Auch die angeblich egoistischen Rabenvögel pflegen so etwas wie Grosszügigkeit – zumindest unter bestimmten Umständen. Diese sind laut Wiener Forschern gegeben, wenn die Tiere Jungvögel gemeinschaftlich aufziehen oder auf engem Raum zusammenleben.
Ein internationale Team um Lisa Horn vom Department für Verhaltens- und Kognitionsbiologie an der Universität Wien machte sich auf die Suche nach der Grosszügigkeit bei verschiedenen Vertretern von Raben, Krähen, Elstern und deren Verwandten. Ihnen allen ist gemein, dass sie erstaunliche Geistesleistungen vollbringen. Mit prosozialem Verhalten glänzten sie bisher aber eher nicht, heisst es am Donnerstag in einer Aussendung der Uni Wien. Das gelte vor allem für Raben, bei denen bisher vielmehr egoistische Züge zu verzeichnen waren.
«Spontane Grosszügigkeit, ohne dafür immer gleich eine Gegenleistung zu erwarten, ist ein Eckpfeiler der menschlichen Gesellschaft, dessen evolutionäre Grundlagen bis heute nicht vollends geklärt sind», so Horn. Es gibt Theorien darüber, dass vor allem das gemeinschaftliche Aufziehen von Kindern bei Frühmenschen ein Fundament dafür sein könnte.
«Eine andere Hypothese hingegen spekuliert, dass erst eine erhöhte Toleranz gegenüber Gruppenmitgliedern und ein reduziertes Aggressionsniveau eine solche Grosszügigkeit möglich gemacht haben.» Hinweise auf beide Argumentationslinien fand man bisher nur bei nicht-menschlichen Primaten und sonst keiner Tiergruppe, so die Forscherin.
Raben entwickeln Altruismus wie Menschen
Im Experiment, das Horn unter anderen mit Jorg Massen von der Universität Utrecht (Niederlande) durchführte, konnten die Tiere durch eine Landung auf einer Sitzstange einen Wippenmechanismus auslösen, der ihren Gruppenmitgliedern Futter bescherte, nicht aber ihnen selbst. Zeigten Tiere trotzdem dieses Verhalten, werteten die Wissenschaftler dies als Anzeichen für Grosszügigkeit.
Genau so handelten vor allem Rabenvogel-Arten, die auch bei der Jungenaufzucht zusammenarbeiten. Bei den männlichen Vögeln zeigten vor allem Vertreter von Arten diesen Wesenszug, die auf engerem Raum nisten. Es scheine hier also eine gewisse Verbindung zu der Idee zu geben, dass aufgrund beengterer Lebensverhältnisse entstandene Toleranz eine Rolle spielt.
«Mich fasziniert besonders, dass auch bei Tieren, die sich so sehr von uns Menschen unterscheiden, anscheinend ganz ähnliche evolutionäre Mechanismen zur Entstehung von grosszügigem Verhalten beigetragen haben, wie bei unseren menschlichen Vorfahren», so Horn.
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