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Geliebte Abgeschiedenheit Isländer kämpfen um eine letzte mobilfunkfreie Zone

Unterwegs ohne Internet- und Telefonverbindung - das ist auf der einsamen Halbinsel Hornstrandir im Norden Islands noch möglich. Viele Menschen schätzen diese Abgeschiedenheit. Fraglich ist jedoch, wie lange sie noch erhalten bleibt.
Die Fähre legt im Fjord Veidileysufjördur an. Einige Wanderer mit Rucksäcken steigen aus, um von dort zu einer mehrtägigen Wanderung aufzubrechen. Eine vom Wetter gezeichnete Gruppe, die den Trip bereits hinter sich hat, besteigt das Schiff. Ihre Mitglieder können es kaum erwarten, endlich wieder in eine Region zu gelangen, wo sie sich über das Internet mit der Welt verbinden können.
Mit dem Schiff dauert die Fahrt ungefähr eine halbe Stunde. Keine Strassen führen zur nördlichsten Halbinsel Islands. Wer mit dem Handy telefonieren will, muss auf einen Berg steigen und hoffen, dass er ein Netz findet, um sich zu verbinden. Wenn Wolken am Himmel sind, sinken die Chancen dramatisch. Und auf Island gibt es oft Wolken.
Offline-Zustand beunruhigt
Noch ist das Naturschutzgebiet Hornstrandir eine der letzten digital-freien Zonen im Land - und das, obwohl die Isländer weltweit das Volk sind, das am meisten das Internet nutzt. Doch die Möglichkeit, dass sich der Offline-Zustand am Ende der Zivilisation bald ändern könnte, beunruhigt Wanderer, Parkwächter und Sommergäste, die das Fehlen von E-Mails, Push-Nachrichten und Sozialen Medien in der Region gerade so schätzen.
«Wir sehen eine wachsende Zustimmung dafür, dass es hier keine Online-Verbindung gibt», sagt Vesteinn Runarsson von der isländischen Umweltbehörde, der allein auf dem südlichen Teil der Halbinsel nach dem Rechten sieht. «Mit Blick auf die Zukunft wollen wir das Besondere von Hornstrandir bewahren.»
Gegen Handymasten hat man die Region bislang erfolgreich verteidigt. Aber internationale, kommerzielle Initiativen könnten die Entscheidung aus den Händen der Isländer nehmen und Hornstrandir digital vernetzen. Unternehmen wie SpaceX von Tesla-Chef Elon Musk wetteifern darum, jeden Quadratzentimeter dieser Welt mit Hochgeschwindigkeitsverbindungen zu vernetzen. Dazu wollen sie Tausende kleine Satelliten in den Orbit schiessen. Wenn das gelingt, hätte das weitreichende Folgen. Das Internet mit all seinen Vor- und Nachteilen wäre überall verfügbar, auch in Gegenden, wo Krieg und Armut herrschen oder ein Zugang nur den Wohlhabenden vorbehalten ist.
Erster Platz bei Informationstechnologie-Nutzung
Island rangiert trotz oder vielleicht auch gerade wegen seiner Abgeschiedenheit auf dem ersten Platz einer Rangliste der Vereinten Nationen zur Nutzung von Informationstechnologie. 98 Prozent der Bevölkerung sind im Internet unterwegs, 93 Prozent der Erwachsenen haben einen Facebook-Account, zwei Drittel sind bei Snapchat aktiv.
Im Nordwesten des Landes könnten die Menschen darauf aber gut verzichten. Rund 570 Quadratkilometer ist Hornstrandir gross, das entspricht etwa 0,6 Prozent der Landfläche Islands. Der letzte dauerhafte Bewohner hat die Gegend im Jahr 1952 verlassen, weil es dort für Landwirtschaft einfach zu unwirtlich war. Aber die Nachkommen der ehemaligen Bewohner haben die einstigen Bauernhöfe in Sommerhäuser umgebaut.
Einer von ihnen ist Alexander Gudmundsson, der den Urlaub im Haus seiner Urgrossmutter verbringt. Seine Tochter im Teenager-Alter wollte nicht mitkommen. Der Gedanke habe sie abgeschreckt, dort vom Internet abgeschnitten zu sein. «Aber wenn die Kinder erstmal hier sind, spielen sie den ganzen Tag draussen», sagt Gudmundsson.
Halla Signy Kristjansdottir ist da weniger sentimental, was den Wert der Isolation angeht. Die Parlamentsabgeordnete für Nordwest-Island hat das Transportministerium aufgefordert, Geld für die Errichtung von Sendemasten bereitzustellen. Sie begründet das mit der Sicherheit für Seeleute und Touristen. «Ich sehe nichts Romantisches darin, wenn man mit einem gebrochenen Oberschenkel am Boden liegt und das Handy kein Netz hat», sagt sie.
Fehlen von digitalen Verbindungen ist der Reiz
Transportminister Sigurdur Ingi Johannsson lehnte jedoch ab, verwies in einer schriftlichen Erklärung darauf, dass die Hütten entlang der Wanderrouten mit Funktelefonen ausgestattet seien. Zudem mache gerade das Fehlen von digitalen Verbindungen den besonderen Reiz von Hornstrandir aus.
Die Umweltbehörde schätzt, dass rund 3000 Menschen jeden Sommer auf Hornstrandir von Fjord zu Fjord wandern. Wer Glück hat, bekommt dabei einen Polarfuchs zu sehen, Islands einziges eingeborenes Landsäugetier. Die wenigen Gebäude - aufgegebene Höfe und eine stillgelegte Funkstation der US-Luftwaffe - stehen schon seit Jahrzehnten leer.
Wer die Menschen fragt, was sie von der digital-freien Zone halten, hört viel Zustimmung. «Wenn die Telefone hier funktionieren würden, dann bin ich mir sicher, dass viele Menschen nur so weit gehen würden, wie ihre Batteriepacks reichen, um ihre Geräte aufzuladen», sagt Mikko Rönkkönen. Der Finne hat gerade einen achttägigen Trip in der Gegend hinter sich.
Parkwächter Runarsson könnte das Telefon allerdings schon öfters brauchen. Weil er den Kapitän der Fähre nach der Ankunft des Schiffes fragen will, steigt er auf eine Anhöhe, die von den Menschen «Telefonberg» genannt wird. Er geht im Kreis, als suche er etwas. «Ein Balken, zwei Balken», murmelt er dabei, die Augen auf das Handy gerichtet. Plötzlich sind die Balken weg. «Vielleicht stören die Wolken», sagt Runarsson gleichmütig. «Dann eben keine Anrufe heute, denke ich mal.»
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