Volle Lehrsäle und keine SeifeCorona-Sorge an der Sorbonne
AP/toko
19.9.2020
Zurück an die Uni in Frankreich: Studenten beklagen überfüllte Lehrsäle und fehlende Seife in Zeiten von Corona. Quer durchs Land wurden bereits mehrere Infektionscluster bekannt.
Mund-Nasen-Schutz – ob das reicht? Inmitten überfüllter Lehrsäle stellt sich die Frage vielen Studentinnen und Studenten in Frankreich, die wieder an die Unis zurückgekehrt sind. Doch schon sind die ersten Corona-Cluster aufgetreten.
«Wir kommen unter Bedingungen an die Uni zurück, die doch etwas extrem sind», sagt die 20-jährige Literaturstudentin Elise Gilbert an der Pariser Sorbonne. «Und wir fürchten, dass wir uns mit Covid-19 anstecken könnten», erklärt sie mit Blick auf die Hörsäle, die so voll sind, dass immer wieder Studierende auf dem Boden sitzen müssen.
Abstand geht nicht immer
Seit der Wiederaufnahme des Unterrichts an den französischen Schulen und Hochschulen in diesem Monat sind bereits mindestens ein Dutzend Infektionscluster bekanntgeworden. Während in anderen Ländern Europas vielfach weiter auf Online-Veranstaltungen gesetzt wird, ist an den Universitäten in Frankreich wieder mehr Präsenz angesagt. Jetzt in Zeiten von Corona ist vor allem eines anders: Mund und Nase müssen bedeckt sein.
In sozialen Medien bekunden Studierende ihren Unmut über die Bedingungen, die sie dabei an den Hochschulen vorfinden. Unter dem Hashtag #Balancetafac (etwa: Verpetze deine Uni) rufen sie auf Twitter auf, Bilder von überfüllten Sälen und Korridoren zu verbreiten.
Dass sich Abstandsregeln einfach nicht einhalten lassen, ist in vielen Fällen klar. «Wir versuchen das Möglichste, auf Abstand zu achten», erklärt etwa Corantin Renoult an der Pariser Uni. «Aber das geht nicht immer.»
Keine Seife
Studenten berichten auf Twitter auch von fehlender Seife zum Händewaschen oder von Räumen ohne Fenster, die nicht zu lüften sind. Beklagt wird auch, dass die Tische zwischen den Vorlesungen nicht desinfiziert werden.
Es ist im Moment ziemlich schwer», bekräftigt die Vizedirektorin der Englisch-Fakultät der Sorbonne, Franziska Heimburger. «Wir haben nicht mehr Lehrkräfte, wir haben nicht mehr Platz, also müssen wir so gut unterrichten, wie es eben geht.» Wenn Studenten wegen Corona-Bedenken fernblieben, würde dies nicht bestraft, sagt Heimburger. «Ich habe Studenten, die bei ihren Grosseltern leben und sie haben Sorge», erklärt sie.
Zu den vollen Hörsälen trägt die steigende Zahl der Studierenden in diesem Jahr bei. Nachdem die Prüfungen, die den Zugang zu den Hochschulen ebnen, in diesem Jahr ausfielen und die Zulassung aufgrund der Schulnoten erfolgte, qualifizierten sich deutlich mehr als sonst. Rund 270'000 junge Frauen und Männer schrieben sich ein und liessen die Zahl der Studenten auf 2,8 Millionen steigen.
Neuinfektionen steigen rasant
Die Bedingungen variieren stark von Einrichtung zu Einrichtung. Manche können die Kursstärke klein halten oder wechseln stärker zwischen Präsenz- und Online-Unterricht. So manche Fakultät musste aber auch bereits wieder zeitweise schliessen und die Lehre wieder komplett ins Internet verlagern, nachdem quer durchs Land Dutzende Studenten positiv auf Corona getestet worden waren.
In Frankreich, wie in weiten Teilen Europas, nimmt die Zahl der täglich gemeldeten neuen Corona-Infektionen wieder rapide zu. Bis Freitag waren rund 429'000 Fälle bestätigt, zuletzt mit einem Rekordanstieg von mehr als 13'000 binnen eines Tages. Mit oder an Corona starben bislang rund 31'000 Menschen in Frankreich.
Derweil bereiten sich auch die Hochschulen in weiteren europäischen Ländern auf das nächste Trimester oder Semester vor. An der Universität von St. Andrews in Schottland, wo die Vorlesungszeit am Montag beginnt, bleibt beispielsweise vieles weiter im Online-Modus. Am University College London (UCL) werden die Gebäude jeweils nur zu einem Viertel zeitgleich genutzt werden. Und Masken sind Pflicht.
Ihm stehe ein Expertenteam für öffentliche Gesundheit zur Seite, das ihn in Fragen von Tests und Kontaktnachverfolgung berate, sagt UCL-Präsident Michael Arthur. Daher sei er einigermassen zuversichtlich, einen Corona-Ausbruch schnell eindämmen zu können. Denn dass es einen geben wird, da ist sich Arthur ziemlich sicher.