Konstanz Prozess gibt Einblick in die Kokain-Route in die Schweiz

Philipp Dahm

15.11.2022

233 Kilogramm Kokain und 50 Kilogramm Cannabis: Die baden-württembergische Polizei präsentiert, was sie am 22. Dezember 2021 bei mehreren Razzien beschlagnahmen konnte.
233 Kilogramm Kokain und 50 Kilogramm Cannabis: Die baden-württembergische Polizei präsentiert, was sie am 22. Dezember 2021 bei mehreren Razzien beschlagnahmen konnte.
Bild:Polizei Konstanz

In Konstanz läuft der Prozess gegen eine Drogenbande, die mit 1,5 Tonnen Kokain gehandelt haben soll. Unter den sechs Angeklagten sind auch zwei Schweizer, die den Stoff über die Grenze schaffen wollten.

Philipp Dahm

Am 22. Dezember 2021 schlägt die baden-württembergische Polizei zu: 15 Kilometer von der schweizerischen Grenze entfernt dringt eine Eliteeinheit in Immendingen in ein Haus ein. Zeitgleich greifen die Behörden an sechs weiteren Orten zu – unter anderem auch in Zürich.

Was die Polizei findet, ist erdrückend: 233 Kilogramm Kokain im Wert von mindestens 50 Millionen Euro, 50 Kilogramm Cannabis, Zehntausende Euro. Nun hat vor dem Konstanzer Landgericht der Prozess gegen sechs Beschuldigte begonnen, von denen die Hälfte eine Schweizer Geschichte hat.

Lage von Immendingen (rot markiert).
Lage von Immendingen (rot markiert).
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Unter ihnen ist Urs Laufer, dessen Name wie die aller Beteiligten vom «Tages-Anzeiger» geändert worden ist. Oder William Viento, der zwar aus der Dominikanischen Republik kommt, aber eine Zeit lang mit seiner Schweizer Ex-Freundin, die ebenfalls angeklagt ist, in Zürich gelebt hat.

Im Prozess, der unter grossen Sicherheitsvorkehrungen stattfindet, wird nun öffentlich, wie die Polizei der Drogenbande auf die Schliche gekommen ist, schreibt der «Tages-Anzeiger»: Demnach kann ein verdeckter Ermittler im April 2021 das Vertrauen der Gangster gewinnen. Er gibt sich als Arbeiter am Hamburger Hafen aus, wo die Container ankommen, in denen die giftige Wahre versteckt ist.

Je 200 Kilo Koks für Hilfe bei Drogenschmuggel

Der Ermittler trifft sich mit Viento in einer Autogarage nahe der Schweizer Grenze. Sie gehört einem ebenfalls angeklagten Deutschen. Vientos damalige Freundin fungiert als Chauffeurin und Übersetzerin. Zu viert geht es anschliessend nach Diessenhofen im Kanton Thurgau, wo die Begegnung beim Italiener mit reichlich Alkohol gefeiert wird.

Viento einigt sich mit dem Ermittler auf eine Lieferung von 20 Kilo Koks. Später sollten 40 Kilogramm verschickt werden. Ein Container mit Kunststoffgranulat wird testweise geliefert – ohne Probleme. Im Juli 2021 meldet sich ein deutscher Beschuldigter bei Viento: Er braucht Hilfe, um eine Tonne Kokain aus dem Hamburger Hafen zu holen.

Umschlagplatz: Der Hamburger Hafen als Destination für «dicke Pötte» aus Übersee.
Umschlagplatz: Der Hamburger Hafen als Destination für «dicke Pötte» aus Übersee.
KEYSTONE

Viento reicht das Anliegen an den verdeckten Ermittler weiter: Der Lateinamerikaner und der «Hafenarbeiter» sollten je 20 Prozent für ihren Effort erhalten. Das sei «handelsüblich» sagt Viento zur Höhe der Kommission. Doch schliesslich schafft der Beschaffer der Tonne Kokain es selbst, den Stoff aus dem Hafen zu holen. Wie er das schafft, wird nicht klar.

Anfang Dezember trifft Viento den «Hafenarbeiter» in Zürich: Er könne 60 Kilogramm Koks aus Ecuador und 140 Kilogramm aus Kolumbien organisieren, bevor am 22. des Monats die Handschellen klicken. Insgesamt soll die Bande nach Darstellung der Behörden 1,5 Tonnen des weissen Pulvers gehandelt haben: Der Prozess wird fortgesetzt und es gilt die Unschuldsvermutung, solange kein rechtskräftiges Urteil vorliegt.