Walliser Binntal zugemüllt Gemeinde geht knallhart gegen Mineralien-Jäger vor

toko

3.9.2024

Das Walliser Binntal hat nicht nur für Wander-Fans seinen Reiz, sondern auch für Strahler.
Das Walliser Binntal hat nicht nur für Wander-Fans seinen Reiz, sondern auch für Strahler.
IMAGO/Dreamstime

Overtourism der anderen Art: Weil sich viele Mineralien-Jäger im Strahler-Eldorado Binntal nicht an die Regeln halten, zieht die Gemeinde die Reissleine. Ab kommenden Jahr wird die Mineralien-Suche kostenpflichtig.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die 126 Einwohner zählende Gemeinde Binn ist der Hot Spot für Mineralien-Sucher in der Schweiz.
  • Weil sich viele Hobby-Strahler jedoch nicht an die Regeln halten, werden sie ab 2025 von der Gemeinde Binn zur Kasse gebeten.
  • Im nicht weit entfernten Goms hat man mit einer ähnlichen Massnahme bereits gute Erfahrungen gemacht.

Das Walliser Binntal könnte malerischer kaum sein: Traumhafte Berglandschaften, reissende Bäche und vor allem: viel Ruhe. Doch nicht nur Naturfreunde zieht das Seitental des Rhonetals an.

Im Binntal gibt es über 300 verschiedene Mineralien, weshalb es sich zu einem Schweizer Eldorado für Strahler entwickelt hat. Deshalb erhält die 126-Seelen-Gemeinde auch stets regen Besuch von den Mineralien-Suchern.

30 Franken für Tagespatent

Weil die sich aber zunehmend nicht an die Regeln halten, werden sie ab 2025 zur Kasse gebeten. Dies berichtet der «Walliser Bote». Demnach müsse vom kommenden Jahr an ein kostenpflichtiges Patent erworben werden. Das macht dann 30 Franken für einen Tag Mineralien-Suche. Für das Jahrespatent müssen die Binner 250 Franken, Personen mit Wohnsitz im Wallis 500 Franken und alle übrigen Personen 1000 Franken berappen.

Beschlossen hat die Massnahme die Urversammlung Binns. So sei man sich dort bereits im vergangenen Jahr einig gewesen, dass etwas passieren müsse. Zuvor hatte ein Kontrolleur der Gemeinde zahlreiche Verstösse gegen die Regeln festgestellt. Dazu gehört etwa unerlaubtes Übernachten im Freien oder Littering. So hätten Gruppen mehrere Tage im Gebirge übernachtet und ihren Abfall einfach liegen lassen. Der Kontrolleur habe den Müll selbst aufsammeln, ins Tal bringen und entsorgen müssen. Mehrere Strahler hätten zudem erhebliche Landschäden im Binntal verursacht.

Mit schwerem Gerät auf Mineralien-Suche

Nicht zuletzt sei der Druck auf das Binntal in den vergangenen Jahren weiter gestiegen, weil die Gemeinde Goms ihrerseits bereits eine ähnliche Massnahme beschlossen hatte, offenbar mit Erfolg: «Wir haben gute Erfahrungen gemacht», sagt die Gomser Gemeindeschreiberin Brigitte Laube dem «Boten».

Auch in Goms sah man sich «gezwungen», Massnahmen zu ergreifen. Die Probleme sind jenen in Binn ähnlich. So hätten «Hobby- und Berufsstrahler» wild campiert und gar schwere «Maschinen und Aggregate» in die Berge geschafft. 

Dabei sollten die Mineralien-Jäger eigentlich wissen, wie man sich bei der Suche zu benehmen hat. Die Schweizerische Vereinigung der Strahler, Mineralien- und Fossiliensammler hat einen Ehrenkodex herausgegeben, der enge Grenzen bei der Ausübung des Hobbys setzt. 

«Wir sind ein Strahlerdorf»

Rudolf Jossen, Gemeindepräsident von Binn, sagt dem «Walliser Boten»: «Wir haben uns mit diesem Problem schon seit Jahren befasst. Ein kleiner Teil der Strahler geht relativ ‹brutal› an die Sache.» Immer mehr verliessen den Ort so, wie man es eigentlich nicht tun sollte. So seien die Alpstrassen nur mit einer Bewilligung befahrbar, ausserdem das Biwakieren auf dem Gemeindegebiet verboten.

Trotzdem will Jossen nicht alle Mineralien-Jäger über einen Kamm scheren. Und distanzieren will er sich ohnehin nicht. Schliesslich sei das Strahlen ein wesentlicher Teil des Tourismus im Ort: «Wir sind ein Strahlerdorf», sagt der Gemeindepräsident.

Kontrolle durch Stichproben

Dennoch: Wer sich ab kommendem Jahr im Binntal auf die Mineraliensuche begeben will, muss sich dafür auf einer eigens eingerichteten Online-Plattform ein Patent besorgen. Erwerben die Strahler ein Tagespatent, müssen sie zusätzlich auch den genauen Tag angeben. Dies sei eine wichtige Information für die Gemeinde. Schliesslich machten die Patente nur Sinn, «wenn man sie dann auch kontrolliert», erklärt Jossen. Überprüfen wolle man dies künftig durch Stichproben. 

Keinesfalls wolle man durch die Massnahme die Finanzen der Gemeinde aufbessern, betont der Gemeinderatspräsident: «Wir wollen mit diesen Patenten sicher kein Geld verdienen.» Es seien lediglich die Kosten für die Onlineplattform sowie für den Kontrolleur zu decken.

Für die Einführung des Strahlerpatents ab 2025 musste die Gemeinde gar eine Anpassung in ihrem Polizeireglement vornehmen. Neben dem Obolus wurde auch definiert, dass das Sprengen auf dem Gemeindegebiet verboten ist. Ausnahmen könnten jedoch weiterhin vom Gemeinderat bewilligt werden.

Einen noch radikaleren Schritt ist man in Albinen gegangen, wo ein generelles Strahlerverbot gilt. Dort ist die Suche nach mineralischen Raritäten sowie der Einsatz von Sprengstoffen und Bohrmaschinen untersagt.