Spanien Glücksschreie und Tränen bei der spanischen Weihnachtslotterie

SDA

22.12.2022 - 15:29

Perla aus Peru steht mit Sohn und Tochter steht mit ihrem Zehntellos Siegnummer 05490 des Höchstpreises des "Gordo" bei der Ziehung der Weihnachtslotterie 2022 im Königlichen Theater von Madrid. Foto: Eduardo Parra/EUROPA PRESS/dpa - ACHTUNG: Kinder aus rechtlichen Gründen von der Quelle gepixelt
Perla aus Peru steht mit Sohn und Tochter steht mit ihrem Zehntellos Siegnummer 05490 des Höchstpreises des "Gordo" bei der Ziehung der Weihnachtslotterie 2022 im Königlichen Theater von Madrid. Foto: Eduardo Parra/EUROPA PRESS/dpa - ACHTUNG: Kinder aus rechtlichen Gründen von der Quelle gepixelt
Keystone

Jubelschreie waren bei der weltweit berühmten spanischen Weihnachtslotterie dieses Jahr im ganzen Land zu hören.

Aber als um 11.20 Uhr einer der Schüler des Internats Ildefonso im Teatro Real in Madrid die Siegnummer 05490 des Höchstpreises für den «Gordo» vorgesungen hatte, für den es vier Millionen Euro gibt, brach ein Tumult im Zuschauerraum los. Perla, eine arbeitslose Einwanderin aus Peru, fiel fast in Ohnmacht, stiess einen Freudenschrei aus und brach dann in Tränen aus. Medizinisches Personal musste sie kurz betreuen. Nachdem sie sich gefangen hatte, zeigte sie ihr Zehntellos mit der Gewinnnummer des «Gordo» herum, für das ihr 400 000 Euro abzüglich Steuern zustehen.

«Ich wusste, dass ich diese Jahr gewinnen werde. Ich habe es geträumt», rief sie fassungslos. «Ich werde eine Wohnung kaufen und meinen Kindern ein Studium finanzieren können, das ist mir am wichtigsten», kündigte sie an. «Und ein anderer Teil ist für die Kirche. Ich bin sehr katholisch», fügte die Frau, die mehrere Lose gekauft hatte, um Fassung ringend hinzu. Nach Peru, wo die Lage zurzeit so schwierig sei, wolle sie auf keinen Fall zurück.

Die insgesamt 180 Lose mit der Nummer des Hauptgewinns wurden in 20 verschiedenen Lottostellen landesweit verkauft, wie spanische Medien berichteten. Da die meisten Menschen nur ein Zehntellos für 20 Euro kaufen, stehen ihnen für den «Gordo» 400 000 Euro zu. Zuvor aber greift der Staat noch zu und zieht von allen Gewinnen ab 40 000 Euro 20 Prozent Steuern ab. Von 400 000 Euro würden dann 328 000 Euro ausgezahlt. Hauptgewinner ist auf jeden Fall der Fiskus. Für 3,6 Milliarden wurden Lose verkauft – 2,52 Milliarden an Gewinnen ausgeschüttet.

Allerdings ist der «Gordo» über die Jahre nicht mehr ganz so dick wie früher. Während man sich für 7,5 Millionen Peseten, ein Zehntellos des Hauptgewinns 1967, in Spanien noch zwölf Wohnungen und 22 Autos kaufen konnte, reicht die Gewinnsumme von 328 000 Euro heute gerade noch für eine mittelgrosse Wohnung in Madrid oder Barcelona, wie der staatliche TV-Sender RTVE berichtete. Auch die hohe Inflation macht sich bemerkbar.

Der Spannung, dem Spass und den Emotionen tut das aber offenbar keinen Abbruch. Millionen Menschen verfolgten am Donnerstag die Ziehung der Gewinnzahlen. TV-Sender berichteten live aus Lottoannahmestellen, wo Sieglose verkauft worden waren. Inhaber und Verkäufer freuten sich fast so, als ob sie selbst gewonnen hätten.

Im Teatro Real sangen die Kinder des Internats Ildefonso im Alter von 8 bis 14 Jahren. Wie seit Generationen werden die Gewinnzahlen und die dazugehörigen Preise bei der ältesten Lotterie der Welt, die erstmals 1812 in Cádiz stattfand, von Kindern des Internats vorgesungen.

Die Tradition des Vorsingens hat im 19. Jahrhundert begonnen. Schon zuvor hatten sich die Kinder aus dem damaligen Waisenhaus einen Namen gemacht, weil sie für ein paar Münzen die Ergebnisse von Lotterien auf den Strassen singend verbreiteten oder bei Begräbnissen sangen. Erst seit 1984 dürfen auch Mädchen teilnehmen. Das Training für den grossen Tag beginnt für die Kleinen immer schon im Sommer. Lose konnten seit Juli gekauft werden.

Rund vier Stunden dauert die TV-Übertragung, bei der jeder Schritt der Auslosung penibel verfolgt wird. Ein grosser Gitterball enthält 100 000 kleine Holzkugeln mit Gewinnzahlen und in einem kleineren Ball befinden sich 1807 Kugeln mit den aufgedruckten Preisgeldern. Aus jeder der beiden Bälle fällt zeitgleich je eine Kugel in eine Glasschüssel: Die Gewinnnummer und der dazugehörige Preis. Die Choreographie ist immer gleich. Jede einzelne Kugel wird von den Kindern vorgesungen, dann einem Protokollkomitee vorgezeigt, der Wert registriert und dann bei grossen Preisen noch einmal dem Publikum im Parkett vorgesungen. Anschliessend werden die Kugeln gesichert.

Im Zuschauerraum sitzen die treuesten Anhänger der Lotterie, die teilweise tagelang angestanden haben, um einen der Plätze zu ergattern. Manche sind aufwendig verkleidet, alle halten bei jeder neuen Kugel den Atem an und brechen in Applaus und Jubelrufe aus, wenn hohe Preise verlost werden.

Die vor mehr als 200 Jahren ins Leben gerufene Lotterie zeichnet sich durch viele Preise aus, die dafür nicht so schwindelerregend gross wie bei manchen anderen Lotterien sind. Oftmals kaufen auch Arbeitskollegen, Freundeskreise oder Familien zusammen mehrere Lose und teilen dann hinterher mögliche Gewinne durch alle. Den kleinsten Gewinn gibt es immerhin 9999 Mal – da bekommt man dann aber auch nur seinen Einsatz zurück.