GoldküsteFrau vom Vorwurf der Anstiftung zum Mord an Mutter freigesprochen
hael, sda
5.7.2022 - 06:50
Das Obergericht des Kantons Zürich hat eine Frau vom Vorwurf der Anstiftung zum Mord an ihrer Mutter freigesprochen. Ihre Schuld sei trotz «dichtem Indiziennetz» nicht zu beweisen.
Keystone-SDA, hael, sda
05.07.2022, 06:50
05.07.2022, 09:59
SDA
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am Montag eine 48-jährige Frau vom Vorwurf der Anstiftung zum Mord an ihrer Mutter freigesprochen. Die Schuld der Schweizerin sei trotz «dichtem Indiziennetz» nicht zu beweisen. Ihr wurden 200'000 Franken Genugtuung zugesprochen.
Den Mitbeschuldigten der Frau, einen 39-jährigen Schweizer, mit dem sie befreundet war, verurteilte das Obergericht wegen Mordes und Raubs zu einer Freiheitsstrafe von 19 Jahren. Während des Strafvollzugs hat er eine ambulante Therapie zu absolvieren. Zudem kommen auf ihn hohe Kosten aus dem Verfahren zu.
Damit bestätigte das Gericht das erstinstanzliche Urteil des Bezirksgerichts Meilen ZH von 2020, das der Beschuldigte weitergezogen hatte. Er verlangte einen Freispruch.
««Seien Sie nicht allzu stolz auf diesen Freispruch», sagte der vorsitzende Richter zu der beschuldigten Frau. Es handle sich um einen «Freispruch dritter Klasse». Dieser sei zudem nicht einstimmig erfolgt. Eines der drei Mitglieder des Gremiums habe sich für einen Schuldspruch ausgesprochen, «es stand auf Messers Schneide».
Der Freispruch war ebenfalls eine Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils. Auch für die Bezirksrichter hatten die Beweise nicht ausgereicht für eine Verurteilung.
Der Staatsanwalt hatte den Freispruch angefochten. Er forderte eine Verurteilung wegen Anstiftung zu Mord und eine Freiheitsstrafe von 18,5 Jahren. Die Frau soll ihrem Bekannten für die Tötung ihrer Mutter 300'000 Franken versprochen haben. Sie habe es auf das Millionenerbe der Mutter abgesehen, so der Ankläger.
Die beiden Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Sie können ans Bundesgericht weitergezogen werden. Dieses werde dann prüfen, ob das Obergericht den Grundsatz im Zweifel für die Angeklagte «zu grosszügig interpretiert» habe, so der Richter.
Angespanntes Verhältnis
«Die seit ihrer Jugend schwer drogen- und medikamentenabhängige Tochter war von der Mutter unterstützt worden. Das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen den beiden Frauen eskalierte kurz vor der Tatnacht. Später fanden sich Notizen der Mutter, wonach diese die Zuwendungen einstellen wollte. Ob sie das der Tochter gesagt habe, wisse man nicht, sagte der Richter.»
Zahlreiche Indizien wiesen darauf hin, dass die Frau in die Tat verwickelt gewesen sei. Es sei aber nicht klar, auf welche Weise. Angeklagt sei sie zudem einzig für Anstiftung zum Mord. Es wäre aber auch möglich, dass sie Mitwisserin, Gehilfin oder gar Mittäterin gewesen sei.
Tot mit Kissen auf Gesicht
Das Opfer, eine 73-jährige Ärztin, wurde an einem Sonntag im August 2016 tot in ihrem Bett gefunden, mit einem Kissen über dem Gesicht. Die Villa in der Zürcher Goldküstengemeinde Küsnacht war durchwühlt, Wertsachen, Uhren, Schmuck und Bankkarten fehlten.
Zwar seien die Mediziner nicht ganz einig gewesen über die Todesursache, sagte der Richter. Habe man nur die Leiche gesehen, so wäre auch ein natürlicher Tod nicht auszuschliessen gewesen. Die ganze Fundsituation jedoch habe ganz klar gezeigt: Hier handelte es sich offensichtlich um ein Tötungsdelikt.
Überall im Haus, an der Leiche und an einem Stück Klarsichtfolie mit Speichel der Getöteten daran, fanden sich DNA-Spuren des heute 39-Jährigen. Auf dessen Handy befanden sich Fotos von Schmuck aus der Villa, und er benutzte die Bankkarten des Opfers. Der Mann sei überführt, obwohl er während des gesamten Verfahrens keine Aussagen gemacht habe.
Unbekannte dritte Person
Neben den Spuren des Bauarbeiters fand die Spurensicherung auch Spuren einer weiteren Person. Bloss: «Wir wissen nicht, wer dabei war», sagte der Richter. Ein dritter Beschuldigter, der im Ausland weilt, wurde aufgrund zu schwacher Indizien freigesprochen, wie bereits vom Bezirksgericht.
Nur der 39-Jährige wisse, was in jener Nacht geschehen sei. Aber «solange er den Mund nicht aufmacht» könne man nichts beweisen, sagte der Richter.