Prozess «Reform 91»-Präsident Zimmermann verurteilt

SDA

23.9.2019 - 18:41

Das Bezirksgericht Frauenfeld verurteilte am Montag einen 79-jährigen Schweizer wegen mehrfacher sexuellen Handlungen mit einem Kind.
Das Bezirksgericht Frauenfeld verurteilte am Montag einen 79-jährigen Schweizer wegen mehrfacher sexuellen Handlungen mit einem Kind.
Source: Keystone-SDA/Nathalie Grand

Peter Zimmermann ist von der eigenen Vergangenheit eingeholt worden: Das Bezirksgericht Frauenfeld hat ihn am Montag wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt. Der 79-Jährige wird nicht erneut verwahrt.

Der 79-jährige Schweizer ist kein unbeschriebenes Blatt. Er sass rund 30 Jahre in verschiedenen Strafanstalten. 1977 wurde er wegen mehrfacher Unzucht mit Kindern zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Die erste Verwahrung geht auf das Jahr 1989 zurück. 2002 wurde er letztmals bedingt aus der Verwahrung entlassen. Seit 2005 ist er nicht mehr durch Fachpersonen beaufsichtigt.

Zimmermann ist Präsident des Vereins «Reform 91» mit Sitz im Kanton Thurgau. Die Selbsthilfeorganisation für Häftlinge, Entlassene und ihre Angehörigen wurde 1990 in der Strafanstalt Lenzburg von sieben Strafgefangenen gegründet. Peter Zimmermann äussert sich auch zu politischen Themen, etwa 2013 zur Pädophilen-Initiative.

Situation gezielt ausgenutzt

Seit Juli sitzt er im Kantonalgefängnis Frauenfeld in Sicherheitshaft, nachdem er im November 2018 verhaftet worden war. Im Frühling 2016 soll er einen damals 15-jährigen Jugendlichen mehrmals zu sexuellen Handlungen aufgefordert haben. Zudem soll er ihm grössere Mengen an Alkohol gegeben haben.

Das Bezirksgericht Frauenfeld verurteilte den Beschuldigten am Montagnachmittag wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind, einfacher Ausnützung der Notlage und mehrfacher Verabreichung gesundheitsgefährdender Stoffe an ein Kind zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten. Zudem ordnete es eine ambulante Therapie an.

Weiter verhängte es ein zehnjähriges Verbot für Tätigkeiten, bei denen der Beschuldigte regelmässig mit Minderjährigen Kontakt hat. Das Gericht folgte damit in fast allen Punkten den Anträgen der Staatsanwaltschaft. «Wir haben keine ernsthaften Zweifel, das sich die Geschichte so angespielt hat, wie vom Privatkläger geschildert», sagte der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung.

Der Privatkläger erhält eine Genugtuung von 8000 Franken. Es sei keine Gewalt im Spiel gewesen, deshalb habe das Gericht die geforderte Summe reduziert. Ausserdem ist der Beschuldigte schadenersatzpflichtig. An der Sicherheitshaft wird bis zur Rechtskraft des Urteils festgehalten.

Vom Täter unter Alkoholeinfluss gedrängt

«Peter Zimmermann war eine Vertrauensperson», sagte das heute 18-jährige Opfer vor Gericht. Wenn er Streit mit den Eltern gehabt habe, sei er zu ihm gegangen. Das Verhältnis zu den Eltern sei damals sehr schlecht gewesen.

Es habe zwei Treffen gegeben, nachdem er jeweils zuvor aus dem Internat abgehauen sei. Diese seien nach dem selben Muster abgelaufen. Sie hätten jeweils geredet und dann habe er ihn gefragt, ob er ihn massieren könne, sagte der junge Mann. Er sei von Zimmermann gedrängt worden, habe Angst gehabt und nicht gewusst, wie er mit der Situation umgehen solle.

Der Beschuldigte wiederum bestritt diese Darstellung und wies von sich, dem Jugendlichen Alkohol gegeben zu haben. Er habe in seiner ganzen «Karriere» nie einem Jugendlichen Alkohol angeboten, sagte der Beschuldigte.

Gleiches Muster wie früher

Die Aussagen des jungen Mannes seien glaubwürdig, sagte die Staatsanwältin. Die Vorfälle seien zudem genau gleich abgelaufen, wie bei früheren Delikten des Beschuldigten. Als er das erste Mal mit den Vorwürfen konfrontiert worden sei, habe der Beschuldigte die Vorfälle nicht bestritten. Einige Tage später habe er dann behauptet, dass der Jugendliche nie in seiner Wohnung gewesen sei.

Der Verteidiger plädierte auf Freispruch. Der Beschuldigte sei aus der Sicherheitshaft zu entlassen. Er forderte eine Genugtuung von 61'600 Franken für seinen Mandanten. Die Beweislage sei nicht eindeutig, sie reiche nicht für einen Schuldspruch aus. Es gelte die Unschuldsvermutung. «Es liegt ein klassischer Fall vor, bei dem Aussage gegen Aussage steht.»

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