Spektakulärer Raub Polizei fahndet mit Video nach Juwelen-Räubern von Dresden

SDA/dpa/tasc/sob

25.11.2019 - 17:59

Es ist einer der spektakulärsten Fälle der vergangenen Jahrzehnte: Räuber stehlen aus der berühmten Schatzkammer Grünes Gewölbe in Dresden Kunstschätze von unschätzbarem Wert. Die Täter sind auf der Flucht.

Nach dem Diebstahl historischer Schmuckstücke aus dem Dresdner Grünen Gewölbe hat die Polizei einen Ausschnitt aus einem Überwachungsvideo veröffentlicht. Darauf ist zu sehen, wie zwei Einbrecher mit Taschenlampen in das Juwelenzimmer im Residenzschloss kommen. Einer von ihnen, mit Kapuze auf dem Kopf, schlägt mit einer Axt auf die Scheiben der Vitrine ein und versucht, sie aufzubrechen.

«Super-Gau»

Selbst Museumsdirektor Dirk Syndram kennt das ganze Ausmass nicht. Immerhin sei die Vitrine nicht vollständig leergeräumt worden, sagte er. «Ich habe ein Foto gesehen, das zeigt, dass nicht alles fehlt.»

Eine umfassende Bestandsaufnahme ist erst nach Ende der Spurensicherung möglich. «Sobald der Tatort freigegeben ist, werden wir die Sachen schnellstmöglich bergen und wissen, wie viel von den knapp 100 Objekten, die insgesamt in der Vitrine waren, nicht mehr da sind», sagte Syndram. Die Tat bezeichnete er als «Super-Gau».

Generalstabsmässig

Der Einbruch in das Grüne Gewölbe in Dresden in Deutschland ist nach Einschätzung von Kulturstaatsministerin Monika Grütters indes «ein hochkriminelles und offensichtlich generalstabsmässig durchgeführtes Verbrechen und möglicherweise ein Auftragswerk». Sie hoffe auf einen schnellen Fahndungserfolg, sagte die CDU-Politikerin Grütters den Sendern RTL/n-tv. «Ein solcher Raub trifft die Kulturnation Deutschland ins Herz. Das sind ja Stücke von hoher nationaler identitätsstiftender Wirkung.»

Für Einzelstücke mit dieser Geschichte gebe es keinen Marktwert, «weil es keinen Markt gibt». Es handele sich um «kleinteilige Stücke und die kann man auch verschwinden lassen», sagte Grütters. «Wir hoffen, dass sie Deutschland nicht verlassen.» Einige kriminelle Fälle dieser Art seien aufgeklärt worden.

Von den Tätern fehlt jede Spur

Vermutlich zwei Täter stiegen gegen 5 Uhr früh über ein Fenster in das Residenzschloss mitten in der Dresdner Altstadt ein. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei könnten weitere Täter beteiligt gewesen sein. Bisher fehlt von ihnen jede Spur. Eine zehnköpfige Sonderkommission namens «Epaulette» fahndet derzeit mit Hochdruck nach den Tätern.

Die Überwachungskamera im Juwelenzimmer habe zwei Einbrecher gezeigt, sagte der Leiter der Kriminalpolizei, Volker Lange. Die Täter hätten zuvor ein Gitter durchtrennt und das Fenster eingeschlagen. Anschliessend seien sie zielsicher auf eine Vitrine zugegangen und hätten diese mit einer Axt zertrümmert.

Flucht mit Audi A6

Den Angaben zufolge flüchteten die Täter mit einem Audi A6 vom Tatort. Wenig später wurde ein baugleiches Fahrzeug in einer Tiefgarage im Dresdner Stadtgebiet in Brand gesetzt. Die Ermittler untersuchen derzeit das Fahrzeug und sichern Spuren. Die Autobahn Richtung Polen und Richtung Berlin liegt nur wenige Minuten entfernt. Die Bundespolizei wurde eingeschaltet.

Das Diebesgut sind nach bisherigen Erkenntnissen Diamanten und Brillanten aus dem 18. Jahrhundert. Die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann, sprach von einem «Staatsschatz». Die Schadenshöhe ist derzeit noch unklar.

Der Einbruch wurde am frühen Montagmorgen gemeldet. Um 04.59 Uhr hätten sie vom Sicherheitsdienst die Information bekommen, dass es einen Einbruch gebe, sagte der Dresdner Polizeipräsident Jörg Kubiessa. Kurz darauf wurde der erste Streifenwagen alarmiert, wenig später waren demnach alle 16 im Stadtgebiet verfügbaren Einsatzwagen mit der Fahndung beauftragt.

Zusammenhang mit Brand eines Stromverteilers?

Geprüft wird zudem ein möglicher Zusammenhang mit dem Brand eines Stromverteilers im Bereich der Augustusbrücke am frühen Montagmorgen. Dieser hatte für einen Stromausfall gesorgt. Unter anderem seien die Strassenlampen im Bereich des Residenzschlosses ausgefallen. «Es herrschte völlige Dunkelheit», so Lange.

Betroffen sind möglicherweise etwa 100 Objekte aus den Juwelengarnituren Friedrich August I. (der Starke). Die Ensembles aus Knöpfen, Schnallen, Hutzier, Orden, Achselschleifen oder Stockknöpfen sind mit Brillanten, Diamanten, Rubinen, Smaragden oder Saphiren besetzt. Wieviel davon verschwunden ist, war zunächst unklar.

Nach Angaben der Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann, lässt sich der Wert des Diebesguts nicht beziffern. Das mit dem Wert sei so eine Sache, sagte sie. Sie könne das nicht «in einem Wert» auflösen. Die besondere Bedeutung liege weniger im Materialwert als in der Vollständigkeit des Ensembles. Sie hofften, dass das Diebesgut aufgrund der «internationalen Bekanntheit» dem Kunstmarkt entzogen sei. Nach dem Einbruch soll nun das Sicherheitskonzept noch einmal überprüft werden.

Voraussichtlich am Mittwoch wieder geöffnet

Nach dem Einbruch kann das Residenzschloss eventuell am Mittwoch wieder geöffnet werden. Nach dem Einbruch blieb das Residenzschloss am Montag für Besucher geschlossen. Ein Schild am Eingang in deutscher und englischer Sprache wies darauf hin, dass das Museum aus «organisatorischen Gründen» geschlossen bleibe.

Sachsens Regierungschef zeigte sich entsetzt: «Nicht nur die Staatlichen Kunstsammlungen wurden bestohlen, sondern wir Sachsen!«, sagte Michael Kretschmer (CDU). «Die Werte, die im Grünen Gewölbe und im Residenzschloss zu finden sind, sind von den ‎Menschen im Freistaat Sachsen über viele Jahrhunderte hart erarbeitet worden», betonte Kretschmer. «Man kann die ‎Geschichte unseres Landes, unseres Freistaates nicht verstehen ohne das Grüne Gewölbe und ‎die Staatlichen Kunstsammlungen Sachsens.»

Sachsens Kurfürst August der Starke (1670-1733) liess die Schatzkammer zwischen 1723 und 1730 anlegen. Heute wird sie in zwei Abteilungen präsentiert. Der historische Teil befindet sich im Erdgeschoss des Residenzschlosses in den authentisch wiederhergestellten Räume der Sammlung. Eine Etage weiter oben zeigt das Neue Grüne Gewölbe besondere Einzelstücke.

Eines der wertvollsten Stücke des Grünen Gewölbes wird derzeit im Metropolitan Museum of Art in New York ausstellt – der Grüne Diamant. Das Hut-Schmuckstück mit dem einzigartigen Stein von 41 Karat und natürlicher Färbung gilt als spektakulärste Leihgabe der Ausstellung «Making Marvels: Science and Splendor at the Courts of Europe».

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