Lebendig in Höhle begraben Opfer-Anwalt: «Er liess ihn elendiglich verrecken»

hael, sda

18.10.2022 - 13:58

Ein 23-Jähriger soll einen Kollegen in dieser Höhle am Bruggerberg lebendig begraben haben. Er muss sich seit Montag vor dem Bezirksgericht Brugg verantworten.
Ein 23-Jähriger soll einen Kollegen in dieser Höhle am Bruggerberg lebendig begraben haben. Er muss sich seit Montag vor dem Bezirksgericht Brugg verantworten.
Screenshot Tele M1

Am zweiten Prozesstag zum Mord am Bruggerberg spricht der Opferanwalt von einem «hinterhältigen und abartigen» Verbrechen. Er fordert ein hohes Schmerzensgeld für die Familie. Der Verteidiger sieht keine geplante Tat.

Keystone-SDA, hael, sda

Am Bezirksgericht Brugg AG hat der Verteidiger am Dienstag eine Verurteilung seines Mandanten wegen Mordes für die Tat am Bruggerberg anerkannt. Vom Mordvorwurf in Bezug auf den Vorfall im Tessin sei der 23-Jährige dagegen freizusprechen.

Dass es sich bei der Tat am Bruggerberg um Mord handle, sei unbestritten, räumte der Verteidiger ein. Es sei eine schreckliche Tat gewesen, die der Beschuldigte auch eingestanden habe.

Sein Mandant sei mit zwölf Jahren Freiheitsentzug zu bestrafen. Eine stationäre Massnahme sei nötig, wenn der Beschuldigte einst ein deliktloses Leben solle führen können. Sonst wäre es wohl nur eine Frage der Zeit, bis der junge Mann erneut straffällig werde.

Allerdings sei eine Massnahme für junge Erwachsene zu wählen, die maximal vier Jahre dauere. Die Staatsanwältin fordert dagegen eine Massnahme für schwer gestörte Straftäter, die zwar auch nur fünf Jahre dauert, wenn nötig aber immer wieder verlängert werden kann.

«Störung berücksichtigen»

Auch wenn die Schuldfähigkeit seines Mandanten laut Psychiater bei der Tat nicht eingeschränkt gewesen sei, müsse seine schwere psychische Störung bei der Strafzumessung berücksichtigt werden. Sie erschwere es ihm, sich an Regeln und Normen zu halten.

Der Schweizer hat am 7. April 2019 bei einer Wanderung einen 24-jährigen Kollegen unter dem Vorwand einer Mutprobe dazu gebracht in eine Höhle am Bruggerberg zu kriechen. Dann schüttete er den Eingang mit Steinen und Erde zu. Der Eingeschlossene hatte keine Überlebenschancen. Ein Jahr später wurde die Leiche entdeckt. Wiederum ein Jahr später wurde der Beschuldigte festgenommen.

«Keine geplante Tat»

Den Höhleneingang zuzuschütten, sei ein spontaner Entschluss gewesen, sagte der Verteidiger. Er habe das nicht geplant, wie es die Anklage annehme. Das sei mit seiner Persönlichkeit auch gar nicht anzunehmen. Laut Psychiater hat der junge Mann eine dissoziale Störung, leidet an ADHS und weist einen IQ von 71 auf.

«Kein Mordversuch»

Vom Vorwurf des Mordversuchs dagegen sei sein Mandant freizusprechen. Dafür gebe es keine Beweise und kein Geständnis. Bei jenem Vorfall im Tessin eine Woche vor dem Tötungsdelikt handelte es sich laut Verteidiger um einen Unfall, vermutlich wegen ungeeigneter Ausrüstung.

Der Beschuldigte hat damals laut Anklage den 24-jährigen einen Steilhang hinunter gestossen. Es lasse sich heute nicht mehr rekonstruieren, was damals geschehen sei. Frühere Aussagen seines Mandanten, welche für beide Fälle die Version der Anklage stützen, versuchte der Verteidiger ebenfalls mit Hinweis auf die Störungen des Beschuldigten zu entkräften.

Ebenfalls freizusprechen sei der Beschuldigte von jenen Nebendelikten, die er nicht eingestanden habe. Dabei handelt es sich um Diebstahl und Hausfriedensbruch.

Opferanwalt: «Taten waren berechnend, geplant»

Der Anwalt der Opferfamilie sprach indes von einem gezielten Mordversuch und geplanten Mord, berichtet «20 Minuten» vom Prozess. Er erklärte, die Taten seien «berechnend, geplant, hinterhältig und abartig» gewesen. Der Beschuldigte habe seinen Freund «elendiglich verrecken lassen». Er verlangt für die Eltern ein Schmerzensgeld von je 80'000 Franken, für die beiden Schwestern je 25'000 Franken Genugtuung.