«Judasgericht» Polnische Kleinstadt belebt antisemitischen Osterbrauch wieder

dpa

23.4.2019

Bewohner einer polnischen Stadt bestraften am Karfreitag symbolisch eine Judas-Puppe für den Verrat an Jesus. Ein Brauch, der aufgrund seines aggressiven Antisemitismus verboten wurde.
Bewohner einer polnischen Stadt bestraften am Karfreitag symbolisch eine Judas-Puppe für den Verrat an Jesus. Ein Brauch, der aufgrund seines aggressiven Antisemitismus verboten wurde.
Getty Images

Aufgrund seiner unverholen antisemitischen Ausrichtung hatte die katholische Kirche das so genannte «Judasgericht» zu Ostern einst verboten. Nun lebte der judenfeindliche Brauch in einer polnischen Kleinstadt wieder auf.

Ein in der südostpolnischen Kleinstadt Pruchnik begangener «Karfreitagsbrauch» mit unverhohlen antisemitischen Zügen hat in polnischen und israelischen Medien für Aufsehen gesorgt. Am Sonntag über mehrere Internetportale verbreitete Videoaufnahmen der Veranstaltung zeigen, wie eine mit den Worten «Judas 2019» und «Verräter» beschriftete Strohpuppe in einem rituellen «Judasgericht» zunächst auf einem Beleuchtungsmasten aufgehängt und anschliessend nach einem vorgegebenen Zeremoniell weiter geschmäht wird.

Das Aussehen der Figur entspricht mit krummer Nase, orthodoxer Kopfbedeckung und Haartracht der klischeehaften Judendarstellung, die auch in nationalsozialistischer Zeit von Antisemiten verwendet wurde. Unter dem anfeuernden Johlen zahlreicher Schaulustiger wird diese auf dem Boden liegende «Judas»-Puppe durch Strassen gezerrt, von Erwachsenen und Kindern mit eigens vorbereiteten langen Stöcken geschlagen und schliesslich geköpft, angezündet und brennend in einen Bach geworfen.

Von der Kirche verboten

Nach Informationen der «Gazeta Wyborcza» und der Regionalzeitung «Ekspres Jaroslawski», die die Veranstaltung filmte, soll es sich bei dem «Judasgericht» um einen schon im 18. Jahrhundert verbreiteten Brauch handeln. Dabei werde Judas für seinen in der Bibel beschriebenen Verrat an Jesus «bestraft».

Wegen seiner aggressiv antisemitischen Ausrichtung habe die katholische Kirche den Brauch inzwischen untersagt, berichtete die Regionalzeitung. Ihr Reporter habe nicht herausfinden können, von wem die Initiative stammte, die Veranstaltung zehn Jahre nach der letzten Durchführung 2009 nun wieder aufleben zu lassen.

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