Justiz Einst renommierter Berner Jurist wegen Betrugs verurteilt

hn, sda

16.3.2021 - 18:58

Der einst renommierte Berner Jurist Franz A. Zölch ist vom Gericht in Bern wegen gewerbsmässigen Betrugs verurteilt worden.
Der einst renommierte Berner Jurist Franz A. Zölch ist vom Gericht in Bern wegen gewerbsmässigen Betrugs verurteilt worden.
KEYSTONE/YOSHIKO KUSANO

Das Regionalgericht Bern hat den einst renommierten Juristen Franz A. Zölch wegen gewerbsmässigen Betruges zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt.

Keystone-SDA, hn, sda

18 Monate davon sind aufgeschoben mit einer Probezeit von drei Jahren, wie Gerichtspräsident Urs Herren am Dienstag bei der Urteilseröffnung bekannt gab. Ein Jahr muss Zölch absitzen, falls das Urteil rechtskräftig wird. Es kann allerdings noch an die nächsten oberen Instanzen weitergezogen werden.

Ob dies geschieht ist noch offen. Die Staatsanwaltschaft wird vorsorgliche Berufung einlegen und dann nach Studium des Urteils definitiv über einen Weiterzug befinden.

Staatsanwalt Roland Kerner sprach gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Dienstag von einem «eher milden Urteil». Er hatte eine Freiheitsstrafe von 56 Monaten gefordert.

Der Wind dreht sich

Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Ob sein Mandant das Urteil weiterzieht, blieb am Dienstagabend offen.

Auch die als Privatklägerinnen und -kläger am Prozess teilnehmenden Geschädigten wollen einen Weiterzug zunächst prüfen. Der Vertreter einer Geschädigten betonte, dass es ihm wichtig sei, dass nun «der Wind gedreht hat». Zölch sei endlich wegen gewerbsmässigen Betruges verurteilt, nachdem ihn die Berner Behörden lange Zeit hätten gewähren lassen.

Nicht reinen Wein eingeschenkt

In einzelnen Punkten wurde Zölch am Dienstag freigesprochen. In der Mehrheit der Fälle aber wurde er wegen gewerbsmässigen Betruges beziehungsweise Betruges und Betrugsversuchen schuldig gesprochen.

Die erste Gerichtsinstanz sah es als erwiesen an, dass Zölch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen bei Bekannten Darlehen aufnahm, die er nicht wie vereinbart zurückbezahlte. Dabei habe er seine Geldgeber arglistig getäuscht. Er habe gewusst, dass er tief im Schuldensumpf stecke.

Dennoch habe er seine Geldgeber glauben lassen, er stecke nur in einem kurzfristigen finanziellen Engpass. Zölch habe auf seine Bekanntheit als Medienrechtler, hoher Militär, Hochschuldozent, Bernburger und Ex-Mann einer Regierungsrätin vertraut.

Bei seinen Geldgebern handelte es sich um Bekannte und Freunde, von denen er laut Gerichtspräsident annahm, dass sie ihm vertrauten. Ausserdem hätten entsprechende Abklärungen über Zölchs tatsächliche Verhältnisse die Freundschaft belastet, weshalb wohl die Geldgeber davor zurückschreckten. Einer der Geprellten formulierte es so: «Freunden hilft man einfach.»

Spitze des Eisbergs

Ohnehin dürften die zehn Fälle, die vor dem erstinstanzlichen Berner Gericht verhandelt wurden, nur die Spitze des Eisbergs sein. Rund 50 Personen soll Zölch um Geld angebettelt haben. So kamen über die Jahre rund vier Millionen Franken zusammen.

Gerichtspräsident Urs Herren verwies am Dienstag auf den Umstand, dass Franz A. Zölch während der Deliktszeit durchaus auch Einkünfte gehabt habe. Rund 900'000 Franken seien es gewesen. Doch der Jurist habe nie Anstalten gemacht, damit Darlehen zurückzuzahlen.

Einst verkehrte Zölch in den ganz feinen Kreisen. Doch dann kam der Fall aus grosser gesellschaftlicher Höhe. Er steckte tief im Schuldensumpf.

Immer wieder gelang es ihm, seine Gläubiger hinzuhalten. Zölch, der zunehmend für Behörden schwieriger aufzufinden war, liess stets verlauten, er habe nicht mit Arglist gehandelt, sondern sei überzeugt gewesen, er könne das Geld zurückzahlen.

«Er ist wohl heute noch überzeugt, er könne das Geld zurückzahlen. Hier fehlt ihm jegliche Einsicht», sagte der Gerichtspräsident.

Vage Aussagen

Der Angeklagte habe sich gegenüber der Justiz mehrheitlich kooperativ verhalten, führte Herren aus. Allerdings sei Zölch bei Befragungen vielfach in seinen Aussagen unbestimmt geblieben und konnte oder wollte sich nicht erinnern. Auch angeblich abgelegte Dokumente fand er nicht wieder.

Etwas strafmildernd wirkte sich aus, dass der 72-Jährige krank ist und auch unter einer Vorverurteilung durch die Medien litt, wie Herren ausführte.