Herzog & de Meuron Deutsche Finanzkontrolle steigt Basler Stararchitekten aufs Dach

dpa

10.3.2021 - 18:16

Das Modell des Siegerentwurfs des Basler Architekturbüros Herzog und de Meuron für das Museum des 20. Jahrhunderts am Kulturforum in Berlin. (Archiv)
Das Modell des Siegerentwurfs des Basler Architekturbüros Herzog und de Meuron für das Museum des 20. Jahrhunderts am Kulturforum in Berlin. (Archiv)
Bild: Keystone

Explodierende Kosten, zu dicht an anderen Bauten und überhaupt: Es sieht aus wie eine Scheune. Das «Museum der Moderne» der Basler Stararchitekten Herzog & de Meuron wurde in Berlin oft kritisiert. Nun setzt der deutsche Bundesrechnungshof noch eins drauf.

10.3.2021 - 18:16

Am Kulturforum im Herzen Berlins soll bis 2026 nach einem Entwurf des Basler Architekturbüros Herzog & de Meuron ein Museum für Kunst entstehen, genauer: für Kunst des 20. Jahrhunderts aus der Sammlung der Berliner Nationalgalerie und privaten Sammlungen. Weil das Museum immer noch keinen endgültigen Namen hat, wird es derzeit landläufig als «Museum der Moderne» oder auch als «Museum des 20. Jahrhunderts» bezeichnet.

Während also weder das Bauwerk selbst steht, noch ein Name dafür feststeht, ist die Aufregung darüber längst manifest. Schon nachdem Herzog & de Meuron 2016 den Wettbewerb zum Bau gewannen, wurde ihr Plan kritisiert. Die Berliner Öffentlichkeit verspottete den Entwurf als «Scheune», «Bierzelt», «Reitstall» oder «Aldi».

Kritisiert wurde auch, dass das Museum zwei Architektur-Ikonen – nämlich die Neue Nationalgalerie von Mies van der Rohe und Scharouns Philharmonie – städtebaulich ins Abseits stelle. Vor allem aber sorgt für rote Köpfe, dass die Kosten für den Bau explodierten.

Explodierende Kosten

Laut der «Süddeutschen Zeitung» sollte das Haus ursprünglich nicht mehr als 200 Millionen Euro kosten, zumindest war diese Summe 2014 vom Parlament bewilligt worden. Gemäss der Vorentwurfsplanung von Herzog & de Meuron im Jahr 2018 seien aber Baukosten von 306 Millionen Euro erwartet worden. Die zuständige Kulturstaatsministerin Monika Grütters habe dann im November 2019 erklärt, die Kosten würden auf 364 Millionen Euro ansteigen. Fachleute gingen indes bereits von Gesamtkosten von bis zu 600 Millionen Euro aus, so die SZ. 

In der letzten Woche ging nun auch der Bundesrechnungshof – die oberste deutsche Behörde zur Finanzkontrolle des Bundes – mit dem Projekt scharf ins Gericht. In Einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages kritisierten die Finanzkontrolleure, dass nicht versucht worden sei, den ursprünglichen Kostenrahmen von 200 Millionen Euro einzuhalten.

Der Rechnungshof monierte als «wesentliche Ursache für den Kostenanstieg» eine «aufwendige Klimatechnik» und «Flächenzuwachs», wie die «Berliner Zeitung» berichtet. Diese würden aus dem architektonischen Prinzip des «offenen Hauses» resultieren, wonach man keine Türen zwischen Ausstellungsräumen und Gängen des Museums wolle und es stattdessen Boulevards geben soll. Aufgrund der fehlenden räumlichen Trennung müssten Ausstellungsräume und die Boulevards aufwendig klimatisiert werden, wird weiter kritisiert. Folge sei eine komplexe Haustechnik, die viel Platz benötige und zudem ein grosser Energiebedarf.

Kein Bürogebäude

Nach dieser Kritik hat nun der Präsident der Stiftung Preussischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, das Finanz- und Energiekonzept Museums verteidigt. «Ein öffentlicher Bau hat immer auch eine Vorbildfunktion», sagte Parzinger am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Es geht hier aber nicht um einen Standardbau wie etwa ein Bürogebäude, sondern um ein Museum im 21. Jahrhundert.» Das müsse mitgedacht werden. «Aber Aspekte der Nachhaltigkeit und der Energieeffizienz planen wir selbstverständlich mit ein.»

Der aktuelle Planungsstand überschreitet laut Parzinger nach dem Bewertungssystem für nachhaltiges Bauen bei Bundesgebäuden die Grenze zum Gütesiegel Silber und erreicht mit fast 80 Prozent die Grenze zum goldenen Gütesiegel. «Und wir haben noch weitere Massnahmen vorgesehen. Das ist auf einem guten Weg.»

Der Bundesrechnungshof habe eine bestimmte Phase des Planungsstandes beurteilt. «Das nehmen wir sehr ernst», sagte Parzinger. «Wir wollen natürlich das Optimale erreichen.» So werde es an der Fassade jetzt etwa eine einfache Klinker-Vorsatzschale ohne Beton geben. «Beton wird stark eingespart, was wichtig ist, weil dort ein hoher CO2-Anteil gebunden ist.»

Baukosten verteidigt

Im Innenbereich des Gebäudes gelten zwei sich kreuzende Boulevards als wesentliches Merkmal der Gestaltung. «Das sind offene Räume, während Ausstellungen ein besonderes Klima brauchen. Auch hier haben wir neue Möglichkeiten, den Energieverbrauch abzusenken», sagte Parzinger. Die Boulevards seien wichtige Puffer zwischen Ausstellungsräumen und Aussenraum und bräuchten ebenfalls eine gewisse Aufenthaltsqualität.

Der Unterschied in der Klimatisierung solle auf verschiedene Weise reduziert werden. «Am Übergang vom Boulevard in die Ausstellungsräume würden Glastüren durch kontinuierliches Öffnen und Schliessen die Klimata sogar noch mehr durchmischen. Die Architekten haben dort Lüftungsschleier entwickelt, die viel effektiver sind.»

Neu sei auch, dass über die Fussböden Kühlung und Heizung betrieben werden, sodass das Grundklima in den Ausstellungsräumen bereits gemässigter sei. «Mit solchen Heiz-Kühl-Böden können wir nach Berechnungen pro Jahr 380 Tonnen CO2 einsparen – das entspricht 30'000 Bäumen und einer Fläche fast so gross wie der Tiergarten», sagte Parzinger.

Parzinger verteidigte zudem die gegenüber ersten Zahlen gestiegenen Baukosten. «Die 200 Millionen Euro waren eine grob geschätzte Summe, wo man gerade mal den Bauplatz kannte, aber noch keinen Entwurf hatte», sagte er. «Die seriöse Berechnung auf Basis einer entsprechenden Planung hat dann zu den 364,2 Millionen zuzüglich Index-Steigerungen und Risikovorsorge geführt. Diese Grenze gilt. Das haben wir dem Haushaltsausschuss vor anderthalb Jahren auch ausführlich erläutert.»

dpa