Haftrichterin erwartet Ali B. Haftrichterin erwartet Tatverdächtigen Ali B.

dpa

10.6.2018

Flucht über die Türkei in den Nordirak - von Bundespolizisten eskortiert zurück nach Deutschland: Das ist der Weg von Ali B., dem Hauptverdächtigen im Fall Susanna. Politikern und Ermittlern ist die Erleichterung anzumerken.

Der Verdächtige im Fall der getöteten 14-jährigen Susanna muss am Sonntag zur Haftrichterin. Es sei vorgesehen, Ali B. im Laufe des Tages der Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts vorzuführen, teilte das Polizeipräsidium Westhessen in Wiesbaden mit. Weitere Auskünfte von Ermittlern und Justiz gab es Sonntagvormittag zunächst nicht.

Der 20-jährige Iraker wurde in der Nacht zum Sonntag im Polizeipräsidium in Wiesbaden erkennungsdienstlich behandelt und vernommen. Bundespolizisten hatten Ali B. am Samstag an Bord einer Lufthansa-Maschine aus der nordirakischen Stadt Erbil zurück nach Deutschland gebracht. Der Iraker steht unter dem dringenden Verdacht, die in Wiesbaden tot aufgefundene Mainzerin Susanna in der Nacht vom 22. zum 23. Mai vergewaltigt und getötet zu haben.

Ali B. hatte sich mit seiner Familie aus Deutschland zunächst in die Türkei und dann in den Irak abgesetzt. Dort konnten ihn die kurdischen Sicherheitsbehörden am Freitagmorgen um 5.20 Uhr «in letzter Sekunde vorläufig festnehmen», wie Bundespolizei-Chef Dieter Romann der «Bild am Sonntag» sagte: «Der Tatverdächtige hatte vor, sich in ein Nachbarland des Irak abzusetzen.»

Nach Angaben von Ermittlern vor Ort gestand Ali B. die Tat in kurdischer Haft. Demnach sagte er aus, er und sein Opfer hätten viel Alkohol getrunken und Tabletten geschluckt, schliesslich sei es zum Streit gekommen. Das Mädchen habe gedroht, die Polizei anzurufen, was ihn zu seiner Tat getrieben habe - er habe die 14-Jährige stranguliert.

In Erbil setzten kurdische Polizisten Ali B. am Samstagnachmittag eine Lufthansa-Maschine nach Frankfurt, Beamte der Bundespolizei waren an Bord. Nach der Landung in Frankfurt am Abend führten maskierte Bundespolizisten den 20-Jährigen zu einem Hubschrauber, der ihn zur Vernehmung nach Wiesbaden brachte. Behördenchef Romann, der laut «Bild» selbst in der Maschine war, sagte, den «aussergewöhnlichen Einsatz» von Bundespolizei und kurdischen Sicherheitsbehörden sei man «auch der Mutter des toten Kindes schuldig».

Der Fall Susanna mit einem Asylbewerber als Hauptverdächtigem schlägt in Deutschland seit Tagen hohe Wellen. «Ich bin froh, dass der von der deutschen Justiz gesuchte mutmassliche Täter wieder in Deutschland ist», sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer am Samstagabend. «So kann das Ermittlungsverfahren schnell vorangetrieben werden.»

Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüsste die Festnahme und die Rückführung nach Deutschland. «Das unfassbare Leid, das der Familie und dem Opfer widerfahren ist, bewegt jeden und erfasst auch mich», sagte sie am Samstag am Rande des G7-Gipfels im kanadischen La Malbaie.

In Susannas Heimatstadt Mainz geht eine Serie von Demonstrationen weiter: Für Sonntag plante eine Initiative namens «Beweg was!» (15.00 Uhr) am Schloss eine Kundgebung. Sie hatte unter dem Titel «Merkel muss weg» in den vergangenen Wochen gegen illegale Einwanderung protestiert.

Ein Bündnis mit dem Namen «Kein Platz für Menschenfeinde - Refugees welcome» wollte (14.00 Uhr) eine Gegendemo gegen Fremdenfeindlichkeit veranstalten. Unter dem Motto «Bunter Montag Mainz» plant ein weiteres Bündnis zeitgleich eine Demo am Schlosstor gegen Ausländerhass. Die Initiative «Mainz gegen Rechts» wollte (14.00 Uhr) am Markt demonstrieren.

Die Kriminalpolizei in Wiesbaden bittet im Fall Susanna weiterhin um Zeugenhinweise aus der Bevölkerung. Sie hat ein Callcenter mit mehreren Polizisten eingerichtet, das bis auf Weiteres rund um die Uhr besetzt sein soll. Gesucht werden demnach Zeugen, die am 22. und 23. Mai verdächtige Beobachtungen in Wiesbaden-Erbenheim gemacht haben, wo später Susannas Leiche gefunden wurde.

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