Rechte Germanen Nationalistische Vergangenheit: Als «Asterix» noch «Siggi» hiess

tafu

29.10.2019

Die «Asterix»-Comics feiern in Frankreich ihren 60. Geburtstag. Im deutschsprachigen Raum wurden sie durch einen deutschen Verleger in den 1960er-Jahren zunächst für rechte Propaganda missbraucht.

60 Jahre ist es her, dass die Comic-Helden «Asterix und Obelix» das Licht der Welt erblickten: Am 29. Oktober 1959 erschien das erste Abenteuer des kleinen Galliers im französischen Jugendmagazin «Pilote» – die Geburtsstunde der erfolgreichsten französischen Comicserie. Im Gegensatz zu heutigen Veröffentlichungen erschienen die Geschichten jenseits von Frankreich wesentlich später.

Erst 1965 kaufte der deutsche Verleger Rolf Kauka die Lizenzen für die französischen Comics. Der aus Sachsen stammende Kauka wollte auf der Erfolgswelle von Walt Disney mitschwimmen und Comichefte auch im deutschsprachigen Raum bekannter machen. So hatte er zuvor eigens die Figuren «Fix und Foxi» kreiert, deren Abenteuer erstmals 1953 zu lesen waren.



Kauka veröffentlichte die Geschichten von «Asterix und Obelix» erstmals 1965 in seiner Zeitschrift «Lupo modern». Allerdings adaptierte er die Comics der Schöpfer René Goscinny und Albert Uderzo nicht nur für den deutschsprachigen Raum – er drückte den Galliern seinen ganz eigenen, deutsch-nationalen Stempel auf.

Aus Galliern werden Germanen

So wurden aus den Galliern «Asterix und Obelix» die Germanen «Siggi und Babarras». Doch damit nicht genug: Kaukas politisch rechte Gesinnung kam in den Comics eindeutig zum Vorschein. 20 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zeigte sich Kaukas Adaption der französischen Comics nationalistisch, antiamerikanisch und antikommunistisch.

Seit dem 24. Oktober gibt es mit «Die Tochter des Vercingetorix» Nachschub für Fans von «Asterix und Obelix».
Seit dem 24. Oktober gibt es mit «Die Tochter des Vercingetorix» Nachschub für Fans von «Asterix und Obelix».
Bild: Asterix® – Obelix® – Idefix ® / © 2019 Les Éditions Albert René / Goscinny – Uderzo

Die Einleitung zur ersten Geschichte «Die goldene Sichel» begann mit den Worten: «So um die Zeitwende müssen sich die Germanen verzweifelt gegen die ungebetenen Gäste aus allen Himmelsrichtungen wehren. Bis auf die kleine Fliehburg Bonnhalla ist ganz Germanien besetzt.» Nicht nur «Bonnhalla» ist an die frühere Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, und den nordischen Sagenort Walhalla angelehnt.

Der Druide, der inzwischen im Deutschen auf den Namen «Miraculix» hört, trug bei Kauka noch den Namen «Konradin» – in Anspielung auf den ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer. Während es sich hierbei allerdings noch um Wortspielereien handelte, bekam «Siggi und Babarras» durch Kauka eindeutig antisemitische Dimensionen verpasst.


Wenn Siggi über Babarras’ Hinkelstein sagt: «Musst du denn ewig diesen Schuldkomplex mit rumschleppen? Germanien braucht deine Kraft wie nie zuvor», ist das die eindeutige Aufforderung, 20 Jahre nach der Schoah die Verbrechen der Deutschen nun endlich abzuhaken. Die Römer bleiben bei Kauka zwar Römer, sprechen aber kaugummikauend mit amerikanischem Akzent. Der heute als Majestix bekannte Häuptling wird gelegentlich mit den Worten «Heil Hein Mark» begrüsst.



«Kauka passte in seiner nationalistischen Gesinnung die Übersetzung an die politische Situation des Kalten Krieges an», erklärt Comic-Experte Cuno Affolter gegenüber dem SRF. «Zu jener Zeit haben leider viele Leute in Deutschland so gedacht.» Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges habe sich das Gedankengut der Nationalsozialisten nicht einfach in Luft aufgelöst. Obendrein seien die Übersetzungen auch noch sehr schlecht vorgenommen worden. «Sie zeugen nicht von einer Leidenschaft für Comics, sondern repräsentieren den Geschäftssinn Kaukas», so Affolter weiter.

Ein Jahr lang hatte Rolf Kauka so seine Version der Comics veröffentlichen können, bis die französischen Rechteinhaber genug von derlei Propaganda hatten. Der Verlag kündigte auf Veranlassung von Goscinny den Vertrag mit Kauka und lässt seither alle Übersetzungen vor Veröffentlichung von einem französischen Germanisten prüfen.

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