Dank Dan Brown weiss heute jeder Bescheid über die Tempelritter. Deshalb wird die DNA-Analyse eines Skeletts aus einem Grab in Verona mit Spannung erwartet: Ist es der Templer-Grossmeister Arnau de Torroja? Der «Vaterschaftstest» verzögert sich wegen der Coronakrise.
«Mein persönliches Dan Brown-Erlebnis». So nennt es der auf alte DNA spezialisierte Bioarchäologe Jan Cemper-Kiesslich vom Fachbereich Gerichtsmedizin und Forensische Neuropsychiatrie der Universität Salzburg. Brown feierte nicht umsonst mit seinen Thrillern rund um das Vermächtnis der legendenbehafteten Tempelritter grosse Erfolge.
Im Gegensatz zu den Brownschen Kopfgeburten ist der Stoff im Projekt der Forscher-Teams aus Italien, Österreich und der Schweiz viel wissenschaftlicher und trotzdem abenteuerlich: So stiess der Magister der Katholischen Templer Italiens (Templari Cattolici d'Italia), Mauro Ferretti, bei der Renovierung der Kirche von San Fermo in Verona auf einen Steinsarkophag, der mit Zeichen versehen war, die stark auf einen dort begrabenen bedeutenden Tempelritter schliessen liessen.
Über den Rechtshistoriker Daniele Mattiangeli von der Uni Salzburg stiess das Team um den forensischen Molekularbiologen im Herbst 2019 zur Analyse des Fundes dazu. Die Wissenschaftler nahmen eine erste Sichtung vor und entnahmen Proben am Skelett. «Unsere Fragestellung ist, ob die Gebeine in dem Sarkophag diejenigen des Arnau de Torroja sind», so Cemper-Kiesslich.
Coronakrise verhindert «Vaterschaftstest»
Bei ihren Analysen gingen die Wissenschaftler zunächst genau so vor, wie dies bei einem völlig unbekannten Skelettfund der Fall wäre. So wurden Körpergrösse, Geschlecht und Händigkeit des Verstorbenen festgestellt und Rückschlüsse auf vorhandene Krankheiten oder Verletzungen gezogen. Mittels Radiokarbondatierung schätzten die Forscher ausserdem die Zeit, die seit dem Tod vergangen ist.
Im so eingegrenzten Zeitfenster zwischen 1166 und 1259 liegt auch das überlieferte Sterbejahr des einstigen Grossmeisters (1184). Der in Verona gefundene Verstorbene war überdies Rechtshänder und zum Todeszeitpunkt zwischen 50 und 70 Jahre alt. All das passte sehr gut zu allem, was man heute über die historische Figur des einflussreichen Templers weiss.
Um diese Hinweise abzusichern, bedarf es jedoch weiterer Erbgutanalysen von Verwandten des fraglichen Mannes. Man weiss, dass mögliche Mitglieder der Familie Torroja in einigen katalanischen Städten und in ehemaligen Templerburgen bestattet wurden. Würde man hier DNA-Parallelen finden, «könnten wir eine Zusammenschau sämtlicher Befunde aufstellen und anhand der Daten die Hypothese beantworten», erklärte Cemper-Kiesslich, der die Vorgehensweise gewissermassen als «mittelalterlichen Vaterschaftstest» bezeichnete. Aufgrund der Corona-Pandemie konnten die notwendigen Untersuchungen der Überreste der Verwandten allerdings noch nicht durchgeführt werden.
Legitimation für aktuelle Templer
Abseits davon gibt es um die Frage, ob der Orden 1312 aufgelöst oder nur «vorübergehend suspendiert» wurde, so Mattiangeli in einer Aussendung der Uni Salzburg. Könne man nun festmachen, wo die Überreste des Grossmeisters Arnau de Torroja liegen, wäre das ein «wichtiger Anhaltspunkt» für die nachträgliche Legitimation zeitgenössischer Templerorden.
Anfang des 14. Jahrhunderts waren es vermutlich die Macht, der Einfluss und der Reichtum des ursprünglichen Ordens, die dem französischen König Philipp IV. und Papst Clemens V. ein Dorn im Auge war. Die als gewissermassen militärische Eliteeinheit fungierenden Tempelritter waren daraufhin in einen aufsehenerregenden, langwierigen Prozess verwickelt.
Licht auf das Pseudo-Ende der Templer
«Wir haben uns die originale Version des Pergaments von Chinon aus dem Jahr 1308 angesehen, in dem es um die Anklage gegen die Templer geht. Sie wurden von der Inquisition der Blasphemie und des Satanismus beschuldigt», so Mattiangeli.
Doch die neuen Ergebnisse der Rechtswissenschaftler «lassen uns daran zweifeln, dass der Orden tatsächlich für immer aufgehoben worden ist», so Mattiangeli. Demnach wurde in der nun wiederentdeckten päpstlichen Bulle «dignum esse conspicimus» festgehalten, dass diese eigentlich nicht bestraft oder exkommunizieren werden durften.
«Dieses Verbot würde aus juristischer Sicht die Nichtigkeit der Entscheidung über die Aufhebung des Templerordens durch Clemens dem V. zur Folge haben und ein ganz neues Licht auf das – nur vorläufige – Ende der Templer werfen», so der Rechtshistoriker.
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