JustizSohn des mutmasslichen Kinderheimmörders nimmt Schuld auf sich
SDA
14.12.2017 - 18:40
Ein Vater und sein Sohn sollen 2013 in einem privaten Kinderheim im Berner Oberland den Heimleiter und dessen Freundin ermordet haben. Vor dem zweitinstanzlichen Obergericht in Bern hat der Sohn am Donnerstag alle Schuld auf sich genommen.
Vater und Sohn waren in erster Instanz im Dezember 2016 wegen mehrfachen Mordes verurteilt worden. Das Regionalgericht sah es als erwiesen an, dass die beiden die grausame Bluttat gemeinsam begangen hatten, ja der Vater gar die treibende Kraft dahinter war.
Der Vater wurde in erster Instanz zur Höchststrafe, lebenslänglich mit anschliessender Verwahrung verurteilt. Der zur Tatzeit minderjährige Sohn unterstand dem Jugendstrafrecht. Auch das Jugendgericht sprach die Höchststrafe aus. Diese fällt mit vier Jahren Freiheitsentzug aber deutlich milder aus als im Erwachsenenstrafrecht.
Allein gehandelt
Das Urteil des Sohnes ist rechtskräftig. Der Vater zog sein erstinstanzliches Urteil hingegen ans Obergericht weiter. Dort schwieg der 49-jährige Schweizer mit italienischen Wurzeln auch am Donnerstag beharrlich.
Anders sein Sohn, der nach mehreren Jahren sein Schweigen brach. Er habe die Tat allein begangen, betonte er am Donnerstag. Er habe seinen Vater gebeten, vor dem Heim auf ihn zu warten, da er sich mit dem Heimleiter aussprechen wolle.
Dann sei er zur Tat geschritten und habe den Heimleiter und dessen zufällig anwesende Freundin erstochen. Erst als er den Heimleiter und dessen zufällig anwesende Partnerin getötet hatte, sei der Vater im Zimmer erschienen und habe ihn von seinen Opfern weggerissen.
Wenig glaubhaft
Die Staatsanwältin schenkte dieser Version keinen Glauben. Der Sohn wolle mit dieser Geschichte einfach nur seinem Vater helfen, vermutete sie. "Welcher Sohn würde seinem Vater nicht helfen", gab der junge Mann zur Antwort.
Die Staatsanwaltschaft verwies in ihrem Plädoyer auf das rechtsmedizinische Gutachten, das so gar nicht mit dem nun vom Sohn beschriebenen Tathergang in Einklang stehe. So beteuerte der Sohn vor Gericht, er habe den Heimleiter zuerst in die Brust gestochen. Das rechtsmedizinische Gutachten legte indessen den Schluss nahe, dass zuerst von hinten auf den Heimleiter eingestochen worden war.
Auch die Rechtsvertreter der Privatklägerschaften glaubten dem Sohn kein Wort. Dessen Ziel sei einzig, den Vater freizubekommen, damit der Sohn dann die deutlich geringere Strafe von vier Jahren in einer Institution für jugendliche Straftäter absitze.
Kaum DNA-Spuren vom Vater
Die Tatversion des Sohnes sei mindestens ebenso glaubwürdig wie jede andere Version, betonte hingegen die Verteidigerin. Sie zog die in erster Instanz herangezogenen Indizien stark in Zweifel.
Vom Vater gebe es beispielsweise lediglich eine einzige DNA-Mischspur im Raum, an einer Fensternische über der weiblichen Leiche. Vom Sohn hingegen gebe es zahlreiche Spuren. Hätte der Vater ebenfalls auf das Heimleiterpaar eingestochen, hätte er in dem Gemenge ebenfalls zahlreiche Spuren hinterlassen müssen.
Der vorbestrafte Sohn sei psychisch angeschlagen und schon in jüngeren Jahren als gewalttätig und kränkbar aufgefallen. Er sei mit seiner Aggression problemlos fähig gewesen, die Bluttat allein zu begehen. Ihr Mandant sei hingegen freizusprechen, forderte die Verteidigerin.
Die Staatsanwältin ihrerseits forderte die Höchststrafe für den angeklagten Vater. Nicht in erster Linie sein Sohn, sondern er selber habe sich am Heimleiter rächen wollen.
Der Sohn und sein Bruder wohnten 2003 in dem Kinderheim in Spiez weil sich die Eltern einen wüsten Rosenkrieg lieferten. Der Sohn soll im Heim von ihm als Demütigung empfundene Strafen erhalten haben.
Der Vater, der mit dem Heimaufenthalt der Buben nicht einverstanden war, habe diesen dämonisiert und hochstilisiert. Der Sohn wiederum habe dieses Bild übernommen und verinnerlicht.
So hätten die beiden schliesslich die Tötung des Heimleiters geplant und durchgeführt. Die zufällig anwesende Freundin des Heimleiters hätten Vater und Sohn als unliebsame Zeugin kaltblütig eliminiert.
Die Staatsanwältin forderte wie in erster Instanz für den angeklagten Vater die Höchststrafe: lebenslänglich mit anschliessender Verwahrung.
Das bernische Obergericht wird sein Urteil voraussichtlich am 19. Dezember bekannt geben.
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