehörden".
Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) übte scharfe Kritik am Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). "Es ist empörend, dass gestohlene Daten tagelang im Netz präsentiert werden und die zuständige Behörde nichts unternimmt, um die Betroffenen zu informieren und zu schützen", sagte Oppermann der "Bild am Sonntag". "Wenn auch das BKA nicht informiert war, gibt es offenkundig gravierende Mängel in der Koordination der Sicherheitsbehörden."
Hunderte Politiker und Prominente betroffen
Er forderte Seehofer ebenfalls zum Handeln auf: "Das BSI muss zentrales Cyber-Abwehrzentrum in Deutschland werden und Innenminister Seehofer muss begreifen, dass dies eine der wichtigsten Aufgaben bei der inneren Sicherheit ist und in den kommenden Jahren auch bleiben wird."
Auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch nahm Seehofer ins Visier, da das BSI in dessen Geschäftsbereich liege. "Der Vorgang muss zügig lückenlos aufgeklärt werden", sagte er. Bartsch forderte zudem eine Neuaufstellung des BSI. In der Behörde müsse "über Struktur, Aufgaben und Informationspolitik neu entschieden werden".
Der Diebstahl persönlicher Daten hunderter deutscher Politiker und Prominenter war am Freitag öffentlich geworden. Links zu den Datensätzen wurden über einen mittlerweile gesperrten Account im Kurzbotschaftendienst Twitter verbreitet. Opfer der Veröffentlichung waren mit Ausnahme der AfD alle Parteien im Bundestag.
Behörde rudert zurück
BSI-Präsident Arne Schönbohm sieht sich wegen seines Vorgehens in dem Skandal mit kritischen Fragen konfrontiert. Schönbohm hatte am Freitagabend dem Sender Phoenix gesagt: "Wir haben schon sehr frühzeitig im Dezember auch schon mit einzelnen Abgeordneten, die hiervon betroffen waren, dementsprechend gesprochen." Auch Gegenmassnahmen seien eingeleitet worden. Diese Aussage war bemerkenswert, weil Kanzleramt und Bundeskriminalamt nach eigenen Angaben erst in der Nacht zu Freitag über die massenweise Daten-Veröffentlichung informiert worden waren.
Am Samstag stellte die Behörde ihr Vorgehen nach wachsender Kritik plötzlich anders dar. Man sei Anfang Dezember nur von einem einzigen Bundestagsmitglied über fragwürdige Bewegungen auf dessen E-Mail- und Social-Media-Accounts informiert worden. "Zu diesem Zeitpunkt gingen alle Beteiligten von einem Einzelfall aus", erklärte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Ein Zusammenhang zur Gesamtheit massenweise gestohlener oder veröffentlichter Daten sei erst jetzt im Nachhinein festgestellt worden.
"Arne Schönbohm hat mit seinen irreführenden Aussagen nur noch mehr Verunsicherung ausgelöst, anstatt zur Aufklärung in einer Krisensituation beizutragen", sagte die Linke-Netzpolitikerin Anke Domscheit-Berg der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter nannte die Informationspolitik des BSI gegenüber den Opfern der Attacke "stark irritierend". "Da müssen sich das BSI und Präsident Arne Schönbohm dringend zu erklären", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte den Funke-Zeitungen: "Im BSI muss über Struktur, Aufgaben und Informationspolitik neu entschieden werden."
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