Höchster Berg der Welt Hunderte Leichen und tonnenweise Müll: China will am Mount Everest aufräumen

tsha

6.4.2019

Längst ist der Mount Everest nicht nur Spielplatz für Extrembergsteiger, sondern auch Müllhalde und Friedhof. Die chinesischen Behörden wollen das nun ändern.

Majestätisch liegt er da, Tausende Meter hoch und schneebedeckt: Wer den Mount Everest einmal aus der Nähe gesehen hat, vergisst den Anblick sein Leben lang nicht mehr. Man muss kein Bergsteiger sein, um sich dem höchsten Berg der Welt zu nähern. Auf tibetischer Seite können Touristen mit dem Jeep bis kurz vor das Basislager gefahren werden, nur die letzten Kilometer müssen zu Fuss zurückgelegt werden – für ungeübte Wanderer keine leichte Übung, ist hier, auf rund 5'000 Metern Höhe, die Luft doch extrem dünn. 

Aber nicht nur die Fahrt zum Basislager, sondern auch die Besteigung des von den Einheimischen «Qomolangma» genannten Berges ist längst ein Abenteuer für die Massen. Mehr als 8'400 Menschen haben den Berg bereits bezwungen oder es versucht, 300 bis 400 von ihnen mussten dabei ihr Leben lassen. Wie viele Leichen genau bis heute noch im Schnee liegen, ist nicht bekannt. Tatsache aber ist: Das tauende Eis gibt immer mehr der toten Körper frei. Denn auch am Everest fordert der Klimawandel seinen Tribut, schmelzen die Gletscher.

So kommen die Bergsteiger auf ihrem Weg zum Gipfel des Mount Everest an immer mehr Leichen vorbei, die bis vor wenigen Jahren noch gut verborgen im ewigen Eis gelegen waren. Die Bergung der Toten gestaltet sich aber schwierig, ist teuer und aufwendig. Auf nepalesischer Seite forderten vor wenigen Tagen Tourenveranstalter staatliche Unterstützung beim Abtransport der Körper. «Wir können bei der Bergung helfen, brauchen dafür aber eine Genehmigung der Regierung», zitierte kürzlich die Deutsche Presse-Agentur Damber Parajuli, den Vorsitzenden des Verbandes für Reiseveranstalter in Nepal.

«Der Mount Everest gehört der ganzen Welt»

Auch auf der anderen Seite des Berges, im von China besetzten Tibet, ist man sich der Problematik der vielen Toten bewusst. Noch ist aber unklar, wer für die Bergung der Leichen aufkommen soll. Ausserdem fehlten noch einige Genehmigungen von Angehörigen, so die Behörden. Auch die Müllberge, die am Mount Everest seit Jahren in die Höhe wachsen, machen den Verantwortlichen Sorgen. Seit 2018 soll ein professionelles Team, bestehend aus Bergsteigern und Viehzüchtern, den Müllmassen Herr werden. Fast zehn Tonnen Unrat wurden bereits vom Berg geholt, aus Höhen von über 5'200 Metern.

«Bei meinen Mount-Everest-Besteigungen habe ich den Müll gesehen, den andere Bergsteiger zurückgelassen haben. Da dachte ich mir, dass ich etwas tun müsste, um die Umwelt zu schützen und die Berge zu bewahren», erklärt  Tsering Dan Tar vom offiziellen tibetischen Bergsteiger-Team gegenüber der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua seine Motivation zum Grossreinemachen auf dem Everest. «Der Mount Everest und das Himalaya-Gebirge gehören der ganzen Welt, unser aller Schicksal ist verknüpft. Die Anstrengungen lohnen sich. Und ich hoffe, dass wir noch mehr Menschen dafür begeistern können, Natur und Umwelt am Mount Everest und im Himalaya zu schützen.»

Um den Massentourismus am Mount Everest zu begrenzen, vergibt die chinesische Regierung neuerdings jährlich nur noch 300 Genehmigungen zur Gipfelbesteigung. «In Zukunft werden wir nachhaltige Bergrouten entwickeln und weiter versuchen, die Anzahl der Menschen am Berg zu kontrollieren», erklärt Nyima Tsering, Direktor der tibetischen Sportverwaltung. Schon seit 2015 muss jeder Bergsteiger mindestens acht Kilogramm Müll vom Mount Everest zurückbringen, sonst droht ihm eine Strafe. Seit diesem Jahr ist eine Müllsammelgebühr in Höhe von 1'500 Euro hinzugekommen.

«Die Besteigung des Mount Everest ist für Menschen, die die Herausforderung suchen, die das Unbekannte erkunden wollen. Das wollen wir nicht stoppen», sagt Nyima Tsering. Nun lautet die Herausforderung allerdings: den Berg schützen vor den vielen Menschen, die seiner Anziehungskraft erlegen sind.

Vor 40 Jahren: Everest erstmals ohne künstlichen Sauerstoff bestiegen
Zurück zur Startseite