Bundesgericht Niederlage für Ramadan – kein Maulkorb für mutmassliches Opfer

SDA/uri

5.2.2020

Die Beschwerde des Islamwissenschaftlers Tariq Ramadan wurde vom Bundesgericht abgewiesen. (Archiv)
Die Beschwerde des Islamwissenschaftlers Tariq Ramadan wurde vom Bundesgericht abgewiesen. (Archiv)
Bild: Keystone

Das Bundesgericht hat eine Beschwerde des Islamwissenschaftlers Tariq Ramadan abgewiesen. Er wollte eine Geheimhaltungspflicht erwirken – dabei geht es um eine Strafanzeige wegen Vergewaltigung gegen ihn. 

Gegen Tariq Ramadan ist im April 2018 bei der Genfer Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige wegen Vergewaltigung eingereicht worden. Die Straftat liegt allerdings über zehn Jahre zurück.

Der Islamwissenschaftler hatte in seiner Beschwerde an die Staatsanwaltschaft argumentiert, dass die Klägerin und ihr Anwalt eine Medienkampagne gegen ihn führten. Damit werde gegen die Unschuldsvermutung verstossen. Ausserdem könne so keine faire Untersuchung stattfinden.

Das Bundesgericht führt in seinem Urteil aus, dass die Bedingungen für eine Geheimhaltungspflicht nicht erfüllt seien. In der Presse sei über die eingereichte Strafanzeige und deren Inhalt berichtet worden. Die Äusserungen des früheren Anwalts der Anzeigeerstatterin seien als dessen persönliche Meinung zu erkennen.



Ausserdem sei Ramadan nicht untätig geblieben. Er und seine Rechtsvertreter hätten sich zur laufenden Untersuchung in Frankreich ebenfalls geäussert. Ebenso der frühere Rechtsvertreter von Ramadan in der Schweiz. Es stehe den neuen Anwälten offen, ebenso zu verfahren.

Weitere Strafverfahren in Frankreich

Aufgrund der Ausgangslage ist das Bundesgericht der Ansicht, dass keine Gefahr besteht, dass in den Medien einseitig über den Fall berichtet wird.

In Frankreich laufen gegen den Dozenten zwei Strafverfahren. Auch dort wird Ramadan Vergewaltigung vorgeworfen. In beiden Fällen behauptet dieser, dass es sich um einvernehmliche Beziehungen gehandelt habe.

Ramadan ist in der Schweiz geboren, seine Vorfahren stammen aus Ägypten. Sein Grossvater war Hassan al-Banna, der Gründer der religiös-konservativen, antiwestlichen Muslimbruderschaft. Ramadan unterrichtete zwischen 1984 und 2004 an mehreren Genfer Schulen und ist seit 2009 Professor an der Oxford University in England.

Urteil 1B_435/2019 vom 16.01.2020

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