Spott für israelischen Botschafter Nicht ganz koscher – Twitter lacht über kulinarische Photoshop-Panne 

Von Philipp Dahm

9.7.2019

Etwas an diesem Bild ist nicht ganz koscher. Nein, Brasiliens populistischer Präsident Jair Bolsonaro ist nicht gemeint.
Etwas an diesem Bild ist nicht ganz koscher. Nein, Brasiliens populistischer Präsident Jair Bolsonaro ist nicht gemeint.
Bild via Twitter

Die Tora untersagt Gläubigen, Meerestiere zu essen. Das weiss auch Israels Botschafter in Brasilien – sonst hätte er wohl nicht versucht, einen Hummer-Tweet dilettantisch zu kaschieren.

Es ist mitunter ein Kreuz mit diesen Religionen: Im Gegenzug für göttliche Gegenliebe muss der Gläubige mitunter auf Dinge verzichten, die für andere selbstverständlich sind. Man denke nur an die Heilige Kuh, die die Hindus verehren.

Sicherlich werden die Tiere auch hier geschätzt, gleichzeitig von vielen aber auch gerne mal verspeist. In Indien ist dagegen gerade ein Mann zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, weil er ein Kalb geklaut und geschlachtet hat, so die Richter.

Der Fall aus dem Bundesstaat Guajarat ist perfide: In Dhoraji hat sich  ein Mann namens Sattar Koliya an die Polizei gewandt, weil sein Kalb, das er «wie eine Tochter grossgezogen» hat, gestohlen wurde, berichtet «Indian Express».

Inderinnen kuscheln mit einer Kuh – denn Liebe kennt keine Schlachthäuser.
Inderinnen kuscheln mit einer Kuh – denn Liebe kennt keine Schlachthäuser.
Bild: Keystone

Im Verdacht: der Nachbar. Die Staatsanwaltschaft wirft Salim Kadar Makrani vor, das Tier «geschlachtet, zu Biryani verkocht und bei der Hochzeit der Tochter serviert» zu haben. Forensische Untersuchungen und Zeugenbefragungen mündeten gerade in dem Gefängnisurteil: Zehn Jahre Haft sind die Höchststrafe eines erst 2017 verschärften Gesetzes.

Gott, Gebote und Grenzen

Auch wenn das Beispiel aus Indien extrem ist: Schummeleien bei den religiösen Pflichten sind weltweit gang und gäbe. Vom Muslim, der trotz Verbots dann und wann seinen Wein geniesst bis zum strengen Katholiken, der freitags eigentlich auf Fleisch verzichten sollte, aber dann doch «nur» Poulet isst – Glaubensvorschriften sind bei vielen Schäfchen auslegbar.

Flexibilität erleichtert auch jüdischen Gläubigen das Leben: Die Tora kennt eine ganze Reihe von Regeln, an die sich ihre Anhänger halten müssen. Das gilt gerade auch fürs Essen – man denke nur an die strikte Trennung von Fleisch und Milch oder das strikte Verbot gesäuerten Brotes zu Pessach. 

Wie orthodoxe Juden Gebote dank moderner Technik befolgen:

Eine andere Speise-Einschränkung ist dagegen relativ leicht zu befolgen: Meeresgetier wie Muscheln, Schnecken oder Tintenfische ist tabu, erlaubt ist einzig Fisch. Was aber tut man, wenn man beispielsweise israelischer Botschafter in Brasilien ist, und der Präsident lädt einen zum Hummer-Schlemmen ein? Entweder man hält sich an die religiösen Vorgaben und lehnt dankend ab – oder man sieht zu, dass niemand mitbekommt, was bei dem Treffen auf den Teller kommt.

Hummer ist, wenn man trotzdem lacht

Jossi Shelley jedoch hat nichts davon getan. Im Gegenteil: Der Diplomat hat selbst ein Foto seines Dinners mit Jair Bolsonaro getwittert, das nicht nur seinen religiösen Fehltritt öffentlich macht, sondern ihm auch noch jede Menge Spott beschert.

Die israelische Botschaft hat den Hummerteller in ihrem Tweet zwar unkenntlich machen wollen, es aber nicht so genau genommen, als das Bild bearbeitet wurde: Das Schalentier ist trotz digitaler Übermalung noch klar zu erkennen.

Während sich Shelley an der Heimatfront natürlich jeder Menge Kritik von Orthodoxen stellen muss, nimmt die Twitter-Gemeinde den religiösen Fauxpas mit Humor: Tweets mit Hohn ob der Zensur und Photoshop-Nachhilfe in Form von grinsenden Kindertellern mussten nicht lange auf sich warten lassen.

Was sagt noch der Volksmund zum Thema Essen? Die alte Weisheit müsste vielleicht ergänzt werden: Du bist, was du isst – wenn du darfst.

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