Jury-Kandidat wollte Autogramm So chaotisch startete der Mega-Prozess gegen Drogenboss Guzman

DPA

9.11.2018

Immerhin sind die zwölf Geschworenen gefunden: Der Prozess gegen den mexikanischen Drogenboss Joaquín «El Chapo» Guzmán begann mit Chaos und Kuriositäten. New York ächzt derweil unter strengen Sicherheitsvorkehrungen.

Ein Jury-Kandidat gab seinen Job als «Michael-Jackson-Imitator» an. Er fiel durch. Ein anderer Jury-Kandidat bat um ein Autogramm von «El Chapo». «Ich bin ein bisschen Fan.» Auch er fiel durch. Aber nach drei Tagen, an denen Staatsanwaltschaft und Verteidigung Dutzende Kandidaten befragten, steht eine zwölfköpfige Jury - sieben Frauen, fünf Männer - für den Prozess gegen den ehemaligen mexikanischen Drogenboss Joaquín «El Chapo» Guzmán in New York.

Aus Sicherheitsgründen sollen die Geschworenen anonym bleiben. Am nächsten Dienstag (13. November) kann das Mammut-Verfahren gegen den einst mächtigsten Drogenboss der Welt mit den Eröffnungsplädoyers nun also richtig losgehen.



«El Chapo» legt regelmässig den Verkehr lahm

Die strengen Sicherheitsvorkehrungen machen der Millionenmetropole New York aber schon jetzt zu schaffen. «El Chapo» sitzt seit seiner Auslieferung an die USA im Januar 2017 in einem Hochsicherheitsgefängnis in New York - in einer 15 Quadratmeter grossen, fensterlosen Zelle. In Mexiko waren ihm mehrfach spektakuläre Gefängnisausbrüche gelungen; in New York will man sich eine solche Blamage ersparen.

Das Problem: Das Gefängnis ist in Manhattan, das Gericht in Brooklyn. Vor Prozessbeginn musste für jeden Gerichtstermin zweimal die viel befahrene Brooklyn Bridge komplett gesperrt werden, ein Infrastruktur-Alptraum für New York. Nun überlegen die Behörden, «El Chapo» während des Prozesses zumindest unter der Woche in einer Zelle in Brooklyn unterzubringen.

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Der einst mächtige Drogenboss gibt sich unterdessen brav und angepasst. Zum Auftakt der Jury-Auswahl erschien er in blauem Jackett und weissem Hemd mit dickem Kragen, die obersten zwei Knöpfe offen. Nachdem das für Schlagzeilen sorgte, zeigte er sich an den darauffolgenden Tagen zugeknöpft mit Krawatte und Anzug.

Die Jury-Auswahl verfolgte er oft über Kopfhörer und Simultan-Dolmetscher, äusserte sich nicht, grinste nur hin und wieder.
Nur eine Bitte stellte er an den Richter: Er wolle seine Frau Emma Coronel, mit der er siebenjährige Zwillinge hat, umarmen. Bislang ist ihm jeder physische Kontakt zu Coronel aus Sicherheitsgründen verboten.

In New York City hat der Prozess gegen den Joaquin «El Chapo» Guzman begonnen - mit Chaos, Kuriosiäten und zwei Verkehrsinfarkten pro Tag.
In New York City hat der Prozess gegen den Joaquin «El Chapo» Guzman begonnen - mit Chaos, Kuriosiäten und zwei Verkehrsinfarkten pro Tag.
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Als Trophäe lebenslänglich hinter Gittern

Die US-Justiz wirft dem wegen seiner Körpergrösse von etwas mehr als 1,60 Meter «El Chapo» (Der Kurze) genannten Guzmán unter anderem Drogenhandel, Geldwäsche und das Führen einer kriminellen Organisation - des mexikanischen Drogenkartells Sinaloa - vor. Er soll tonnenweise Kokain und Heroin in die USA geschmuggelt und damit Milliarden verdient haben. Zudem soll der 61-Jährige für bis zu 3000 Morde verantwortlich sein.

Guzmán droht lebenslange Haft. Die Todesstrafe ist nach einer Einigung zwischen Mexiko und den USA ausgeschlossen. Das Verfahren wird nach Einschätzung von Richter Brian Cogan mehrere Monate dauern.

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Rund ein Dutzend Staatsanwälte arbeiten an dem Fall. 16 Zeugen - darunter mexikanische und kolumbianische Dealer, die in US-Gefängnissen sitzen - haben sie in Stellung gebracht, um gegen «El Chapo» auszusagen. Guzmán hat mehrere Star-Verteidiger angeheuert. Das Gericht in Brooklyn gilt als Institution im Kampf gegen das organisierte Verbrechen. Der Drogenkrieg in Mexiko tobt allerdings auch ohne «El Chapo» weiter.

Sein Mandant sei bereit für den Prozess, sagte Anwalt Eduardo Balarezo zuletzt. Die Chancen, dass die USA ihn als Trophäe auf Lebzeiten hinter Gitter bringen, stehen allerdings gut.

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