Vier Schwyzer Polizisten sollen einen Mann zu hart angefasst und sich damit des Amtsmissbrauchs, der Freiheitsberaubung und Entführung schuldig gemacht haben. Von deren Schuld ist aber nicht einmal der Staatsanwalt überzeugt: Er fordert einen Freispruch.
2012 holten die vier beschuldigten Kantonspolizisten den Mann ab, der eine Schuld von 66 Franken nicht beglichen hatte, um ihn aufs Betreibungsamt zu bringen. Die Polizisten fesselten den Schuldner mit Handschellen, dabei wurde auch ein parkiertes Auto beschädigt.
Der Mann wurde ins Spital gefahren, wo man ihn ans Bett fesselte. Er wurde für drei Tage fürsorgerisch untergebracht. Es wurde jedoch keine Selbst- oder Fremdgefährdung festgestellt.
Das Verfahren gegen die Polizisten war mehrmals eingestellt worden. 2017 gab das Bundesgericht dem mutmasslichen Opfer, das am Strafprozess vom Montag als Privatkläger auftrat, aber teilweise Recht. Die Schwyzer Staatsanwaltschaft nahm den Fall erneut auf, nun unter neuer Verfahrensleitung, und brachte ihn vor Gericht.
Erhebliche Zweifel an Schuld
Vor dem Strafgericht beantragte der Staatsanwalt aber einen Freispruch für die Polizisten. Es gebe erhebliche Zweifel an ihrer Schuld, sagte er.
Dass er trotzdem Anklage erhoben habe, begründete der Staatsanwalt damit, dass es auch bezüglich der Schuldlosigkeit an Klarheit mangle. In einem solchen Falle müsse das Gericht entscheiden.
Der Staatsanwalt stufte die vier Polizisten als glaubwürdiger ein als den Privatkläger. Die Polizisten hätten sich einhellig geäussert, der Privatkläger widersprüchlich. Es gebe erhebliche Zweifel an dessen Aussagen, sagte der Staatsanwalt. Er stützte sich dabei auch auf Zeugen, die die Polizeiaktion beobachtet hatten.
Die Fesselung und die Festnahme seien rechtmässig gewesen, sagte der Staatsanwalt. Die Handschellen seien aus Sicherheitsgründen nötig gewesen, denn eine Fremd- und Selbstgefährdung hätten nicht ausgeschlossen werden können. Weiter sagte er, die Frustrationen des Privatklägers beruhten auf dessen eigenem Verhalten.
Es «räbelte»
Der Privatkläger, der sich selbst vertrat, äusserte sich vor dem Strafgericht ausführlich zum Vorfall. Es sei für ihn unerklärlich, was an jenem Tag passiert sei. Die Polizisten seien «aggressiv» gewesen, er habe «Schreck- und Stressmomente» erlebt. Es «räbelte», als sie ihm die Handschellen angelegt hätten. Er habe einen hohen Herzschlag gehabt und um sein Leben gebangt. Der Vorfall nage durch die «Seelenverletzung» noch heute an seiner Gesundheit.
Auf eine entsprechende Frage des Gerichtspräsidenten verneinte der Mann, dass er vor der Polizei habe flüchten wollen. Er habe sich auch nicht gegen die Fesselung gewehrt. Auch könne er sich nicht vorstellen, dass er als gefährlich gewirkt haben könnte.
Der Privatkläger ist indes wegen Hinderung einer Amtshandlung vorbestraft. Er habe keine Mühe mit staatlichen Autoritäten, sagte er auf eine entsprechende Frage des Gerichts.
In seinem Plädoyer kritisierte der Privatkläger das Verhalten der Staatsanwaltschaft. Diese habe das Verfahren verzögert, auf «Schlendrian» gemacht und sei noch immer bemüht, den «Polizeiübergriff» zu bagatellisieren.
Polizisten mussten den Mann holen
Eine andere Darstellung der Ereignisse machten die vier Polizisten. Sie sagten aus, sie hätten dem Mann auf dem Parkplatz die Handschellen angelegt, weil die Situation bedrohlich gewesen sei.
Ein 42-jähriger Polizist, der damalige Einsatzleiter, sagte, der Privatkläger sei von der Polizei zunächst schriftlich aufgefordert worden, das Betreibungsamt aufzusuchen. Er habe dann per Mail erklärt, dass er sicher nicht freiwillig hingehe, sondern dass man ihn holen müsse.
Sie seien zu viert hingegangen, weil sie gewusst hätten, dass der Mann nicht einfach sei, sagte ein 67-jähriger, heute pensionierter Polizist. Sie seien aber nicht aggressiv gewesen und hätten sich nichts vorzuwerfen.
Ein 41-jähriger Polizist sagte aus, der Privatkläger sei durch seine Wohnung auf die Terrasse und von dort zu seinem Lieferwagen gerannt. Ein 38-jähriger Polizist sagte, der Flüchtende sei auf die Ladefläche des Fahrzeugs gestiegen, wo es Werkzeuge gegeben habe. Er sei sehr aggressiv und unkooperativ gewesen.
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