Europol schlägt AlarmImmer heftigere Anschläge auf Bancomaten — auch in der Schweiz
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23.10.2022 - 18:43
Sie sind die modernen Bankräuber Europas: Ihr Ziel sind Geldautomaten, ihre Waffen Sprengstoff. Auch die Schweiz verzeichnet mehr Fälle.
DPA, dpa/sda/toko
23.10.2022, 18:43
23.10.2022, 18:46
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Sprengstoffanschläge auf Geldautomaten nehmen nach Angaben von Europol in Europa drastisch zu und werden immer gefährlicher. Die Polizeibehörde sei sehr besorgt über die zunehmende Gewalt, sagte Europol-Sprecherin Claire Georges der Deutschen Presse-Agentur in Den Haag. «Immer häufiger werden extrem schwere Sprengstoffe eingesetzt, durch die sogar Gebäude einstürzen und auch unschuldige Menschen getötet werden könnten.»
«Es sind die modernen Banküberfälle», sagte die Sprecherin. Banken verfügten nur noch über wenig Bargeld. In Automaten aber könnten die Banden relativ schnell Hunderttausende Euros erbeuten.
Zunehmend würden auch unschuldige Bürger gefährdet, sagte die Sprecherin. Viele Automaten befänden sich in Supermärkten oder Einkaufsstrassen. Die Täter seien aber extrem skrupellos, wie die Sprecherin sagte. «Die interessieren sich nicht für Menschen, denen geht es nur ums Geld.»
Die Ermittler stellten diese Entwicklung in vielen europäischen Staaten fest, wie die Sprecherin sagte. Dazu gehörten auch Deutschland, Südeuropa und die baltischen Staaten. Gut organisierte Verbrecherbanden hätten sich auf diese Bombenanschläge spezialisiert und würden auch Kriminelle gezielt ausbilden. Im vergangenen Jahr hatten Ermittler mit Hilfe von Europol bei Utrecht sogar ein Trainingszentrum für Automatensprengungen entdeckt.
Auch in der Schweiz mehr Fälle
Hierzulande wird ebenso ein Anstieg verzeichnet. Seit Jahresbeginn sind mittlerweile mindestens 42 Bancomaten in der Schweiz gesprengt oder aufgebrochen worden. Schon seit 2019 stellten die Behörden eine Häufung von solchen Delikten fest. Mögliche Gründe dafür sieht das Fedpol in der Kleinräumigkeit und dem dichten Geldautomaten-Netz der Schweiz.
Zuletzt war ein Bancomat an der Dörflimatte in Mehlsecken (Gemeinde Reiden) im Kanton Luzern betroffen, wie die Luzerner Polizei am frühen Samstagmorgen mitteilte.
Die Täterschaft sprengte den Bancomaten um kurz vor 01.15 Uhr. Verletzt wurde niemand. Es entstand jedoch ein grosser Sachschaden. Die Täterschaft konnte flüchten. Sie dürfte jedoch ohne Beute mit einem dunklen Fahrzeug davongefahren sein.
Täter überqueren «bewusst Kantons- oder Landesgrenzen»
Der neueste Überfall auf einen Bancomaten reiht sich ein in einer Vielzahl von Fällen allein im Oktober. Erst am letzten Dienstag hatte eine unbekannte Täterschaft im bündnerischen Castasegna zugeschlagen. Am 11. Oktober gab es einen Fall in Egiswil im Kanton Aargau.
Und am 10. Oktober kam es zu einer Bacomat-Sprengung in einem Winterthurer Einkaufszentrum. Die Westschweiz ist ebenso betroffen. So sprengten unbekannte Täter am 7. Oktober einen Bancomaten in Rossens FR. Die Überfälle fanden jeweils in der Nacht statt.
Für Angriff und Flucht werden laut Fedpol oftmals mehrere und gestohlene Fahrzeuge mit falschen oder gar keinen Kennzeichen genutzt. Ausserdem überqueren die Kriminellen «bewusst Kantons- oder Landesgrenzen».
Frankreich mit Tinte erfolgreich
Die Verbrecher würden meist in sehr schnellen Autos eine ganze Region heimsuchen und mehrere Automaten sprengen. Oft operierten sie international in den Nachbarländern. Zum Beispiel kam etwa die Hälfte der Tatverdächtigen für Anschläge in Deutschland 2021 aus den Niederlanden.
Genaue Zahlen für ganz Europa liegen noch nicht vor, da EU-Mitgliedsstaaten nur internationale Fälle bei der europäischen Polizeibehörde melden. In Deutschland etwa registrierte das Bundeskriminalamt im vergangenen Jahr 287 Fälle, im Jahr zuvor waren es 268 – trotz Corona-Reisebeschränkungen. In diesem Jahr wird eine weitere starke Zunahme erwartet.
In den Niederlanden waren bis September bereits ebenso viele Sprengungen registriert worden wie im gesamten Vorjahr. Besonders Amsterdam wurde durch starke Explosionen in Wohnvierteln getroffen.
Erfolgreich im Kampf gegen die Sprengungen ist Europol zufolge Frankreich. Dort würden die Automaten mit einer speziellen Tinte präpariert, so dass das erbeutete Bargeld unbrauchbar werde.