USARun the Jewels: Relevanter Rap aus gegebenem Anlass
SDA
4.6.2020 - 10:37
Auf dem Track «Walking In The Snow» – noch vor dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis – heisst es: «Und jeden Tag flössen sie dir in den Abendnachrichten gratis Angst ein / Und du bist so abgestumpft, dass du dem Polizisten dabei zuguckst / Wie er einen Mann wie mich erdrosselt / Bis meine Stimme von einem Schrei zu einem geflüsterten «Ich kann nicht atmen» wird.»
Killer Mike beschreibt auf dem Album «RTJ4» von Run The Jewels vorweg die Szene, die sich in Minneapolis dann abspielte. Spontan zogen Run The Jewels – das sind die Rapper Killer Mike und EL-P – die ursprünglich für Freitag geplante Veröffentlichung ihres vierten Studioalbums vor.
Es sei ab sofort verfügbar, schrieben sie auf ihrer Webseite und bei Twitter. Das Album kann auf der Webseite kostenlos oder gegen Spenden heruntergeladen werden. Alle Einnahmen sollen denjenigen zugute kommen, die in den USA gegen Rassismus und für sozialen Wandel demonstrieren. «Scheiss drauf, warum warten. Die Welt ist verseucht mit Schwachsinn, deshalb hier etwas Rauhes zum Zuhören, während ihr euch mit all dem beschäftigt», schrieben die Musiker. «Wir hoffen, es bringt euch etwas Freude.»
Run the Jewels machen seit ihrem Erstlingswerk von 2013 Hip-Hop mit intensiven Beats und Texten, die teils düster sind, aber auch Humor haben. Sie schrecken nicht vor den genretypischen Provokationen und Übertreibungen zurück. Killer Mike und EL-P nehmen sich dabei zwar selbst nicht immer bierernst, liefern aber meist ernsthafte Texte, die sich gegen Rassismus, Polizeigewalt und hohlen Kommerz richten.
Killer Mike war prominenter Unterstützer des linksgerichteten ehemaligen Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Bernie Sanders. Es wundert nicht, dass er nach dem Vorfall, als sich die Proteste von Minneapolis im Norden der USA bis in seine Heimatstadt Atlanta in den Südstaaten ausgebreitet hatten, vor die Kameras trat.
In einer emotionalen Ansprache, teils mit tränenerstickter Stimme, sagte er: «Ich bin rasend vor Wut! Ich wachte gestern auf und wollte die Welt niederbrennen sehen. Ich bin es leid, schwarze Männer sterben zu sehen.»
Aber der Sohn eines Polizisten aus Atlanta sagte auch an die wütenden Demonstranten gerichtet: «Es ist meine Pflicht hier zu sein, einfach um zu sagen, dass es eure Pflicht ist, nicht euer eigenes Haus niederzubrennen, aus Wut gegenüber einem Feind.» Das Video, in dem Killer Mike wie eine wortgewaltige Galionsfigur einer neuentfachten Bürgerrechtsbewegung wirkt, ging viral – war zeitweilig sogar das meistgesehene Video auf BBC News.
Auf «RTJ4» hat passenderweise auch Zack de la Rocha einen Gastauftritt auf dem Titel «Ju$t». Er ist der Frontman der Rap-Metal-Band Rage Against the Machine. Deren erste Single «Killing in the Name» von 1992 ist von einem Vorfall inspiriert, bei dem mehrere weisse Polizisten den Schwarzen Rodney King mit Schlagstöcken auf offener Strasse zusammenschlugen. Der Vorfall wurde gefilmt und führte später zu schweren Unruhen.
Das musikalische Erfolgsrezept von Run the Juwels sind treibende Bässe. Bestes Beispiel ist die vorab veröffentlichte Album-Auskopplung «Ooh LA LA». Für die Single wurde auch ein aufwendiges Video gedreht, in dem auch de la Rocha zu sehen ist. Killer Mike und EL-P rappen auf einer Strasse, die an die Wall Street erinnert, auf der Chaos herrscht. Sie sind von einer Menge umringt, die um Haufen brennender Dollar-Scheine tanzt.
Angesichts der Lage in den USA tweetete EL-P, er habe dem, was Killer Mike und er bereits auf dem Album ausdrückten, nichts mehr hinzuzufügen. Darauf sei «all unser Glück, Humor, unsere Freundschaft und Wut».
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