In Basel hat am Montagmorgen der Prozess gegen eine 76-jährige Seniorin begonnen, die im März 2019 einen siebenjährigen Schüler getötet hat. Die Angeklagte gab zu, die Tat im Affekt begangen zu haben,
Die 76-Jährige erzählte vor Gericht ausführlich über ihre seit Jahrzehnten andauernden Streitigkeiten mit den Behörden. «Man hätte endlich aufhören sollen, uns zu plagen und mit uns zusammensitzen sollen.»
Sie gab zu, die Tat begangen zu haben: «Ich bereue es jeden Tag. Es tut mir leid für die Familie.» Sie würde alles geben, wenn sie die Tat rückgängig machen könnte. Nie habe sie gedacht, dass sie zu einer solchen Tat fähig sei, sagte die Seniorin. «Ich war verzweifelt, weil ich am Abgrund stand.»
Im Gerichtssaal waren auch die Eltern des getöteten Schülers anwesend. Die Medien waren in einem anderen Raum untergebracht. Über die persönliche Situation der Angeklagten, etwa weshalb sie bis zur Tötung des Buben im Hotel gelebt hatte und wie viel Geld ihr monatlich zur Verfügung stand, war bei Prozessauftakt wenig zu erfahren, da das Gericht zu Beginn mit Tonproblemen zu kämpfen hatte.
Auf die Frage, weshalb ein Kind sterben musste, konnte die Angeklagte keine Antwort geben. Sie habe im Affekt gehandelt, sagte sie. Die Behörden hätten sie so weit getrieben und wie «Freiwild behandelt.» Niemand habe mit ihr zusammensitzen und das Problem lösen wollen. Sie habe keine Ansprechperson bei den Ämtern gehabt.
Angeklagte leide an Querulantenwahn
Die Tat geschah am 21. März 2019, kurz vor 12.40 Uhr, am St. Galler-Ring im Gotthelf-Quartier in Basel. Der siebenjährige Schüler war auf dem Heimweg niedergestochen worden. Der Bub erlag seinen schweren Verletzungen.
Die heute 76-jährige Schweizerin habe sich heimtückisch und in direkter Tötungsabsicht dem ihr unbekannten Kind von hinten genähert, heisst es in der Anklageschrift der Basler Staatsanwaltschat.
Die Tötung des Schülers habe die Frau von langer Hand akribisch geplant. Die Beschuldigte leide an einer chronifizierten, schwerwiegend wahnhaften Störung, namentlich einem Querulantenwahn, heisst es. Auslöser der Störung seien zivilrechtliche Streitigkeiten ihres 1999 verstorbenen Lebenspartners gewesen, in welche sie involviert gewesen war.
Über 42 Jahre lang habe die Beschuldigte wahnhafte Briefe an verschiedene Behörden geschrieben, heisst es weiter in der Anklageschrift. Dabei hätten die Schreiben über die Jahre an Frequenz und Intensität zugenommen. Ab 2002 sei in den Briefen der Frau häufig von Mord die Rede gewesen.
Drohungen häuften sich ab 2016
Ab 2016 hätten sich die Drohungen der Angeklagten gehäuft, zunehmend habe sie unspezifische Drohungen hinsichtlich einer jederzeit zu erwartenden Gewalttat geäussert, falls ihre Forderungen nicht erfüllt würden und man ihr ihr Eigentum nicht zurückgeben würde.
Das letzte Schreiben der Frau ans Bundesgericht datiert vom 15. März 2019 – sechs Tage vor der Tat. Darin hielt sie laut Anklageschrift fest, das Bundesgericht wolle, dass die abverlangte Gewalttat eingehalten und bewiesen werde.
Angeklagte schuldunfähig
Nach der Tat habe die Frau ein vorbereitetes SMS an mehrere Personen verschickt. Um 13.30 Uhr – eine Stunde nach dem Tötungsdelikt – habe sie sich «ruhig und gefasst» der Staatsanwaltschaft gestellt und die Tatwaffe ausgehändigt.
Die Staatsanwaltschaft beantragt die Verwahrung der 76-Jährigen, weil sie wegen ihrer psychischen Verfassung schuldunfähig sei. Der Prozess dauert voraussichtlich zwei Tage.
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