Kriegsverbrechen Spuren von Gift gefunden nach Suizid in UNO-Tribunal

SDA

30.11.2017 - 15:13

Notfallhelfer und Sicherheitskräfte vor dem UNO-Tribunal in Den Haag.
Notfallhelfer und Sicherheitskräfte vor dem UNO-Tribunal in Den Haag.
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Nach dem Suizid des bosnisch-kroatischen verurteilten Kriegsverbrechers Slobodoan Praljak vor dem UNO-Tribunal haben die Ermittler Spuren von Gift entdeckt. Die niederländische Staatsanwaltschaft ermittelt nun, wie der 72-Jährige an das Mittel gelangen konnte.

Die Behörden leiteten Ermittlungen wegen Beihilfe zum Suizid und Verstosses gegen das Arzneimittelgesetz ein, wie ein Sprecher der niederländischen Staatsanwaltschaft in Den Haag am Donnerstag sagte. Bei den gefundenen Spuren handle es sich um einen chemischen Stoff, der für Menschen tödlich sein kann. Welcher Stoff es war, sagte er nicht.

Praljak hatte am Vortag kurz nach seiner endgültigen Verurteilung zu 20 Jahren Gefängnis eine Flüssigkeit aus einer Art Flakon eingenommen und war Stunden später in einem Spital in Den Haag gestorben. Die Ermittlungen konzentrieren sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf mögliche Helfer des Mannes.

In Kürze werde auch der Leichnam des 72-jährigen Praljak obduziert und toxologisch untersucht, sagte der Sprecher. Das UNO-Tribunal wollte sich zu dem Fall unter Bezug auf die laufenden Ermittlungen nicht äussern.

Gerätselt wird derzeit, wie es Praljak gelingen konnte, das Fläschchen mit dem mutmasslichen Gift trotz der strengen Sicherheitsauflagen in das Gericht zu schmuggeln. Auch ist unklar, wie Praljak womöglich im Haager UNO-Haftzentrum die fragliche Flüssigkeit erhalten konnte.

Empörung in Kroatien

Praljak war mit fünf anderen ehemals hochrangigen bosnischen Kroaten wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Muslime im Bosnienkrieg (1992-1995) schuldig gesprochen worden.

Das Urteil des Den Haager Tribunals stellte auch eine Verbindung mit der damaligen kroatischen Führung her. Sie habe gemeinsam mit den Beschuldigten die ethnischen Säuberungen geplant.

Kroatiens Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic wies dies am Donnerstag zurück: "Kroatien war nicht der Aggressor, sondern hat das meiste für das Überleben Bosnien-Herzegowinas als Staat getan." Praljaks Tod habe die Menschen in Kroatien tief getroffen, fügte sie an.

In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten die kroatischen Parlamentsparteien das Urteil als ungerecht und inakzeptabel. Es ignoriere "historische Fakten und Beweise". Mit seiner tragischen Handlung habe Praljak symbolisch auf die Ungerechtigkeit des Urteils hingewiesen, so die Parteien.

Das Parlament setzte seine nach den Ereignissen in Den Haag unterbrochene Sitzung am Donnerstag mit einer Schweigeminute für den ehemaligen General wieder fort.

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