Schweizer Fälle Diese ungeklärten Morde stellen die Polizei bis heute vor Rätsel

tafi

15.9.2019

In der Nacht auf den 20. März 2010 wurde im Zürcher Kreis 5 ein 17-jähriger Schweizer Gärtnerlehrling vor einem Szeneclub getötet. Bis heute ist die Tat nicht aufgeklärt. Auf dem Bild ist der mutmassliche Täter zu sehen.
In der Nacht auf den 20. März 2010 wurde im Zürcher Kreis 5 ein 17-jähriger Schweizer Gärtnerlehrling vor einem Szeneclub getötet. Bis heute ist die Tat nicht aufgeklärt. Auf dem Bild ist der mutmassliche Täter zu sehen.
Kapo Zürich

Ein Lehrling wird vor einem Club erstochen, ein Rabbi am hellichten Tag erschossen, und im Heidiland geschehen innert Stunden zwei Morde. Bei welchen Tötungsdelikten die Polizei seit Jahren im Dunkeln tappt.

Hunderte Zeugen werden angehört, kein Stein bleibt auf dem anderen, unzählige Spuren werden verfolgt: Doch manchmal kann die Polizei Verbrechen trotz intensiver Ermittlung jahrzehntelang nicht aufklären. Auf den Fahndungslisten der Kantonspolizei finden sich zahlreiche ungelöste Verbrechen.

Unter diesen Fällen sind auch einige Tötungsdelikte. Das perfide daran: Mord verjährt in der Schweiz nach 30 Jahren. Für den Glarner Autor Walter Hauser ist diese Frist «ungerecht und stossend». Denn während sich die Täter sicher fühlen können und nicht mehr fürchten müssen, zur Rechenschaft gezogen zu werden, leiden die Betroffenen weiter – bis an ihr Lebensende.

«Bluewin» stellt fünf Tötungsdelikte vor, bei denen die Polizei bis heute keine Täterschaft feststellen konnte. Sie sind noch nicht verjährt, aber reichen bis ins Jahr 1996 zurück.

2012: Zwei Morde ohne Mörder in Heidiland

Am 10. September 2012 findet die Polizei im Heidiland zwei Leichen. In Bad Ragaz SG wird Harry L. (†46) ermordet. Der schweizerischdeutsche Doppelbürger galt als gesellig und humorvoll. Er war einer, der half, wo er konnte und keine Scheu hatte anzupacken. Laut Polizei wurde er in der Nacht von Sonntag auf Montag im Zoo der Kurstadt, wo er aushilfsweise arbeitete, überwältigt, gefesselt und wie im Rausch erstochen. Zeugen gab es nicht, die Tatwaffe wurde nie gefunden, und ein Verdächtiger kam nach einem Monat Untersuchungshaft wieder frei.



Am selben Tag wurde nur zwei Kilometer Luftlinie entfernt der 59-jährige Arthur B. tot aufgefunden. Die Leiche befindet sich auf dem Landwirtschaftsbetrieb von Ex-Nationalrat Elmar Bigger in Vilters SG. Das Opfer und der Hofbesitzer waren gute Freunde. Bigger war nicht zu Hause  und erfuhr am Telefon vom Tod seines Freundes.

An dessen Leichnam fand die Gerichtsmedizin einige Blessuren, die von einem Zusammenprall mit einem Fahrzeug stammen könnten, andere wiederum waren eindeutig nicht auf einen Zusammenstoss mit einem Auto zurückzuführen. Auch der Angriff eines Stiers wurde nicht ausgeschlossen. Allerdings konnte der Obduktionsbericht nicht klären, ob Arthur B. durch einen Unfall oder ein Tötungsdelikt ums Leben kam.

Zwei Tote an einem Tag: Einer in einem Zoo (Bild), der andere auf dem Hof eines Alt-Nationalrates. Bis heute ist unklar, was im September 2012 im Heidiland genau geschah.
Zwei Tote an einem Tag: Einer in einem Zoo (Bild), der andere auf dem Hof eines Alt-Nationalrates. Bis heute ist unklar, was im September 2012 im Heidiland genau geschah.
Joseph Khakshourri

2010: Gärtnerlehrling vor Zürcher Club ermordet

In der Nacht auf den 20. März 2010 wurde im Zürcher Kreis 5 ein 17-jähriger Schweizer Gärtnerlehrling vor einem Szeneclub getötet. Bis heute ist die Tat nicht aufgeklärt. Vermutlich wurde das Opfer erstochen – der Täter wird auch über acht Jahre später noch gesucht.

Laut Polizei fuhr er «ein auffälliges, dunkles Velo, einen sogenannten Beach-Cruiser mit geschwungenem Rahmen». Beschrieben wird der Verdächtige als «Typ Latino, gebrochen Deutsch sprechend, hat schlechte Zähne und dunkles Haar». Einzig ein unscharfes Schwarz-Weiss-Video einer Überwachungskamera soll ihn zeigen. Gefasst wurde er nicht.

2004: 22-Jährige bei Raubmord in Altendorf erschossen

Beim Überfall auf ein Reisebüro in Altendorf SZ wird am 27. Februar 2004 eine 22-jährige Angestellte erschossen. Die Täterschaft entwendet eine Geldkassette mit mehreren Hundert Franken Bargeld aus den Geschäftsräumen. Die Polizei geht von einem Raubmord aus, kommt bei den Ermittlungen aber nicht weiter. Ein Hauptaugenmerk der Untersuchung liegt auf der verwendeten Munition. Sogar in der Fernsehsendung «Aktenzeichen: XY... ungelöst» wird der Fall rekonstruiert – bislang ohne Erfolg.

2001: Zürcher Rabbi auf offener Strasse erschossen

Im Sommer 2001 ist der israelische Rabbiner Abraham Grünbaum im Zürcher Kreis 4 auf dem Weg zu einer Synagoge und wird am Hallwylplatz erschossen. Die Polizei hat kaum brauchbare Spuren, findet am Tatort lediglich zwei Patronenhülsen und Zigarettenstummel. Auf einem Überwachungsvideo ist eine kaum erkennbare Person zu sehen, die wegrennt. Während ein Raubüberfall ausgeschlossen wird, weil das Opfer noch 1000 Franken Bargeld bei sich trug, rücken rassistische Motive in den Fokus der Ermittlungen. Sogar eine Verbindung zur deutschen Terrorzelle NSU wird intensiv geprüft.

Hier wurde der Rabbiner Abraham Grünbaum erschossen. Die Polizei ging von einem rassistischen Motiv aus, konnte aber keinen Täter ermitteln.
Hier wurde der Rabbiner Abraham Grünbaum erschossen. Die Polizei ging von einem rassistischen Motiv aus, konnte aber keinen Täter ermitteln.
Keystone

1996: Verschwunden an der Autobahnraststätte

Der Fall Heidi Scheuerle liegt am längten zurück. Die junge Journalistin war im Oktober 1996 per Autostopp auf dem Weg zu einer Recherche von Kreuzlingen nach Weil am Rhein. Gegen 13 Uhr wird sie auf dem Rastplatz Forrenberg bei Winterthur das letzte Mal lebend gesehen. Einige Tage später wird die junge Frau als vermisst gemeldet. Die Polizei sucht mit Plakaten und Aufrufen in Radio und Fernsehen nach Heidi Scheuerle und überprüft 319 Verdächtige. Erfolglos.

Vier Jahre später findet ein Wanderer bei Spreitenbach AG einen menschlichen Schädel. Die Polizei sucht nach weiteren Teilen des Skeletts, das unvollständig bleibt. Weil sich die Rechtsmedizin bei der Liegezeit verschätzt, dauert es weiter zwei Jahre, bis der Fund mit der Vermissten abgeglichen wird und feststeht, dass die Knochen von Heidi Scheuerle stammen. Es gibt nun die Gewissheit, dass sie Opfer eines Gewaltverbrechens wurde. Mehr aber nicht: Vom Täter fehlt bis heute jede Spur.

Fahndung nach RAF-Terroristen

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