Mayday über dem Atlantik Die Tragödie von Swissair Flug 111: Ein Kurzschluss kostete 229 Leben

Von Silvana Guanziroli

30.8.2018

Der Tag vor genau 20 Jahren ist der bisher schwärzeste in der Geschichte der Schweizer Luftfahrt. Vor der kanadischen Küste bei Halifax stürzte kurz nach 1.30 Uhr Swissair Flug 111 in die Fluten des Atlantiks. Als die MD-11 von den Radarschirmen verschwand, kam für die 229 Insassen der Maschine jede Hilfe zu spät. Noch heute leiden die Angehörigen unter dem fürchterlichen Verlust.

Diese Tragödie traf die Schweiz völlig unvorbereitet und Mitten ins Herz. Mit Tagesanbruch des 3. September 1998 verbreitete sich die schreckliche Nachricht in Windeseile im ganzen Land. Dass ausgerechnet eine Swissair Maschine abgestürzt sei, war für viele zunächst unfassbar. Galt die Schweizer Fluggesellschaft doch als eine der sichersten der Welt.

Schnell wurde indes aus den ersten kurzen Meldungen traurige Gewissheit. Für die Insassen der McDonnell Douglas MD-11, die von New York nach Genf hätte fliegen sollen, gab es keine Rettung mehr. Beim Absturz kamen alle 229 Insassen ums Leben. 

Dabei hatte lange Zeit nichts auf die sich anbahnende Katastrophe hingedeutet. Pünktlich war die Maschine in New York gestartet, hatte schnell die passende Flughöhe erreicht und den richtigen Kurs eingeschlagen. Auch während weiterer 52 Minuten sollte an Bord alles nach Plan verlaufen. Dann bemerkten die Piloten aber einen komischen Geruch. Sie machten sich auf die Suche nach der Ursache. Wie auf dem Voice Recorder zu hören ist, führten sie ihn zunächst auf die Klimaanlage zurück («Air conditioning, is it?», «Yes»)  

Pilot meldete Flammen im Cockpit

Nach weiteren drei Minuten meldeten die Piloten bereits Rauch im Cockpit. Die Crew wollte darauf sofort den nächsten Flughafen anfliegen, hatte dafür aber zu viel Treibstoff an Bord.  Sie musste eine Extraschleife über den Atlantik fliegen, um das Kerosin ablassen zu können. 14 Minuten nachdem die Crew den ersten Brandgeruch wahrgenommen hatte, setzten Pilot und Copilot einen «Emergency Call» ab und ergänzten diesen Hilferuf mit der Aussage: «We have to land immediate...» («Wir müssen sofort landen...»). Zu diesem Zeitpunkt fielen an Bord bereits wichtige Instrumente aus und die Sicht nach draussen war durch den Rauch kaum noch möglich. Erste Flammen erreichten das Cockpit.

Nur eine Minute später verlor die Luftraumkontrolle den Kontakt zur Maschine, nach sechs weiteren Minuten verschwand das Flugzeug vom Radarschirm.

Maschine zerschellte in tausend Einzelteile

Die MD-11 zerschellte auf dem Wasser in tausend Einzelteile. Diese sanken vor der kanadischen Küste bei Peggy's Cove bis auf den Meeresgrund in 55 Metern Tiefe. Die Bergungsarbeiten dauerten monatelang. Die Wrackteile wurden in einer Halle mit Hilfe eines Gerüstet wieder zu einem Flugzeug zusammengesetzt. Es sollte die Suche nach der Unglücksursache erleichtern. 

Zehn Kilometer vor Peggy's Cove stürzte die Swissair Maschine in den Atlantik.
Zehn Kilometer vor Peggy's Cove stürzte die Swissair Maschine in den Atlantik.
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Es dauerte über vier Jahre und kostete umgerechnet rund 30 Millionen Franken, bis die kanadische Transportsicherheitsbehörde TSB ihren Abschlussbericht vorlegen konnte. Das Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation veröffentlichte eine Zusammenfassung des Berichtes auf seiner Homepage. Hier kam man zum Befund, dass ein Kurzschluss – ausgelöst durch die gebrochene Isolierung eines Kupferkabels hinter der oberen Cockpitverkleidung – den Brand ausgelöst hatte. Das Feuer konnte sich zudem so schnell ausbreiten, weil die Thermoschallisolation brennbar war.

Als Folge der Katastrophe von Halifax wurden 14 neue Sicherheitsempfehlungen für die Luftfahrt erlassen. Airlines auf der ganzen Welt ersetzten die brennbare Isolation gegen feuerfeste und bei Rauchentwicklung an Bord wird heute sofort eine Landung auf dem nächsten Flughafen vorbereitet.

In Peggy's Cove, wo nach der Flugkatastrophe ein Denkmal für die Opfer errichtet wurde, findet heute zum 20. Jahrestag für die Hinterbliebenen aber auch für jene, die damals bei der Bergung der Opfer geholfen haben, ein Gedenkgottesdienst statt.

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