Gigantisches Projekt Endspurt über der Mosel: Mega-Brücke nimmt Gestalt an

dpa

19.8.2018

Unter ihr hätte sogar der Kölner Dom Platz. Die Hochmoselbrücke wird eine der grössten Brücken Deutschlands sein. Im Rohbau ist sie fast fertig: Der Brückenschlag kann gefeiert werden.

Fast geräuschlos schieben sich 32'000 Tonnen Stahl über das Moseltal. Ganz langsam und kaum sichtbar - Zentimeter für Zentimeter. Und dennoch ist dies der Endspurt für die grösste Brücke, die sich derzeit in Europa im Bau befindet. Nur noch wenige Meter, dann ist der Brückenschlag des 1,7 Kilometer langen Bauwerks komplett. Die bis zu 160 Meter hohe Hochmoselbrücke im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz soll ab 2019 eine direkte Strassenverbindung zwischen den Benelux-Staaten und dem Rhein-Main-Gebiet schaffen.

«Es ist ein grosser Meilenstein, wenn die Brücke jetzt die Eifelseite erreicht», sagt der Bauaufseher beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz, Christoph Schinhofen, an der Baustelle. «Ein bisschen Wehmut ist auch dabei, wenn eine so lange und interessante Bauzeit sich dem Ende zuneigt.» An der Brücke wird bereits seit 2011 gebaut, seit Sommer 2014 ist in insgesamt 13 «Verschüben» von grossen Stahlträgern über die zehn Pfeiler sukzessive der Überbau entstanden.

Nächste Woche Freitag (24. August) soll es so weit sein: Dann wird die vollendete Querung des Stahlüberbaus mit politischer Prominenz gefeiert. Das monumentale Bauwerk, das man im Moseltal aus vielen Kilometern Entfernung sieht, wird in Deutschland die Nummer zwei sein: Nur noch die Kochertalbrücke (maximale Höhe 185 Meter) in Baden-Württemberg sei höher, sagt der Projektingenieur.

Nicht allen jedoch wird zum Feiern zumute sein: Denn die gigantische Brücke ist seit ihrer Planung umstritten. Kritiker bemängeln, dass das Mega-Bauwerk das idyllische Landschaftsbild des Moseltals zerstöre. «Die Brücke baut das Tal nicht zu», sagt hingegen Schinhofen. Sie sei extra «so transparent wie möglich» gebaut worden: mit grossen Abständen zwischen schlanken Pfeilern und einem schlanken Überbau.

Auch waren Sorgen laut geworden, dass der Bau ein grosses Sicherheitsrisiko berge - und zwar auf Eifelseite, wo man vor einigen Jahren in 22 Metern Tiefe Erdverformungen von rund 0,6 Millimetern pro Jahr festgestellt hatte. Um diese Bedenken auszuräumen, mussten die Brückenbauer nachlegen. Sie bauten dort sechs unterirdische Betonsäulen - als zusätzlichen Schutz für den Fall, dass es irgendwann einmal erneut zu Bewegungen am Hang komme. «Die Brücke ist absolut sicher», sagt der Ingenieur.

Die Brückenkatastrophe von Genua hat auch den 50-Jährigen geschockt. Zu möglichen Ursachen könne er nichts sagen. «Das wäre alles unseriös.» In Deutschland jedenfalls sei noch «nie eine Brücke unter Verkehr zusammengebrochen», sagt er. Unglücke, die hier passierten, geschahen während der Bauphase, zum Beispiel, weil ein Traggerüst versagt habe.

Die Brücke lockt Wanderer und Touristen sowie Anwohner an, die schauen, wie es vorangeht. Etwa Franz Kappes und Robert Franzen aus Zeltingen. Sie sind an die Stelle gewandert, an der noch die Lücke klafft. «Die Brücke sieht ok aus, weil sie ja ziemlich filigran gebaut ist», sagt Kappes. Er könne die Brücke von seinem Schlafzimmer aus sehen. «Unsere Bedenken sind eigentlich nur die Geräusche später, wenn der Verkehr hier rollt.» Er hoffe, dass das nicht zu laut werde. Die Brücke sei ohnehin nicht mehr aufzuhalten. «Aufregen nützt ja nichts mehr.»

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