Guanziroli am Gericht Prozess in Zürich: CEO rast mit 144 km/h über die Landstrasse

Von Silvana Guanziroli

16.10.2019

Mit einem solchen Porsche 911 Carrera 2 war der Manager unterwegs. (Symbolbild)
Mit einem solchen Porsche 911 Carrera 2 war der Manager unterwegs. (Symbolbild)
Getty Images

Er war wohl zu spät dran für seinen nächsten Geschäftstermin. Der CEO eines international tätigen Unternehmens rast mit 58 km/h zu viel auf dem Tacho in die Radarfalle. Heute steht er dafür vor Gericht.

Diese Raserfahrt kann den Chef von 2'200 Mitarbeitern teuer zu stehen kommen. Die Zürcher Staatsanwaltschaft wirft dem Manager aus dem Kanton Zürich vor, er habe eine «ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorgerufen oder in Kauf genommen». So schreibt es die Behörde in ihrer Anklageschrift, die «Bluewin» vorliegt.

Zur massiven Geschwindigkeitsüberschreitung kommt es am 17. November 2018. An diesem Tag fährt der Geschäftsmann am Steuer seines Porsche 911 Carrera 2 auf der Überlandstrasse in Richtung Oberembrach im Zürcher Unterland. Dabei drückt er ordentlich aufs Gaspedal.

Als er in die Radarfalle gerät, steht die Tachonadel auf 144 Stundenkilometern, erlaubt sind auf dieser Strecke aber nur deren 80. Nach Abzug der Sicherheitsmarge ist er um satte 58 km/h zu schnell unterwegs. Es sei lediglich einem glücklichen Umstand zu verdanken, schreibt die Staatsanwaltschaft weiter, dass keine Motorrad-, Velofahrer oder Passanten zu Schaden gekommen seien. Erst recht, weil die Strasse direkt an einem Reiterhof vorbeiführt. 

Auf Höhe des Reiterhofes wurde der Manager in seinem Porsche geblitzt.
Auf Höhe des Reiterhofes wurde der Manager in seinem Porsche geblitzt.
Google Streetview

Doch das ist längst nicht das einzige Vergehen, das dem CEO vorgeworfen wird. Nur eine Woche nach dem ersten Vorfall baut der Mann mit seinem Porsche auch noch einen Verkehrsunfall. Noch immer mit Sommerreifen unterwegs, gerät der Wagen auf der regennassen Fahrbahn ins Schleudern, prallt gegen das Trottoir, rutscht eine Böschung hinunter, kollidiert mit mehreren Baumstämmen und kommt erst unmittelbar vor einem Bach zum Stillstand. 

Auch hier sei es reines Glück gewesen, dass sich zum Zeitpunkt des Vorfalls keine Fussgänger auf dem Trottoir aufgehalten hätten, wie es heisst.

Raserartikel knapp verfehlt

Die Staatsanwaltschaft hat den CEO wegen vorsätzlicher grober Verletzung der Verkehrsregeln angeklagt. Damit kommt der Mann noch glimpflich davon. Seit 2013 gilt in der Schweiz ein neuer Gesetzesartikel. Der sogenannte Raserartikel sieht vor: Wer ausserorts mit 60 km/h zu schnell unterwegs ist, wird zu mindestens einem Jahr Gefängnis verurteilt. Die Anklage lautet in diesem Fall auf qualifizierte grobe Verkehrsregelverletzung.

Das Gesetz schreibt genau vor, ab wann ein Autolenker wegen qualifizierter grober Verkehrsregelverletzung angeklagt werden muss.
Das Gesetz schreibt genau vor, ab wann ein Autolenker wegen qualifizierter grober Verkehrsregelverletzung angeklagt werden muss.

Dank des Tolleranzabzuges von sechs Stundenkilometern rutscht der Mann mit den verbleibenden 58 km/h unter diese Marke.

Das geforderte Strafmass bleibt dennoch hoch. Die Staatsanwaltschaft fordert eine bedingte Freiheitsstrafe von elf Monaten und eine Busse von 10'000 Franken. 

Bund überarbeitet Rasergesetz

Erst seit 2013 in Kraft, soll der Raserartikel in den nächsten Monaten bereits wieder überarbeitet werden. Bundesrat und Parlament sind der Überzeugung, dass er zu weit geht. Störend sei, dass den Richtern der Ermessensspielraum fehle. So müssen sie zwingend eine Freiheitsstrafe aussprechen, auch wenn es durch Fahrlässigkeit zum Vergehen gekommen ist. National- und Ständerat hiessen eine Motion der ständerätlichen Verkehrskommission gut.

Diese sieht vor:

  • Ermessensspielraum für Richter
  • Streichung der Mindeshaftstrafe bei Fahrlässigkeit
  • Reduktion der Mindestdauer für den Führerausweisentzug

«Bluewin»-Redaktorin Silvana Guanziroli ist als Gerichtsberichterstatterin an den Zürcher Gerichten akkreditiert. In ihrer Serie «Guanziroli am Gericht» schreibt sie über die spannendsten Strafprozesse, ordnet ausgefallene Kriminalfälle ein und spricht mit Experten über die Rolle der Justiz. Guanziroli ist seit über 20 Jahren als Nachrichtenjournalistin tätig und hat die Polizeischule der Kantonspolizei Zürich absolviert.silvana.guanziroli@swisscom.com
«Bluewin»-Redaktorin Silvana Guanziroli ist als Gerichtsberichterstatterin an den Zürcher Gerichten akkreditiert. In ihrer Serie «Guanziroli am Gericht» schreibt sie über die spannendsten Strafprozesse, ordnet ausgefallene Kriminalfälle ein und spricht mit Experten über die Rolle der Justiz. Guanziroli ist seit über 20 Jahren als Nachrichtenjournalistin tätig und hat die Polizeischule der Kantonspolizei Zürich absolviert.
silvana.guanziroli@swisscom.com
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