Das Textilmuseum St. Gallen zeigt in einer neuen Ausstellung Spitzen aus der Zeit ab dem 16. Jahrhundert. Die filigranen Kunstwerke, verfertigt und oft auch entworfen von Frauen, besassen damals den Wert von Edelsteinen.
Nicht wenige der kostbaren historischen Spitzen, die nun in der neuen Ausstellung präsentiert werden, stammen aus der Sammlung des Textilmuseums. Dort lagern sie üblicherweise in Schubladen, nun werden sie als Einzelstücke in Vitrinen und in dezentem Licht gezeigt: Borte, Decken und alle möglichen Variationen von Spitzen, die klerikale Gewänder oder die Kleidung aristokratischer Damen und Herren verzierten.
Dabei ist etwa eine Haube, an der eine Frau ein Jahr lang gearbeitet haben muss oder eine Decke, die wahrscheinlich als Geschenk für die Vermählung des spanischen Königs Philip IV. und der österreichischen Prinzessin Maria Anna im Jahr 1649 kreiert wurde.
Unendlich teuer
Die Ausstellung "Die Spitzen der Gesellschaft" konzentriert sich auf die Zeit zwischen 1500 und 1800. Die politische Macht stellte sich damals in der Kleidung dar und der eigene Rang drückte sich auch in der Qualität und der Menge der Spitzen aus, die dazu getragen wurden. "Spitzen waren Schmuckstücke und unendlich teuer", sagte Barbara Karl, Leiterin des Textilmuseums St. Gallen, bei der Medienorientierung am Donnerstag.
Vor allem im 16. Jahrhundert war Spanien prägend für die Mode. Dort war die Kleidung schwarz und die weissen Spitzen, etwa als Verzierungen der "Mühlsteinkragen", der Halskrausen, kamen stark zur Geltung. Später übernahm Frankreich und damit der Hof in Versailles das Modediktat. Erst mit der Französischen Revolution verschwanden zusammen mit anderen Symbolen der Aristokratie auch die Spitzen. "Die flamboyante Männermode wurde damals beendet", erklärte Barbara Karl.
Entworfen von Frauen
Eine entscheidende Rolle in der Geschichte der Spitzen spielten die Frauen. Sie verfertigten sie "in luxuriöser Handarbeit" - meist vor der Heirat. Frauen waren aber auch für technische Entwicklungen und für viele der kunstvollen Entwürfe verantwortlich, die bereits früh in Büchern gesammelt und aufbewahrt wurden.
Diese historischen Muster wurden später in St. Gallen wieder als Vorlagen in der boomenden Textilindustrie verwendet. Gesammelt hat sie etwa Leopold Iklé, der Abkömmling einer jüdischen Kaufmannsfamilie aus Hamburg, die in St. Gallen eine Niederlassung betrieb. Die Sammlung Iklé, aufbewahrt vom Textilmuseum, bildet denn auch den Kern der Ausstellung. Sie ist aber auch Thema eines Buches, das kurz vor der Eröffnung herausgegeben wurde.
"Spitzen der Gesellschaft" vom 26. Oktober bis 10. Februar im Textilmuseum St. Gallen.
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