Vier Kinder gerettet – 40 Tage nach Flugzeugabsturz im Dschungel
STORY: Es ist ein wahres Wunder: Vier Kinder, die Anfang Mai mit einem Kleinflugzeug# im kolumbianischen Regenwald abgestürzt waren, wurden gefunden. Einsatzkräfte hatten wochenlang nach den vier Geschwistern gesucht. Rund 40 Tage waren sie auf sich allein gestellt. Die Geschwister im Alter von 13, 9 und 4 Jahren sowie einem Jahr gehören einer indigenen Gemeinschaft an. Ihre Kenntnis der Region könnte ihnen geholfen haben, im Dschungel zu überleben. William Cotua, Kommandant der Spezialkräfte: «Ich sah Ungläubigkeit in ihren Gesichtern und Augen. Aber mit viel Hoffnung. Und ehrlich gesagt: Ich sah sie sehr lebendig. Ihre Augen leuchteten. Sie wirkten glücklich und fröhlich.» Rettungshunde haben die Helfer zu den Kindern im Regenwald geführt. Kolumbiens Präsident Gustavo Petro sprach auf Twitter von einer «Freude für das ganze Land». Vor drei Wochen hatte der Präsident schon einmal verkündet, dass die Kinder gefunden worden wären. Das stellte sich allerdings als Irrtum heraus. Rund 160 Rettungskräfte waren im Einsatz. Darunter die Armee mit Unterstützung der indigenen Einwohner. Die Propellermaschine war am 1. Mai im Süden Kolumbiens abgestürzt. Die Mutter der Kinder, der Pilot des Flugzeugs und ein indigener Führer kamen dabei ums Leben.
10.06.2023
Wochenlang irrten die Geschwister im dichten Regenwald Kolumbiens umher. Nach einer mühsamen Suche mit Hunderten Soldaten und Indigenen sind die Kinder nach 40 Tagen endlich gefunden worden.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Über einen Monat schlagen sich nach einem Flugzeugabsturz vier Kinder allein im tiefen Regenwald durch - jetzt sind sie gerettet worden.
- Nach einer wochenlangen Suchaktion im kolumbianischen Amazonasgebiet haben Einsatzkräfte die Geschwister im Alter von 13, 9 und 4 Jahren sowie einem Jahr im Süden des Landes gefunden.
- Die Geschwister waren am 1. Mai mit einer Propellermaschine vom Typ Cessna 206 im Department Caquetá im Süden des Landes abgestürzt.
- Private Kleinflugzeuge sind in der unwegsamen Region oft die einzige Möglichkeit, grössere Strecken zurückzulegen.
- Bei dem Unglück kamen die Mutter der Kinder, der Pilot und ein indigener Anführer ums Leben.
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«Milagro» — Wunder, mit diesem Wort melden die Soldaten per Funk den erlösenden Erfolg. Nach wochenlanger intensiver Suche sind die vier im kolumbianischen Regenwald vermissten Kinder lebend gefunden worden. Ein doppeltes Wunder, denn die Geschwister im Alter von 13, 9, 4 Jahren sowie einem Jahr überlebten nicht nur einen Flugzeugabsturz, sondern auch 40 Tage im dichten Dschungel.
Ein Suchtrupp der «Operation Hoffnung» aus Spezialeinsatzkräften des Militärs und Indigenen aus dem Department Putumayo habe die vier Kinder letztlich gefunden, wie der General der Streitkräfte, Pedro Sánchez Suárez, am Samstagmorgen (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz nach Ankunft der Kinder in Bogotá erklärte. Dort sollten sie im Militärspital untersucht und versorgt werden.
«Eine Freude für das ganze Land. Die vier Kinder, die seit 40 Tagen im kolumbianischen Regenwald vermisst wurden, sind lebend gefunden worden», schrieb Kolumbiens Präsident Gustavo Petro auf Twitter. Dazu veröffentlichte er ein Foto von Soldaten und Indigenen im Dschungel, die die Kinder mit Wasser versorgten und fütterten.
«Die gemeinsamen Anstrengungen haben diese Freude für Kolumbien ermöglicht», sagte der Kommandeur der Streitkräfte, General Helder Fernan Giraldo Bonilla. Auf Fotos des Militärs waren die Kinder zu sehen, das kleinste auf dem Arm eines Soldaten, die drei anderen auf Plastikplanen auf dem Boden sitzend. Später war in einem Video der Luftfahrtbehörde zu sehen, wie die Kinder in einen Hubschrauber gehoben wurden.
Wilson vermisst
Einen Vermissten gab es jedoch nach der Rettung der Kinder: Der belgische Schäferhund Wilson, der Medienberichten zufolge Fährten aufgespürt und massgeblich zum Erfolg der Suche beigetragen hatte, war nicht zu den Einsatzkräften zurückkehrt. Die Suche nach Wilson werde fortgesetzt, kündigten die Streitkräfte an.
Der Staatschef und die Streitkräfte gingen davon aus, dass der Militärspürhund zumindest zwischenzeitlich bei den gesuchten Kindern war, nachdem Hundespuren neben Kinderspuren im Suchgebiet entdeckt wurden. So waren es mutmasslich Wilsons Spuren, die einen Suchtrupp am Freitag schliesslich zu den Geschwistern im Alter von 13, 7, 4 Jahren und einem Jahr führten. Wochenlang war am Boden und in der Luft nach den vier Kindern gesucht worden, die seit ihrem Flugzeugabsturz am 1. Mai im Dschungel verschwunden waren.
Mit grosser Freude reagierten die Grosseltern auf die Entdeckung ihrer Enkel. Narciso Mucutuy und Fátima Valencia harrten in einem Hotel in Villavicencio aus, einem Ort ausserhalb des Dschungelgebiets von Guaviare, in dem die Kinder schliesslich gefunden worden waren. «Als Grossmutter bin ich sehr glücklich. Mein Herz atmet und springt», sagte Fátima Valencia im Fernsehsender RCN. «Bringt die Kinder zu uns nach Villavicencio, ich bitte um diesen Gefallen, ich brauche sie hier.»
Der Grossvater dankte gegenüber dem Sender Caracol jenen, die die Suche nach den Enkeln unterstützt hatten. Sie hätten am frühen Abend von den Streitkräften die Information erhalten, dass die Kinder «gesund und wohlbehalten» gefunden worden seien, sagte Mucutuy. «Ich möchte sie jetzt einfach sehen.»
«Sie kennt die Pflanzen und Früchte»
Mit ihrer Mutter waren die Geschwister am 1. Mai mit einer Propellermaschine vom Typ Cessna 206 auf dem Weg nach Bogotá gewesen. Medienberichten zufolge war die Familie auf dem Weg zum Vater gewesen, der nach ständigen Drohungen durch eine Splittergruppe der Guerillaorganisation Farc aus der Region geflohen war. Jedoch stürzte die Maschine, mutmasslich nach Problemen am Motor, im Department Caquetá im Süden des Landes ab.
Laut einem vorläufigen Bericht der Luftfahrtbehörde kollidierte das Kleinflugzeug mit Baumkronen und stürzte danach senkrecht zu Boden. Die Mutter der Kinder, der Pilot und ein indigener Anführer starben bei dem Absturz. Es wird angenommen, dass der Zusammenstoss mit den Bäumen den Aufprall so stark abbremste, dass der hintere Teil der Kabine kaum beschädigt wurde, weshalb die Kinder überlebten.
Während das Flugzeugwrack gefunden wurde, blieben die vier Kinder verschwunden. Spuren, die die grossangelegte Suche unter Einsatz des Militärs zutage brachte, liessen auf ein Überleben der Kinder schliessen. Soldaten fanden Schuhe, Windeln, Haargummis, eine lila Schere, eine Babyflasche, eine aus Blättern und Ästen gebaute Notunterkunft sowie halbverzehrte Früchte.
Anhand der gefundenen Gegenstände und Spuren konnten die Soldaten den bisher zurückgelegten Weg der Kinder rekonstruieren. Doch der Regenwald in der Region ist sehr dicht, was die Suche nach den Vermissten erheblich erschwerte. Zudem regnet es praktisch ununterbrochen. Auch verharrten die Kinder offenbar nicht an einem Ort, sondern zogen umher, was die Suche weiter erschwerte. Das Militär warf Lebensmittel und Hilfsgüter aus der Luft über dem Dschungel ab, über Lautsprecher wurde eine Botschaft der Grossmutter in der indigenen Sprache der Kinder abgespielt.
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Als Teil einer indigenen Gemeinschaft könnte den drei Mädchen und dem Jungen ihre gute Kenntnis der Region und des Regenwaldes geholfen haben, um zu überleben. Ihre Grossmutter hatte vor allem auf die älteste Tochter vertraut. «Sie war immer wie die Mutter, sie hat die anderen mit in den Wald genommen», sagte sie zuletzt im Radiosender La FM. «Sie kennt die Pflanzen und Früchte. Wir Indigene lernen von klein auf, welche man essen kann und welche nicht.» Die Kinder hätten sich im Dschungel von wilden Maracujas und Mangos ernährt, teilten die Streitkräfte auf einer Pressekonferenz in Bogotá am Samstagmorgen mit.
Das Überleben der Kinder erinnert an den Fall der Deutsch-Peruanerin Juliane Koepcke, die 1971 einen Flugzeugabsturz im peruanischen Regenwald überlebte und nach zehn Tagen gerettet wurde. Da ihre Eltern als Biologen im Amazonasgebiet forschten, war der damals 17-Jährigen die Umgebung vertraut und sie konnte sich bis zu einem Fluss durchschlagen, wo sie schliesslich von Waldarbeitern gefunden wurde.
Staatschef Petro lobte am Freitag die Stärke der Kinder. «Sie waren allein, aber sie haben ein Beispiel des Überlebens gesetzt, das in die Geschichte eingehen wird», sagte er nach seiner Rückkehr aus Kuba, wo er einen Waffenstillstand mit der linken Guerillaorganisation ELN bekanntgegeben hatte. «So sind diese Kinder heute, die Kinder des Friedens, die Kinder Kolumbiens.»
Zwar hat sich die Sicherheitslage nach dem Friedensabkommen 2016 zwischen der Regierung und der Farc verbessert, allerdings werden noch immer Teile des südamerikanischen Landes von illegalen Gruppen kontrolliert. Vor allem Indigene, soziale Aktivisten und Umweltschützer geraten immer wieder in das Visier der kriminellen Banden - so möglicherweise auch der Vater der vier Kinder.