AKP fordert chemische KastrationNach Vergewaltigung: Türkei streitet über Kindesmissbrauch
Zeynep Bilginsoy, AP
6.3.2018
Angesichts steigender Zahlen von Kindesmissbrauch will die Regierungspartei AKP schärfere Strafen durchsetzen. Experten bezweifeln, dass dies hilft.
In der Türkei schlagen die Wellen der Empörung hoch. Ein Mann soll im Süden des Landes eine Vierjährige vergewaltigt haben. Eine aufgebrachte Menge versuchte, sein Haus anzuzünden, die Polizei musste den mutmasslichen Täter vor Lynchjustiz schützen. Die Öffentlichkeit fordert bessere Prävention und strengere Strafen. Die Regierung zieht nach Angaben hochrangiger Beamter neben lebenslanger Haft für überführte Täter auch chemische Kastration in Betracht.
Forderungen nach einem besseren Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch gibt es in der Türkei schon lange. Doch der Fall hat die landesweite Diskussion neu entfacht. Einige Prominente mahnten in den sozialen Medien: «Kinder schweigen, Sie sollten reden». Andere forderten das Parlament auf, die Todesstrafe wieder einzuführen. Doch schon jetzt sieht das türkische Gesetz strenge Strafen vor - was die Fälle sexuellen Missbrauchs aber nicht verringert hat.
Zahl der Fälle von Kindesmissbrauch stark gestiegen
Experten drängen daher auf mehr Prävention. Bei dem Fall im Februar ging der Verdächtige nach Medienberichten in das Haus des Kindes, während draussen eine Hochzeit gefeiert wurde. Als ein Gast den Mann und das Kind unbekleidet in einem Zimmer fand, schlug er mit einem Stein auf ihn ein. Andere kamen zu Hilfe und jagten ihn nackt aus dem Haus. Verwandte des Mädchens versuchten, sein Haus mit Benzinbomben niederzubrennen. Auf Filmen sind Dutzende wütende Bürger zu sehen. Der Verdächtige wurde am selben Tag festgenommen.
Nach Angaben des türkischen Statistikinstituts sind die aktenkundigen Fälle von Kindesmissbrauch von mehr als 11'000 im Jahr 2014 auf fast 17'000 im Jahr 2016 gestiegen, doch Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Vor allem innerhalb der Familien komme es zu Übergriffen, die aufgrund der traditionell patriarchalischen Gesellschaft oft im Verborgenen blieben, glaubt die Psychiaterin und Vorsitzende einer Vereinigung zur Verhinderung von Kindesmissbrauch, Bahar Gokler: «Armut und Entbehrung sind Nährboden für sexuellen Missbrauch.» Sie beschreibt arme, isolierte Familien in beengten Wohnverhältnissen, wo Kinder und Erwachsene gemeinsam schlafen.
Doch auch in Institutionen gibt es viele sexuelle Übergriffe auf Kinder. 2016 wurde ein Lehrer zu 508 Jahren Haft verurteilt, weil er jahrelang zehn Jungen im Wohnheim einer religiösen Stiftung in der Zentraltürkei missbraucht hatte. Ein Hausmeister wurde im Januar für den sexuellen Missbrauch von 18 Kindern in einer Religionsschule im Südosten zu 572 Jahren Haft verurteilt.
Opfer fühlen sich geächtet
Melden Kinder die Übergriffe, so müssen sie oft traumatische Vernehmungen von ungeschulten, unsensiblen Beamten in Polizeistationen und Gerichten erdulden. Nach den Worten von Selmin Cansu Demir, Anwältin und Aktivistin für Kinderrechte, fühlen sich die Opfer oft geächtet - und erschöpft von jahrelangen Gerichtsverfahren.
Die Türkei hat deshalb Kinderüberwachungszentren eingerichtet, wo geschulte Polizisten ein Opfer nur einmal vernehmen. Doch gibt es nur 27 Zentren für die 23 Millionen Kinder in der Türkei.
Demir zufolge bleibt die Auslegung von Kindesmissbrauch allzu oft Richtern und Staatsanwälten überlassen. Im Artikel 103 des türkischen Strafgesetzbuches gilt «jedes sexuelle Verhalten» gegenüber einem Kind unter 15 als Kindesmissbrauch. Ist das Kind unter zwölf, drohen zudem höhere Strafen.
Die Festsetzung der Strafen geschieht oft willkürlich: Nach einem Bericht der Kinderschutzorganisation IMDAT erhielt ein 32-Jähriger, der der Vergewaltigung eines 14-Jährigen mit geistiger Behinderung beschuldigt wurde, 2016 wegen vorzeitiger Ejakulation eine geringere Strafe. Auch Kindern über 15 Jahren gewährt das Gesetz oft nur unzureichenden Schutz.
Chemische Kastration: Regierung plant harte Strafen
«Kinderehen, Inzest und Kindesmissbrauch sind so weit verbreitet», sagt die Anwältin und Menschenrechtlerin Yasemin Oz. Richter können nach dem türkischen Zivilgesetzbuch «in aussergewöhnlichen Situationen» Ehen von Kindern ab 16 Jahren genehmigen, Jüngere können in inoffiziellen religiösen Zeremonien verheiratet werden, in denen die Familien Mitgift erhalten. «Hier werden 15-jährige Kinder zwangsverheiratet mit 40- oder 50-Jährigen», sagt Oz.
Die Regierung plant nun schwerere Sanktionen für sexuelle Straftaten an Kinder. Doch Kinderschutzexperte Adem Arkadas-Thibert lehnt den Vorschlag chemischer Kastration ab: «Die Lösung für die Verletzung von Kinderrechten und Missbrauch kann keine Menschenrechtsverletzung sein», sagt er.
Seit Jahren fordern Kinderrechtler besseren Schutz vor sexuellem Missbrauch, doch ein umfassender Parlamentsbericht darüber wurde im Jahr 2016 zu den Akten gelegt - bis zur mutmasslichen Vergewaltigung der Vierjährigen. Die türkische Regierung versprach, sich mit Präventivmassnahmen zu befassen.
Aufklärung unmöglich
Psychiaterin Gokler betont: «Es geht nicht darum, ob der Täter nach dem Missbrauch kastriert oder hingerichtet werden soll, sondern wie diese eskalierende Situation verhindert werden kann.» Nach Einschätzung von Experten gehört zur Prävention das Verbot früher Ehen, die altersgerechte Aufklärung von Kindern über ihren Körper und ihre Sexualität, die Aufklärung über sexuellen Missbrauch in Sensibilisierungskampagnen, die Schulung von Beamten, der Aufbau von Datenbanken und die Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter.
Doch unter der regierenden AKP rückte die Türkei näher an konservative islamische Werte. Religiöse Bildung und die traditionellen Frauenrollen werden wieder stärker betont, und über sexuelle Themen zu sprechen ist immer noch ein Tabu. «Die Türkei kann und muss eine Null-Toleranz-Politik für Gewalt gegen Kinder umsetzen», fordert nun Arkadas-Thibert. «Sie hat die Mittel und das Wissen - die Zeit ist reif.»
Evakuierungsaktion bei der Seilbahn Lungern-Turren in Lungern im Kanton Obwalden: Wegen einer technischen Panne mussten rund 27 Personen mit dem Helikopter gerettet werden.
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Zu zweit durch dick und dünn – und durch heiss und eiskalt: Dieses Liebespaar sprang am Valentinstag in Hamburg ins kalte Wasser.
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Die Pandabären-Geschwister Paule (r) und Pit (l) spielen in ihrem Gehege im Zoo Berlin im Schnee. (13.02.2021)
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Sahara-Sand färbt Schnee und Himmel orange im Skigebiet Anzère in der Schweiz.
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Menschen drängen sich in der Einkaufsstrasse Via del Corso in Rom nachdem die Corona-Massnahmen gelockert wurden.
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Irgendwo dort versteckt sich die A7: Nahe Hannover herrscht dichtes Schneetreiben auf der Autobahn.
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Eine Replik der Saffa-Schnecke fotografiert vor der Schweizer Nationalbank während einer Jubiläumsaktion organisiert von Bern Welcome, zu 50 Jahren Frauenstimm- und -wahlrecht. (06.02.2021)
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Bild: Anthony Anex/Keystone
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Während einer Demonstration gegen die Inhaftierung von Kremlkritiker Nawalny führen russische Polizisten einen Mann ab. (31.1.2021)
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Gleich zwei Mal binnen 48 Stunden gab es in Raron im Kanton Wallis infolge der Schlechtwettersituation in den letzten Tagen Felsstürze. (30.1.2021)
Bild: KEYSTONE/Laurent Gillieron
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Bild: John Minchillo/AP/dpa
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Bild: Armando Franca/AP/dpa
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Bild: Keystone
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Bild: Ken Bohn/San Diego Zoo Global/dpa
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Bild: Keystone
Von Ruhe auf einer Parkbank kann hier nicht die Rede sein: Möwen und Tauben schwirren und fliegen um eine Frau in Tokio umher. (26.1.2021)
Bild: Eugene Hoshiko/AP/dpa
Schnack beim Snack: Fischer Willy Rivas scherzt im peruanischen Lima mit einem Freund beim Essen in der Fischerbucht in Chorrillos. (26.1.2021)
Bild: Rodrigo Abd/AP/dpa
Banger Blick zum Horizont: Ein freiwilliger Helfer benutzt sein Walkie-Talkie, während er den Vulkan Mount Merapi während einer Eruption überwacht. Der Vulkan, der als einer der gefährlichsten der Welt gilt, ist erneut ausgebrochen und spukte mehrere Stunden glühende Asche und Gestein. (27.1.2021)
Bild: Slamet Riyadi/AP/dpa
Stausee verkommt zu «fliessenden Müllhalde: Ein Mann geht an Tonnen von Müll vorbei, die am Fusse des Wasserkraftwerks am Potpecko-Stausee in Serbien schwimmen. Vor allem Plastikabfälle gelangen durch Nebenflüsse in den Stausee und sammeln sich hier an. Eine serbische Zeitung schrieb bereits von einer «fliessenden Müllhalde». (26.1.2021)
Bild: Darko Vojinovic/AP/dpa
Dickschädeltest: Stirn an Stirn messen zwei Rinder im deutschen Naturschutzgebiet Boberger Niederung ihre Kräfte. (25.1.2021)
Bild: Daniel Bockwoldt/dpa
Nasskaltes Ende: Zwischen Frauenfeld und Matzingen ist eine 33-jährige Wagenlenkerin bei Glatteis von der Strasse abgekommen und im Murgkanal gelandet. Die Frau wurde mit leichten Verletzungen ins Spital gebracht. (26.1.2021)
Bild: Kapo TG
Opfer der Zerstörungswut: Ein Mann räumt in einem Fast-Food-Restaurant in Rotterdam auf. Die Niederlande sind erneut von sogenannten Corona-Krawallen erfasst worden. Hunderte gewaltbereite Jugendliche hatten nach Polizeiangaben in mehreren Städten randaliert und dabei auch die Polizei angegriffen. (25.1.2021)
Bild: Peter Dejong/AP/dpa
Auf den Hund gekommen: Vierbeiner der Indian Railway Protection Force zeigen anlässlich des indischen Nationalfeiertags ihre Kunststückchen.
Bild: KEYSTONE
Galionsfigur mit Kettensäge: Im ungarischen Szilvásvárad streckt sich ein Feuerwehrmann auf dem Dach eines Zugs, um einen Ast abzusägen, der unter der Schneelast heruntergebrochen ist und die Bahnstrecke blockiert. (25.1.2021)
Bild: Keystone
Und sie tun es immer noch: In Rio De Janeiro tummeln sich grosse Menschenmengen auf engem Raum am Strand von Ipanema in Rio de Janeiro. Und das obwohl Brasilien nach wie vor sehr hohe Corona-Fallzahlen hat.
Bild: Bruna Prado/AP/dpa
Himmlische Hilfe: Feuerwehrfrau Tegan Rayner von der Belair Brigade CFS freut sich über den Regen, während sie nach Löscharbeiten der Buschbrände in Cherry Gardens in der Nähe von Adelaide, Australien, steht. (25.1.2021)
Bild: Brenton Edwards/ADELAIDE ADVERTISER/AAP/dpa
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