«Fall Mike»Polizeigewalt-Prozess gegen sechs Beamte
hkl, sda
12.6.2023 - 05:45
Sechs Polizisten im «Fall Mike» wegen fahrlässiger Tötung angeklagt - Gallery
Eine Kundgebung gegen Polizeigewalt im Oktober 2020 in Lausanne forderte Gerechtigkeit für Mike. (Archivbild)
Bild: Keystone
Der Fall "Mike" hatte in der Romandie Bestürzung ausgelöst. Im Oktober 2020 beteiligten sich rund 800 Menschen an einer Kundgebung in Lausanne gegen Polizeigewalt. (Archivbild)
Bild: Keystone
Sechs Polizisten im «Fall Mike» wegen fahrlässiger Tötung angeklagt - Gallery
Eine Kundgebung gegen Polizeigewalt im Oktober 2020 in Lausanne forderte Gerechtigkeit für Mike. (Archivbild)
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Der Fall "Mike" hatte in der Romandie Bestürzung ausgelöst. Im Oktober 2020 beteiligten sich rund 800 Menschen an einer Kundgebung in Lausanne gegen Polizeigewalt. (Archivbild)
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Sechs Lausanner Polizisten müssen sich ab Montag im Fall eines bei einer Festnahme verstorbenen mutmasslichen Drogendealers wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten. Ihnen drohen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren.
Keystone-SDA, hkl, sda
12.06.2023, 05:45
12.06.2023, 09:57
SDA
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Im Jahr 2018 starb ein 40-jährige Nigerianer bei einer Polizei-Massnahme gegen den Drogenhandel an einem Herz-Kreislauf-Stillstand.
Der Mann hatte sich zuvor widersetzt, wurde daraufhin überwältigt und mit Handschellen gefesselt. Anschliessend brach er zusammen.
Er starb am nächsten Tag, nachdem er ins Universitätsspital Chuv in Lausanne gebracht worden war.
Die Waadtländer Staatsanwaltschaft ermittelte fast fünf Jahre gegen am Einsatz beteiligte Polizisten.
Staatsanwalt Laurent Maye geht von fahrlässiger Tötung aus – am Montag beginnt der Prozess in Lausanne.
Der sogenannte Fall «Mike» hatte 2018 über die Westschweiz hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Seit dem Todesfall fanden in den Strassen der waadtländischen Hauptstadt mehrere Demonstrationen statt, bei denen Rassismus und Polizeigewalt angeprangert wurden, zuletzt am 3. Juni mit über 400 Personen.
Der 40-jährige Nigerianer starb bei einer Aktion der Polizei gegen den Drogenhandel an einem Herz-Kreislauf-Stillstand. Er widersetzte sich den Polizeibeamten, wurde überwältigt, mit Handschellen gefesselt und brach daraufhin zusammen. Er starb am nächsten Tag, nachdem er vor Ort notversorgt und anschliessend ins Universitätsspital Chuv in Lausanne gebracht worden war.
Aufgrund des Medienechos und der Anzahl der Angeklagten wird das Strafgericht des Bezirks Lausanne in den kantonalen Gerichtssaal in Renens verlegt. Die Ermittlungen der Waadtländer Staatsanwaltschaft dauerten fast fünf Jahre.
Der Staatsanwalt Laurent Maye geht von fahrlässiger Tötung aus. Dieser Straftatbestand werde mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet, heisst es in der Anklageschrift.
Die sechs Beamten der Lausanner Stadtpolizei werden auf Freispruch plädieren, wie Odile Pelet, eine der Anwältinnen, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage sagte. Jeder Polizist wird von einem anderen Anwalt vertreten. Alle werden zahlreiche Punkte der Anklageschrift anfechten, darunter auch die Frage der «angeblich ausgeübten Thoraxkompression» auf den Verstorbenen, erklärte sie.
«Die Polizei hat angemessen auf den heftigen Widerstand des Opfers reagiert», zeigte sich Pelet überzeugt. Ausserdem seien die Gerichtsmediziner zum Schluss gekommen, dass die Bauchlage, in die Mike gebracht wurde, nicht zum Tod geführt haben könne, fügte sie hinzu.
Anwalt der Opferfamilie geht von Eventualvorsatz aus
Der Anwalt der Opferfamilie wird stattdessen versuchen, eine «offensichtliche» unverhältnismässige Gewaltanwendung nachzuweisen. Für Rechtsanwalt Simon Ntah ist klar, dass das Opfer an einem Herz-Kreislauf-Stillstand infolge der von den Ordnungskräften ausgeübten Gewalt gestorben ist.
Seiner Ansicht nach entsprechen die von der Staatsanwaltschaft beschriebenen Tatsachen nicht einer fahrlässigen Tötung sondern einer vorsätzlichen Tötung durch Eventualvorsatz. Im Klartext bedeutet dies, dass das Verhalten der Polizisten einen tödlichen Ausgang für das Opfer möglich machte, dass sie sich des Risikos bewusst waren und dass sie es in Kauf nahmen.