6 Jahre Haft für BräutigamMisstrauische Standesbeamtin verhindert Zwangsheirat
Oliver Kohlmaier
10.10.2025
Das Bezirksgericht Dietikon hat einen 43-jährigen Mann unter anderem wegen Vergewaltigung und versuchter Zwangsheirat zu sechs Jahren Gefängnis veruteilt.
Keystone (Archivbild)
Ein Termin beim Zivilstandesamt Dietikon bringt den Stein ins Rollen: Die verängstigte Braut macht die Beamtin misstrauisch – sie wittert eine Zwangsheirat. Drei Jahre später wird der Bräutigam verurteilt.
Redaktion blue News
10.10.2025, 20:38
Oliver Kohlmaier
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Eine misstrauische Standesbeamtin in Dietikon wittert bei einem Termin mit dem Paar eine Zwangsheirat und verzögert die Trauung.
Schliesslich informiert sie die Polizei.
Der Bräutigam wurde von Bezirksgericht Dietikon wegen Vergewaltigung, mehrfacher Drohung, mehrfacher Körperverletzung sowie einer versuchten Zwangsheirat verurteilt.
Er muss sechs Jahre ins Gefängnis und erhält einen zehnjährigen Landesverweis.
Es ist ein Wintertag im Dezember 2022, ein Paar sitzt beim Zivilstandesamt in Dietikon ZH. Doch die Beamtin bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Die Braut wirkt ängstlich und zittert, spricht kein Wort.
Die misstrauische Standesbeamtin verlangt ein Einzelgespräch mit der Braut. «Wehe, du sagst etwas», sagt der französisch-kosovarische Doppelbürger noch auf Albanisch zu der Braut. Dies geht aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft hervor, wie die «Neue Zürcher Zeitung» berichtet (kostenpflichtiger Inhalt).
In dem Einzelgespäch mit der Zivilstandsbeamtin öffnet sich die Braut demnach. Sie sei grundsätzlich eine moderne Frau, wolle kein Kopftuch tragen. Doch sie werde von ihrem Partner unter Druck gesetzt, auch die Eheschliessung wolle sie nicht. Sie habe Angst vor ihrem Partner, vertraut die Frau der Standesbeamtin an. Er habe ihr bereits einen Finger gebrochen.
Immer wieder verzögert die Beamtin die Trauung, spricht auch mit dem Bräutigam. Als sich ihr Verdacht erhärtet, informiert sie schliesslich die Polizei.
Im Juli 2023 wird der Mann wegen häuslicher Gewalt festgenommen. Laut der Anklageschrift wird dem Mann zwischen Frühjahr 2021 und Juli 2023 Vergewaltigung, mehrfache Drohung, mehrfache Körperverletzung sowie ein grobes Verkehrsdelikt vorgeworfen. Hinzu kommt die versuchte Zwangsheirat.
Im Prozess vor dem Bezirksgericht Dietikon bestreitet der Mann alle Vorwürfe. Seine damalige Verlobte hätte die Vorwürfe erfunden und auch Fotos manipuliert. Weil er nun eine neue Partnerin habe, wolle die Frau nun aus Eifersucht sein Leben zerstören. In Wahrheit sei es bei der Zwangsheirat zudem umgekehrt verlaufen. Die Braut und deren Mutter hätten ihn gedrängt zu heiraten.
6 Jahre Gefängnis
Vor dem Gericht jedoch verfängt dies nicht. Der Mann wird schliesslich in allen Anklagepunkten für schuldig befunden. Er wird zu sechs Jahren Freiheitsstrafe sowie zu einer bedingten Geldstrafe von 55 Tagessätzen à 30 Franken verurteilt. Ausserdem wird der Mann für 10 Jahre des Landes verwiesen und muss der Frau 15'000 Franken Genugtuung und rund 2100 Franken Schadenersatz bezahlen.
Auf Nachfrage der «NZZ» erklärt die vorsitzende Richterin, das Gericht habe die Aussagen des Opfers in Kombination mit den übrigen Beweismitteln als glaubhaft bewertet. Daran hätte die Ausführungen des Beschuldigten nichts geändert.
Mehr Videos aus dem Ressort
Berufungsprozess zur Vergewaltigung von Gisèle Pelicot
51 Männer wurden in Frankreich wegen des Missbrauchs von Gisèle Pelicot verurteilt. Einer der Angeklagten geht nun in Berufung, der 44-Jährige war Ende vergangenen Jahres zu neun Jahren Haft verurteilt worden.