ProzessLange Freiheitsstrafe für Berner Giftmord an der Ehefrau
hn, sda
19.1.2023 - 14:13
Ein 51-jähriger Mann ist am Donnerstag in Bern wegen Mordes an seiner Ehefrau zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er seine Gattin im März 2021 vergiftet hatte.
Keystone-SDA, hn, sda
19.01.2023, 14:13
19.01.2023, 16:47
SDA
Bis heute könne niemand wirklich verstehen, wie der durchs Band weg als liebenswürdig, hilfsbereit, gescheit und ruhig, ja gar introvertiert beschriebene Angeklagte derart kaltblütig habe handeln können, zog Gerichtspräsidentin Bettina Bochsler nach der Bekanntgabe des Urteils am Donnerstag etwas ratlos Bilanz.
Glasklar war für das erstinstanzliche Gericht hingegen, dass der studierte Informatiker und ehemalige Firmenchef seine langjährige Ehefrau mit einer Überdosis eines heimlich im Ausland beschafften Gichtmittels aus dem Weg geräumt hatte. Der Mann hatte sich nämlich unsterblich in eine andere, viel jüngere Frau verliebt.
Angeklagter spricht von Unfall
Der von einer Autoimmunerkrankung gezeichnete Angeklagte hatte lange zur Tat geschwiegen oder Erinnerungslücken vorgebracht. Erst kurz vor Prozessanfang gab er zu, seiner Frau heimlich ein Gichtmittel in den Kaffee geschüttet zu haben. Er habe sie aber nicht umbringen wollen.
Die Gattin habe ihn genervt, weil sie immer wieder Besuche von oder bei Freunden absagte, wegen gesundheitlicher Zipperlein. Er habe ihr einmal zeigen wollen, wie sich wirkliche Beschwerden anfühlten, so die Version des Angeklagten.
Doch die nahm ihm das Gericht aber nicht ab und verwies sie ins Reich der Schutzbehauptungen. Der Angeklagte habe sich weit im Voraus über die Wirkung von Giften informiert und zahlreiche, entsprechende Medikamente über ein ausländisches Handelsportal bestellt und an ein geheimes Postfach liefern lassen, sagte die Gerichtspräsidentin bei der Bekanntgabe des Urteils am Donnerstag.
Der studierte Informatiker habe sich im Internet über das Gichtmittel informiert. Dabei sei mit geringster Denkleistung erkennbar, dass das Medikament ab einer gewissen Dosis tödlich sei.
Ärzte im Unwissen gelassen
Der Angeklagte habe seiner Frau nicht einfach «ein bisschen zu viel» des Medikaments in den Kaffee geschüttet, wie man dies bei einem Missgeschick vielleicht annehmen könnte, sondern eine vielfach tödliche Dosis.
Als seine Frau mit schweren Vergiftungssymptomen im Spital war, habe er die Ärzte nicht über die heimliche Verabreichung des Medikaments informiert. Bei entsprechendem Wissen hätten sie den Magen der Frau auspumpen und sie so allenfalls retten können.
Stattdessen habe der Angeklagte, während seine Frau im Sterben lag, mit seiner neuen Liebschaft «gechattet und geflirtet», sagte die Gerichtspräsidentin. Er habe einen Termin bei einem Schönheitschirurgen gebucht und mit seiner neuen Angebeteten Ferienpläne gewälzt.
Skrupellos und egoistisch
Der Angeklagte sei äusserst skrupellos und egoistisch vorgegangen und habe aus völlig nichtigem Grund das Leben seiner Frau zerstört, urteilte das Gericht. Es erkannte deshalb auf den Tatbestand des Mordes und hielt eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren für angemessen. Den Angehörigen sprach es Genugtuungen zu.
Die Staatsanwaltschaft hatte wegen Mordes eine Strafe von 18 Jahren und sechs Monaten verlangt. Die Verteidigung hatte auf fahrlässige Tötung und eine entsprechend angemessene, deutlich mildere Strafe plädiert.
Das Urteil des Regionalgerichts Bern-Mittelland ist noch nicht rechtskräftig und kann innert zehn Tagen an die nächst höhere Instanz weitergezogen werden. Ob dies geschieht, war am Donnerstag noch offen.
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