Österreich Gelassenheit als Lebensrezept – Heidelinde Weis wird 80

SDA

11.9.2020 - 14:34

ARCHIV – Die Schauspielerin Heidelinde Weis kommt zur Theaterpremiere «Josef und Maria» in der Komödie im Bayerischen Hof. Am 17.09.2020 feiert Weis ihren 80. Geburtstag. Foto: picture alliance / Ursula Düren/dpa
ARCHIV – Die Schauspielerin Heidelinde Weis kommt zur Theaterpremiere «Josef und Maria» in der Komödie im Bayerischen Hof. Am 17.09.2020 feiert Weis ihren 80. Geburtstag. Foto: picture alliance / Ursula Düren/dpa
Source: Keystone/dpa/Ursula Düren

«Man muss das Leben lernen – und alles akzeptieren, was einem passiert.» Die Schauspielerin Heidelinde Weis hat bei allem beruflichen Erfolg viel Leid am eigenen Leib hinnehmen müssen.

Dreimal war sie krebskrank, dreimal hat sie sich wieder aufgerappelt. Sie sass als junge Frau wegen Multipler Sklerose zeitweise im Rollstuhl. Als Stehaufdame hat sie sich einmal beschrieben. Und ganz wichtig: «Eine Grundgelassenheit wurde mir in die Wiege gelegt», sagt sie der Deutschen Presse-Agentur.

Am 17. September feiert die Österreicherin, die praktisch ihr ganzes Berufsleben in Deutschland verbracht hat, ihren 80. Geburtstag. Zwanzig Freunde habe sie zu einem Essen an das Ufer des Wörthersees in ihrer Kärntner Heimat eingeladen, freut sie sich.

Mehr als 100 Auftritte in Filmen und deutschen TV-Produktionen wie «Derrick», «Der Alte», «Traumschiff» und dem Strassenfeger «Frau in Weiss» liegen hinter hier. Als Anästhesistin Dr. Elena Bach in der TV-Serie «Schwarzwaldklinik» war ihr von Produzent Wolfgang Rademann von vorneherein ein spektakulärer Abgang versprochen worden: Sie verunglückte in der Serie tödlich. Der Ausstieg aus Serien sei ihr immer wichtig gewesen. «Ich hatte eigentlich nur Gastrollen.» Trotz vieler Angebote habe sie keinerlei Ambition gehabt, sich als Serien-Star zu etablieren. Ausserdem, räumt sie ein, habe sie auch eine Reihe von «Zaun-Filmen» gedreht. «Filme, die ich nur fürs Geldverdienen gedreht habe, um den Zaun um unser grosses Grundstück zu finanzieren.»

Ihre eigentliche Liebe galt der Bühne. «Ich habe viel lieber Theater gemacht», sagte Weis jüngst in einer ORF-Dokumentation. Auf der Schulbühne zeigte sie in einer Märchen-Rolle früh ihr Talent. Ihre Eltern erlaubten ihr eine Ausbildung am renommierten Max Reinhardt Seminar in Wien.

Von da an ging es fast stetig bergauf. 1959 und 1960 war sie Ensemble-Mitglied im Wiener Theater an der Josefstadt, wechselte nach Berlin, stand in Hamburg und Düsseldorf auf der Bühne. Vor allem München wurde für viele Jahre ihre künstlerische Heimat. Klassische Rollen wie Antigone und Eurydike waren zunächst ihr Fach. Eine ihrer Paraderollen wurde die Titelfigur im Stück «Colombe» des französischen Dramatikers Jean Anouilh. Ein einfaches Mädchen vom Land gerät in die Glitzerwelt des Theaters und wird zu einem verdorbenen Wesen. «Diese Figur hat mich masslos interessiert», sagt Weis. Bei den Salzburger Festspielen stand sie zusammen mit Klaus Maria Brandauer in «Leonce und Lena» und «Figaros Hochzeit oder Der tolle Tag» auf der Bühne.

Mitte der 1970er Jahre wird aus der Schauspielerin auch eine Sängerin. «Jeder Schauspieler ist musikalisch», sagt Weis. Drei Langspielplatten mit eigenen Texten kommen so gut an, dass sie ihr den Deutschen Schallplattenpreis der Phonoakademie Berlin einbringen. Doch bevor die Musik aus einer schönen Begleiterin zur anstrengenden Pflicht wird, ist Weis wieder zurück beim Fernsehen. In der TV-Produktion «Das Fräulein» nach dem Roman des Literaturnobelpreisträgers Ivo Andric spielt sie die Tochter eines bankrotten Kaufmanns, dessen Rat zum Geiz sie zwar reich macht, ihr aber vielfach schadet.

«Grossartig war's», blickt Weis zufrieden auf ihre Karriere zurück. Gerade im Fernsehen habe noch nicht der immense Zeitdruck geherrscht, wie er heute bei den Produktionen oft üblich sei. Es sei viel geprobt worden, erinnert sie sich. Die bei den Zuschauern beliebte Schauspielerin bekam die Goldene Kamera und den Goldenen Bildschirm. Einer ihrer Aussprüche schaffte es in mehrere Zitatenschätze: «Wenn es darauf ankommt, in den Augen einer Frau zu lesen, sind die meisten Männer Analphabeten.» Sie selbst war viele Jahre lang glücklich mit dem Theaterproduzenten Hellmuth Duna verheiratet, den sie später zehn Jahre lang pflegte.

Weis hatte lange Zeit ein eher beneidenswertes Luxusproblem. «Ich habe immer jünger ausgesehen als ich in Wirklichkeit war», erinnert sie sich. Sie habe Mädchen-Rollen bekommen statt altersgerechte Parts. Obwohl es ihr gut geht, hat sie sich seit einigen Jahren ganz aus dem Geschäft zurückgezogen. «Alles hat seine Zeit. Man müsste zu viel Rücksicht auf mich nehmen.»

Zurück zur Startseite

SDA