Pannenflieger Ehemaliger Boeing-Ingenieur würde nicht mit der 737 Max fliegen

uri, mit Material von AP

29.7.2019

Bau einer 737 Max 8 im Boeing-Werk Renton im US-Staat Washington. 
Bau einer 737 Max 8 im Boeing-Werk Renton im US-Staat Washington. 
Bild: AP

Ein ehemaliger Boeing-Ingenieur erhebt schwere Vorwürfe gegen den Flugzeugbauer. Bei den Arbeiten an der Boeing 737 Max sei der Kostendruck sehr gross gewesen – notwendige Ressourcen hätten gefehlt, um den Job gut zu machen.

Adam Dickson war 30 Jahre bei Boeing tätig und leitete dort auch ein Team von Ingenieuren an, das an der nach Abstürzen in Misskredit geratenen Boeing 737 Max arbeitete. Der BBC erklärte Dickson, die Ingenieure hätten permanent unter dem Druck gestanden, die Kosten zu reduzieren. «Ich bemerkte tatsächlich einen Mangel an notwendigen Ressourcen, um den Job vollumfänglich zu erledigen», sagte er der Rundfunkanstalt.

Die gesamte Firmenkultur bei Boeing sei extrem kostenorientiert, und es herrsche grosser Druck, so der Ingenieur weiter. So seien die Ingenieure auch ganz besonderen Zielvorgaben ausgesetzt gewesen, um Kosten bei der 737 Max einzusparen. Auch hätten sie den Zwang verspürt, neue Funktionen gegenüber dem Vorgängermodell 737-800 herunterzuspielen, damit die Federal Aviation Administration FAA, die Bundesluftfahrtbehörde der Vereinigten Staaten, sie beim Zertifizierungsprozess nicht als wesentliche Veränderungen am Flugzeugdesign einstufte.

Nicht scharf genug kontrolliert

Dickson äussert seine Befürchtung, dass bei der 737 Max deshalb womöglich nicht scharf genug kontrolliert worden sei, was seiner Meinung nach in der Folge die Sicherheit der Maschine beeinträchtigt haben könnte. «Meine Familie wird nicht mit einer 737 Max fliegen. Es ist beängstigend, solch schwere Vorfälle zu sehen, weil ein System gar nicht oder nicht präzise funktioniert hat», sagte er der BBC. 



Boeing erklärte wiederum bei BBC, die Vorwürfe seien falsch. Man habe die 737 Max keineswegs verfrüht oder unfertig auf den Markt gebracht. Auch bei diesem Modell seien die Ansprüche des Unternehmens bezüglich der «Sicherheit, Qualität und Integrität» eingehalten worden. Auch würden jene Werte keineswegs den Zielen bei der Produktivität und der Unternehmensleistung entgegenstehen, sondern diese stattdessen ergänzen und sogar verstärken.

Millardenschwere Abschreibungen

Die 737 Max beförderte erstmals im Jahr 2017 Passagiere und wurde zunächst in rekordverdächtigen Zahlen geordert. Bei zwei Abstürzen von Maschinen des Modells waren in jüngster Zeit 346 Menschen gestorben. Seit März dieses Jahres sind deshalb alle 371 Maschinen der Typen MAX 8 und MAX 9 weltweit mit einem Flugverbot belegt.

Wegen der Krise rund um das Flugzeugmodell gab die US-Fluggesellschaft Southwest Airline – mit derzeit 34 Maschinen des Typs auch der grösste Abnehmer –,  kürzlich bekannt, dass sie die Flugzeuge frühestens Anfang Januar 2020 wieder einsetzen wolle. Die Airline ist mit der Ankündigung die erste, die nicht mehr an einen Start der Boeing-Maschine in diesem Jahr glaubt.

Boeing hat wegen der Krise um die 737 MAX den grössten Quartalsverlust seiner Unternehmensgeschichte verbucht, wie der Flugzeugbauer erst am Mittwoch mitgeteilt hatte. Die Kosten für die Krise zwingen das Unternehmen zu milliardenhohen Abschreibungen – Boeing schätzt sie derzeit auf 6,6 Milliarden Dollar.

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