Hakenkreuz-Streit Deutscher verklagt Tiroler Hotel

phi

12.9.2019

Ferienidylle: Der Inn fliesst durch das Zillertal.
Ferienidylle: Der Inn fliesst durch das Zillertal.
Bild: Keystone

«Steinpilz10» wollte sich doch nur erholen: Der kuriose Fall eines österreichischen Hotels und seines deutschen Gastes, dem Hakenkreuze die Ferien verhagelten.

Sommersaison 2018 in Gerlos in Tirol: Das Zillertal ist eine bekannte Ferienregion in Österreich, in die auch viele deutsche Gäste kommen. So wie Thomas K. und seine Frau. Das Paar hat sich im vorletzten August für einige Tage im «Ferienhof G.» einquartiert. Die Herberge bekommt im Internet gute Noten: Auf «Tripadvisor» sind fast alle Bewertungen positiv. Eine passt jedoch überhaupt nicht ins Bild – hier kommt das Hotel ganz schlecht weg.

Und der Gast sagt auch, warum: «Eine Weile nach dem Einchecken fiel uns das Bild auf, das über dem Eingang hing», so beginnt das «Tripadvisor»-Feedback auf Englisch. «Es war das Schwarz-Weiss-Foto eines jungen Mannes, der eine Naziuniform mit erkennbarem Hakenkreuz trägt. Ein anderes Bild zeigt einen Erwachsenen, es ist möglicherweise derselbe Mann, nur später aufgenommen.»

Die Bewertung auf «Tripadvisor».
Die Bewertung auf «Tripadvisor».
Screenshot: Tripadvisor

Schon dies lässt ja nur eine Bewertung zu, geht gar nicht, so ein Bild, noch dazu im öffentlichen Raum – «Steinpilz10» schreibt weiter: «Für uns war es eine grosse Enttäuschung, dass einem Nazi in einem Hotel öffentlich gehuldigt wird. Wir fühlten Empörung und Ekel, als wir uns gefragt haben, was uns die Hotelbesitzer damit sagen wollen.» Die Lust, die Bergregion überhaupt noch zu erkunden, sei ihnen tüchtig vergangen, so endet der Erfahrungsbericht, er trägt den Titel: Am Eingang zeigen sie ein Bild von Nazi-Opa.

Beim Reiseportal Booking.com trudelt dann am 23. August 2018 eine weitere miese Note für das Ferienhotel ein. Jener deutsche Gast bewertet das Hotel mit «sehr schlecht», doch seine Begründung wird nicht angezeigt, der Eintrag entspreche angeblich nicht den Booking-Richtlinien, wie es heisst.

Booking.com hat den Inhalt der Hotel-Kritik zensiert.
Booking.com hat den Inhalt der Hotel-Kritik zensiert.
Screenshot: Booking.com

Jedenfalls: Gegen die miesen Noten sind die Hotelbesitzer vorgegangen und tun es weiterhin: Sie stören sich daran, dass die porträtierten Männer vom Ex-Gast als Nazis dargestellt werden – und haben Thomas K. wegen seiner Rezensionen in Innsbruck verklagt. Die Männer seien «nur» Mitglieder der Wehrmacht gewesen und damit doch nicht per se auch Nazis.

Das in den Niederlanden registrierte Portal Booking.com ist der Aufforderung der Hotelbesitzer offenbar nachgekommen und hat die negative Bewertung zensiert. Das US-Portal «Tripadvisor» hingegen zog nicht mit, weshalb die ganze Sache vor Gericht gegangen ist.

Laut «Guardian» haben die Hotelbesitzer in Innsbruck im Juli einen Teilerfolg errungen und eine einstweilige Verfügung gegen K. erreicht. Das Gericht hat es so begründet: Die Bewertung suggeriere, dass die Gastgeber mit Nazis sympathisieren würden. Bei den Porträtierten handele es sich aber um einen Onkel der Besitzer, von dem es nun einmal nur das eine Bild gebe, auf dem er eben in Wehrmachtsuniform zu sehen sei.

Die Lage des Ortes Gerlos im Zillertal.
Die Lage des Ortes Gerlos im Zillertal.
Karte--. Google Maps

Hintergrund: Nach dem «Anschluss» Österreichs war das österreichische Bundesheer mit der deutschen Wehrmacht bis zum Ende des Krieges verschmolzen.

Doch auch Gast K. punktete vor Gericht: Er konnte laut «Deutsche Welle» durch eine Archivsuche in Berlin nachweisen, dass die porträtierten Männer 1941 und 1943 der NSDAP beigetreten waren, wovon deren Verwandte nichts gewusst haben wollen.

Mit einem Ende des Prozesses in Innsbruck wird noch in diesem Jahr gerechnet, doch auch in Deutschland geht der Rechtsstreit weiter: K. hat ein Mitglied der Hotelbesitzer-Familie angezeigt, weil dieses ihn telefonisch genötigt haben soll.

Die strittigen Bilder sind derzeit jedenfalls entfernt, zumindest bis zum Ende der Verhandlungen, schreibt die «Huffington Post».

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